Elena (Liv Ullmann) kommt ganz gut zurecht in einem Haus, in dem fast nur Frauen leben. Seit der Trennung von ihrem Mann Leonardo (Philippe Noiret) hat sie die beiden Töchter Franca (Giuliana de Sio) und Malvina (Lucrezia Lante della Rovere) alleine großgezogen, unterstützt durch das Hausmädchen Fosca (Athina Cenci). Fosca hat selbst eine Tochter, Irma (Simona Cera), die ungefähr im gleichen Alter ist wie Martina (Francesca Calò), einer Nichte von Elena. Sie alle bewohnen ein Landhaus in der Toskana, in dem Onkel Gugo (Bernard Blier) sozusagen als Quoten-Mann fungiert. Aber dieser Onkel Leonardos ist senil geworden und weiß schon eine Viertelstunde später nicht mehr, dass er bereits gefrühstückt hat. Nun bringt Leonardo Unruhe in dieses Haus voller Frauen, weil er die zum Grundstück gehörenden Therme restaurieren und wieder für den Publikumsverkehr öffnen will. Elena sieht das skeptisch und hat den Gutsverwalter Nardoni (Giuliano Gemma), der auch ihr Liebhaber ist, gebeten, Leonardo seine Pläne wieder auszureden. Elenas Schwester Claudia (Catherine Deneuve) ist Schauspielerin und lebt im fernen Rom, weswegen sie am Abend der Entscheidung lediglich im Fernsehen durch eine neue Rolle im Haus präsent ist.
Ein Haus voller Frauen
Bereits in den 1930er Jahren hatte der italienische Filmemacher Mario Monicelli (1915-2010) erste eigene Kurzfilme realisiert. Kurz danach trat er als Regieassistent bei ersten Spielfilmen in Erscheinung, die von Mario Bonnard (Verschwörung gegen Marco) oder Pietro Germi (Il testimone) inszeniert wurden. Ab den 1940er Jahren betreute Monicelli dann selbst größere Kinoproduktionen, insbesondere die äußerst beliebten Komödien mit dem neapolitanischen Grimassenschneider Totò (1898-1967; Räuber und Gendarm, Totò e Carolina). Diesen inszenierte Monicelli dann auch in einem seiner bekanntesten und nach wie vor gelegentlich in den Fernsehsendern wiederholten Klassiker Diebe haben’s schwer. Ab den 1970er Jahren verlagerte sich Mario Monicelli auf die etwas subtileren Formen der Filmkomödie, in die sich auch immer mal wieder sentimentale oder dramatische Elemente einmischten und die mit den namhaftesten Schauspielern der italienischen Filmszene besetzt waren.
Werke wie Kennen Sie meine Frau? mit Ugo Tognazzi und Ornella Muti, Ein irres Klassentreffen mit Philippe Noiret, Tognazzi und Bernard Blier oder dessen sieben Jahre später entstandene Fortsetzung Meine Freunde festigten Mario Monicellis Ruf als exzellenter Schauspieler-Regisseur, der auch fast immer als Co-Autor an den Drehbüchern seiner Filme beteiligt war. International hat er zwar nie die Reputation und Bekanntheit seiner Landsmänner Vittorio De Sica, Luchino Visconti oder Pier Paolo Pasolini erreicht, war im italienischen Nachkriegskino aber eine feste und verlässliche Größe. Die Arbeiten seiner seriöseren Spätphase sind dabei recht ähnlich konzipiert wie die Werke Ettore Scolas (1931-2016; Die Terrasse, Die Familie), die noch dazu häufig mit denselben Darstellern besetzt waren. Eine von Scolas Lieblingsdarstellerinnen, Stefania Sandrelli, ist auch in Hoffen wir, dass es ein Mädchen wird mit von der Partie. Sie spielt hier die langjährige Geliebte Leonardos, die in einer Zeit der Umbrüche auch ins Leben der anderen Familienmitglieder tritt.
Zeit der Umbrüche
Der (wörtlich übersetzte) Titel des Films ist dabei ein wenig irreführend, da er erst ganz am Ende seine Bedeutung erlangt und vielleicht ein falsches Bild des Inhalts vermittelt. Hoffen wir, dass es ein Mädchen wird ist nämlich ein sehr komplexes und fein gezeichnetes Familienporträt, bei dem die unterschiedlichen Befindlichkeiten der Beteiligten immer wieder für Turbulenzen sorgen und die spannende Handlung munter am Laufen halten. Für die komischen Momente sorgt insbesondere Bernard Blier, der als verschrobener Senior mit schleichender Demenz durchweg unberechenbar bleibt und für einige Überraschungen sorgt.
Aber auch die Sorgen und Nöte der anderen Figuren werden im Drehbuch (an dem neben vier Männern auch Suso Cecchi D’Amico, eine der bekanntesten Drehbuchautorinnen Italiens, mitgearbeitet hat) berücksichtigt, so dass am Ende ein rundes und überzeugendes Familienporträt entsteht, das dem wahren Leben abgeschaut sein könnte. Mario Monicelli ist es als Regisseur gelungen, die ganzen großen Themen der Geschichte geschickt zusammenzuhalten, den Film dabei nicht zu überladen und auch immer wieder einen leichten Humor einfließen zu lassen, der weder aufgesetzt noch deplatziert wirkt.
Somit bietet der stargespickte Film aus dem Jahr 1985 auch heute noch zwei Stunden kurzweilige Unterhaltung, insbesondere für Fans der Schauspielerinnen und Schauspieler, bei dem ganz beiläufig auch ein Loblied auf die Stärke der Frauen angestimmt wird. Die DVD-Erstveröffentlichung im Rahmen der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ bietet ein gutes Bild (im Widescreen-Format 1,66:1) und einen stets gut verständlichen und zur Entstehungszeit passenden Ton (Deutsch und Italienisch in Dolby Digital 2.0 Stereo, optional mit englischen Untertiteln). Da der Film nie in Westdeutschland in die Kinos kam, handelt es sich bei der deutschen Synchronfassung um eine 1987 vom DEFA Studio für Synchronisation für den Kinoeinsatz in der DDR angefertigte Version.
OT: „Speriamo che sia femmina“
Land: Italien, Frankreich
Jahr: 1985
Regie: Mario Monicelli
Drehbuch: Leonardo Benvenuti, Piero De Bernardi, Suso Cecchi D’Amico, Tullio Pinelli, Mario Monicelli
Musik: Nicola Piovani
Kamera: Camillo Bazzoni
Besetzung: Liv Ullmann, Catherine Deneuve, Giuliana de Sio, Philippe Noiret, Giuliano Gemma, Bernard Blier, Stefania Sandrelli
Amazon (DVD „Hoffen wir, dass es ein Mädchen wird“)
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