Die Bewohner eines kleinen Vororts von Tokio erwarten ein Unwetter, was bereits seit ein paar Tagen im Radio und im Fernsehen angekündigt wird, aber die Schüler der Hochschule haben ganz andere Sorgen. Rie (Yuki Kudo) ist eine von ihnen und gehört zugleich zu den beliebtesten Schülerinnen der Schule, doch eigentlich will sie nichts sehnlicher, als der Schule und ihrem Umfeld zu entfliehen. Ihre Freundschaft mit Mikami (Yuichi Mikami) ist eine der wenigen Konstanten in ihrem Leben, aber in letzter Zeit ist er komisch zu ihr und gibt ihr seltsame Antworten. Hinzu kommt noch die Auseinandersetzung mit Umemiya (Tomokazu Miura), der Sport und Mathe unterrichtet, aber nach einem unschönen Zwischenfall an der Schule in Ungnade bei den Schülern gefallen ist. Besonders Michiko (Yuka Onishi) scheint es auf ihren Lehrer abgesehen zu haben, von dem sie sich verraten fühlt. Als dann der Taifun tatsächlich da ist, finden sich die Schüler eingeschlossen in ihrer Schule wieder, was einige für eine ausgelassene Feier nutzen und andere, um endlich jene Dinge anzusprechen, die ihnen schon lange auf dem Herzen liegen.
Eine Alternative zum Mainstream
Die Filmlandschaft Japans ist bis heute geprägt von Filmstudios wie Toei oder Nikkatsu, was den Independent-Film mehr oder weniger klein hielt, wenn man einmal von wenigen Ausnahmen absieht. Regisseur Yasuhiro Hasegawa und Susumu Miyasaka gründeten deshalb die „Director’s Company“, die diese Leerstelle füllen sollte und Regisseuren zugleich einen Vertrieb für ihren Film sichern sollte. Einer der eifrigsten Filmschaffenden ihres Studios war Shinji Somai, der neben Typhoon Club noch Love Hotel, Luminous Woman und Tokyo Heaven verwirklichte. Nach einer Restauration sowie der Sicherung der Rechte an den Filmen der „Director’s Company“ erfährt Typhoon Club als hoffentlich erstes Werk Somais eine Kinoauswertung über die Grenzen Japans hinaus.
Es ist keine Überraschung, wenn Regisseure wie Ryusuke Hamaguchi (Das Glücksrad, Drive My Car) Typhoon Club als eine große Inspiration für sich und ihr Werk betrachten. Wie Hamaguchi ist auch Somai ein genauer Beobachter von Menschen und ihrem Umfeld, wobei er ebenfalls Themen anspricht wie den Ausbruch aus einem konformistischen System. Man darf nicht vergessen, dass insbesondere junge Menschen, wie sie Somai zeigt, im japanischen Kino lange keinen Platz hatten oder nur sehr klischeehaft dargestellt wurden. Selbst aus heutiger Sicht wirkt die Betrachtung von Jugend in Typhoon Club teils progressiver als in manchen Mainstream-Produktionen des Landes, gerade wenn es um den Umgang mit erster Liebe, Sexualität oder den Konflikt zwischen Generationen geht. Yuji Katos Drehbuch folgt dabei nicht unbedingt einem streng linearen Ansatz, sondern mäandert mitunter, was einige Momente wie Improvisationen wirken lässt und manche etwas länger verweilen lässt, als es ihnen gut tut.
„Geht denn keiner von euch nach Hause?“
Schon von seinem narrativen Fundament her wirkt Typhoon Club eher wie ein Episodenfilm, zumindest bis zum titelgebenden Taifun Dieser bringt die Konflikte auf einmal ganz nah heran, weil auf einmal nicht mehr der Ausweg gegeben ist und die Figuren sich in ihre sichere „Bubble“ zurückziehen können. Zugleich ist es ein Moment der Freiheit, in dem sie nicht beobachtet werden und sich unbekümmert Leidenschaften, Sehnsüchten oder Liebeleien hingeben können, auch wenn diese in einer Sackgasse enden könnten. Das Ensemble, allen voran Yuki Kudo und Yuichi Mikami, ist dabei eine große Stütze und verleiht den Szenen eine Authentizität, selbst wenn einige Momente etwas arg überzogen wirken. Besonders gelungen ist dabei die Konfrontation mit der Realität der Anderen und der wirklichen Welt, die spätestens mit dem Ende des Taifuns wieder Einzug hält.
OT: „Taifu kurabu“
Land: Japan
Jahr: 1985
Regie: Shinji Somai
Drehbuch: Yuji Kato
Musik: Shigeaki Saegusa
Kamera: Akihiro Ito
Besetzung: Yuichi Mikami, Yuki Kudo, Toshiyuki Matsunaga, Shigeru Benibayashi, Saburo Date, Tomiko Ishii, Kaori Kobayashi, Yuka Onishi, Toshinori Omi, Tomokazu Miura
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