The Andersson Brothers
© DOK.fest München 2024

The Andersson Brothers

The Andersson Brothers
„The Andersson Brothers“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

In jeder Familie gibt es Ereignisse, die ihren Zusammenhalt auf die Probe stellen. Streitigkeiten, Trauerfälle oder vielleicht sogar eine Banalität können Anlass sein, dass sich Familienmitglieder aus den Augen verlieren oder über Jahre keinen Kontakt mehr haben. Die emotionale Kluft, die dabei entsteht, ist dabei vor allem für die nächste Generation schwer nachzuvollziehen, insbesondere, wenn man noch nicht einmal über jenen Anlass Bescheid weiß, der diese lange Funkstille ausgelöst hat. Eine Suche nach diesem Auslöser ist gleichbedeutend mit der Suche nach Identität, die sich naturgemäß verändert, wenn man seine Familie aus einem neuen Blickwinkel betrachtet. Dokumentarfilmer wie zuletzt Dieu Hao Do (Hao Are You) nehmen für ihre Recherche viel Zeit in Anspruch und legen viele Kilometer zurück, um diese neue Sichtweise zu erlangen und dem Zuschauer eine sehr persönliche Geschichte über das Konstrukt Familie, Identität und Entfremdung zu erzählen. Im Falle von Johanna Bernhardsons Familie ist die Recherche zwar mit weniger Reisen verbunden gewesen, doch deswegen nicht weniger emotional herausfordernd. Zu ihrer Familie gehören nämlich der bekannte Regisseur Roy Andersson (Über die Unendlichkeit, Das jüngste Gewitter) sowie seine drei anderen Brüder, zwischen denen schon lange Funkstille herrscht.

Somit ist The Andersson Brothers eine Studie über diese Familie zum einen, doch zugleich eine Geschichte über Zwist, Entfremdung und Zusammenhalt. Über Gespräche mit den noch lebenden drei Brüdern Roy, Kjell und Leif sowie Archivaufnahmen, die ihre Bernhardsons Begegnungen mit Ronny Andersson dokumentieren, geht den Hintergründen ihrer Familie nach, den Lebenswegen der vier Brüder sowie dem Grund für ihr langes Schweigen. Dabei spielt ebenso ihre eigene Biografie eine entscheidende Rolle, da die vier Brüder in unterschiedlichen Lebensabschnitten eine wichtige Rolle für sie spielten, als Vater, als Mentor sowie als Zentrum ihrer ersten Arbeiten als Filmemacherin. In der Dokumentation, die kürzlich im Programm des DOK.fest München zu sehen war, ist Familienchronik und ein Bild der schwedischen Gesellschaft zugleich, ihren Rollenbildern und ihrem Umgang mit Themen wie Karriere, Männlichkeit und Alkoholismus.

Eine typische Arbeiterfamilie

Auf seine Herkunft angesprochen, erklärt Roy Andersson in Interviews, er stamme aus einer „typischen Arbeiterfamilie“. Sein Vater sei „groß und stark“ gewesen, aber dennoch am unteren Rand der schwedischen Gesellschaft geblieben. In ihrer Dokumentation vervollständigt Johanna Bernhardson diese etwas grobe Beschreibung ihres Onkels, den sie im Laufe ihrer Recherche mehrmals in seinem Studio besuchen wird. Das Bild ihres Großvaters, der als Verkäufer von Kartoffeln für seine Familie sorgte, wird immer wieder in The Andersson Brothers erscheinen, wie eine Art Erinnerung an die Wurzeln seiner vier Söhne, deren Lebenswege teils nicht unterschiedlicher sein könnten.

Während Roy, der älteste Bruder, eine Karriere beim Film machte, driftete Ronny („das schwarze Schaf der Familie“) ab in Alkoholismus und Drogensucht, nachdem er das Geschäft des Vaters nicht mehr halten konnte und sich verschuldet hatte. Auf der einen Seite sind viele Aspekte der Anderssons in der Tat „typisch“, doch zugleich sind viele Punkte einzigartig. Über diese Themen unterhält sich Bernhardson mit den drei Brüdern, spricht die Rolle des Vaters an, aber auch den Alkoholismus, der in ihrer Familie ein bekanntes Problem darstellt. The Andersson Brothers wird in diesem Momenten zu einer besonderen Familienchronik, die ebenso viel über die Verbundenheit der Familie aussagt wie auch über die Aspekte, die sie auseinander bringt.

Credits

OT: „Bröderna Andersson“
Land: Schweden
Jahr: 2024
Regie: Johanna Bernhardson
Musik: Sanna Salmenkallio
Kamera: Minka Jakerson, Johanna Bernhardson

Bilder

Trailer

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The Andersson Brothers
fazit
„The Andersson Brothers“ ist eine Dokumentation über vier Brüder, ihre Lebenswege und ihren Umgang mit Problemen wie den Alkoholismus in ihrer Familie. Johanna Bernhardson gelingt ein humorvolles wie auch nachdenklich machendes Porträt der eigenen Familie und warum die drei noch lebenden Brüder keinen Kontakt mehr miteinander haben.
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