In einer kleinen Gemeinde inmitten des bayerischen Teils der Alpen geht das Leben seinen gewohnten Gang, besonders im Wirtshaus der Kohlhiesels. Die beiden Töchter des Wirts, Liesel und Gretel (beide gespielt von Henny Porten), könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Gretel wunderschön und eitel ist, was sie zum Blickfang für die jungen Männer des Dorfes macht, ist ihre ältere Schwester Liesel als „Trampel“ verschrien, die zwar hart arbeiten kann, aber kein Ohr für den feinen Ton oder Mode hat. Auch der Bursche Peter Xaver (Emil Jannings) hat sich in Gretel verliebt und will bei ihrem Vater (Jakob Tiedtke) um ihre Hand anhalten. Jedoch ist dieser erst bereit, der Heirat zuzustimmen, wenn vorher Liesel einen Ehemann gefunden hat. Gemeinsam mit seinem besten Freund Paul (Gustav von Wangenheim) heckt Xaver einen Plan aus, wonach er zunächst Liesel heiraten wird und ihr das Leben danach so schwer machen wird, dass ihr Vater der Heirat mit seiner anderen Tochter und der Scheidung mit seiner ersten zustimmen muss.
Vom Schwank zu guter Unterhaltung
Kohlhiesels Töchter basiert auf einem einst sehr populären Bauernschwank, dessen Geschichte stark an William Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung angelehnt ist. Regisseur Ernst Lubitsch hatte schon immer ein Faible für solche Stoffe gehabt, wegen ihrer Bekanntheit, aber auch weil er ihnen durch eine bestimmte Inszenierung einen bessere Qualität verleihen konnte. Bei einer Herkunft wie der von Kohlhiesels Töchter kann man darüber diskutieren, inwiefern der berühmte „Lubitsch-Touch“ auch hier zum Einsatz kam oder erfolgreich war. Sicher ist jedoch, dass es sich bei dem Werk des Regisseurs um eine unterhaltsame Komödie handelt, die besonders in ihrer Behandlung des Themas Rollenbilder interessant sein dürfte.
Vielleicht ist es besser oder adäquater, Kohlhiesels Töchter als einen von vielen Filmen anzusehen, in denen Lubitsch seinen Inszenierungsstil weiter verfeinerte oder experimentierte. Zwar zieht er nicht alle Register auf der visuellen Ebene, doch immerhin gibt es ein paar nette Überblendungseffekte und Montagen, gerade zu Anfang, als Gretel ein kurzes Intermezzo mit einem Bauchhändler hat. Interessanter ist da noch die Einführung der beiden Hauptfiguren, deren Charakter man bereits nach wenigen Momenten und mit ein paar Bildern durchschaut hat. Während Gretel schön und etwas naiv ist, ist Liesel die Pragmatikerin, die sich von niemandem, noch nicht einmal ihrem Vater, etwas gefallen lassen möchte. Auf eine zu Unrecht erhaltene Backpfeife reagiert sie, indem sie mit einem Holzschemel ein Fenster einschlägt und trotzig wieder ihrer Wege geht. Es ist wahrlich kein besonders subtiler Humor, den man von Kohlhiesels Töchter erwarten darf, aber das gibt die Vorlage auch nicht her.
Zähmung einer/s Wilden
Sehenswert an Kohlhiesels Töchter ist nicht zuletzt die schauspielerische Leistung Henny Portens (Das alte Gesetz), die mehrere Male mit Lubitsch kollaborierte. Ihre Darstellung der beiden Schwestern illustriert zum einen das Bild einer Angepassten und einer „Wilden“, die sich den Erwartungen ihres Umfeldes, speziell die der Männer, nicht beugen will. Der eigentliche Witz geht dabei weniger auf ihre Kosten, sondern mehr auf die der beiden Männer, gespielt von Emil Jannings (Varieté) und Gustav von Wangenheim (Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens). Unwillig, sich von ihren Vorstellungen zu einer Frau zu lösen, verstricken sie sich lieber in einer Intrige, bei der eigentlich schon vom ersten Moment an klar ist, dass dies für die beiden Herren nicht zum Vorteil sein wird. Die Zähmung der Wilden, oder vielmehr der Versuch, wird bei Lubitsch zu einer Zurschaustellung des eigenen Chauvinismus, wobei leider gegen Ende der nötige satirische Biss fehlt, um diese Idee zu einem gekonnten Abschluss zu bringen.
OT: „Kohlhiesels Töchter“
Land: Deutschland
Jahr: 1920
Regie: Ernst Lubitsch
Drehbuch: Hanns Kräly, Ernst Lubitsch
Musik: Giuseppe Becce
Kamera: Theodor Sparkuhl
Besetzung: Henny Porten, Emil Jannings, Gustav von Wangenheim, Jakob Tiedtke, Willy Prager
Berlinale 1984
Berlinale 1986
Berlinale 2024
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