Die 19-jährige Liane (Malou Khebizi) lebt mit ihrer Mutter (Andréa Bescond) und mit ihrer kleinen Schwester (Ashley Romano) in der französischen Stadt Fréjus. Sie und ihre Familie leben in ärmlichen Verhältnissen, trotzdem träumt Liane von Reichtum und einer erfolgreichen Karriere als Influencerin. Als sie dann zu einem Casting der Realityshow „Miracle Island“ eingeladen wird, scheint ihr Traum plötzlich in greifbarer Nähe. Allerdings lässt die finale Bestätigung des Studios lange auf sich warten und Liane wird zunehmend nervös und fällt zurück in alte Muster, wie Kleinkriminalität, Aggression und Frustration.
Negativer Einfluss von Social Media
Regisseurin Agathe Riedinger beschäftigt sich schon lange mit dem Einfluss von Reality-TV und Social Media auf Jugendliche, insbesondere auf junge Frauen. Heutzutage, in Zeiten von Streaming Diensten, Instagram und TikTok ist diese Thematik relevanter denn je. Über verschiedene Social-Media Apps wird den Konsumenten dauerhaft ein Leben von Reichtum, Berühmtheit und Überfluss vor Augen geführt. Damit verbunden ist die Darstellung von unrealistischen Schönheitsidealen und Konsumdrang. Bereits 2017 drehte Agathe Riedinger den Kurzfilm Waiting for Jupiter. Auch hier wird die Protagonistin Liane als Kandidatin für eine Castingshow ausgewählt, was sie veranlasst, den Kontakt zu ihrem Umfeld weitestgehend abzubrechen, voller Überzeugung, dass ihr neues Leben als Star endlich beginnt. Mit Wild Diamond recycelt Riedinger die Grundidee ihres Kurzfilms, taucht aber tiefer in die Thematik ein und gibt einen intimeren Einblick in das Leben und die Beweggründe Lianes.
Klischeebehaftet trotz einer interessanten Idee
Obwohl Liane aus ärmlichen Verhältnissen kommt und der Film direkt zu Beginn eine gewisse Hoffnungslosigkeit suggeriert, verfolgt Liane ihren Traum von Berühmtheit und Reichtum mit einer fast fanatischen Obsession. Wild Diamond verdeutlicht diese Obsession wirkungsvoll durch Videos an ihre Follower, in denen Liane von ihrem Glauben an Gott und der Vorbestimmtheit ihres Erfolgs spricht. Der Vergleich von religiöser Devotion und der extremen Hingabe von Liane zu ihrem Traum ist eine interessante Idee von Agatha Riedinger, die allerdings nur vereinzelt aufgegriffen wird. Eine weitere interessante Art der Inszenierung ergibt sich durch die Einblendung von fiktiven Kommentaren von Lianes Social-Media Profilen. Während diese zu Beginn noch überwiegend positiv und harmlos sind, werden sie im späteren Verlauf des Films und mit steigender Followerzahl zunehmend übergriffig, sexuell und beleidigend.
Abgesehen davon werden die negativen Auswirkungen, die Social Media auf junge Menschen haben kann, dann aber zu klischeehaft abgearbeitet. Liane hat sich bereits einer Brustvergrößerung unterzogen und träumt von weiteren Operationen, um einem unrealistischen Schönheitsideal gerecht zu werden. Sie verheimlicht ihre echte, eher konservative Einstellung zu Sex und ist bereit sich selbst für die Kamera zu übersexualisieren, da sie sonst zu uninteressant für eine Realityshow wäre. Auch ihre Beziehung zu Dino (Idir Azougli) dient lediglich dazu, einen Kontrast zu schaffen zwischen ihrer Obsession und seiner geerdeten und vielleicht realistischeren Einstellung, dass nur harte und konventionelle Arbeit zu einem erfüllenden Leben führt.
Malou Khebizi als Hoffnungsschimmer
Trotz der klischeebehafteten Figuren verhindert besonders die schauspielerische Leistung von Malou Khebizi als Liane, dass Wild Diamond zu einer Karikatur verkommt. Sie spielt sowohl die selbstbewusste und extrovertierte Art von Liane, als auch ihre versteckte, verletzliche und unsichere Seite tadellos und glaubwürdig. Der Rest des Casts spielt auch durchaus solide, hat aber durch das Drehbuch kaum Spielraum in der individuellen Umsetzung der Figuren. Da fast alle Nebencharakter lediglich dazu dienen, einen gewissen Gegenpol zur Lianes Figur darzustellen. Die Inszenierung ist ebenfalls gelungen und die Kamera fängt kompromisslos besonders die Szenen ein, welche die Schattenseite von Lianes Traum aufzeigen.
OT: „Diamant brut“
Land: Frankreich
Jahr: 2024
Regie: Agathe Riedinger
Drehbuch: Agathe Riedinger
Musik: Audrey Ismael
Kamera: Noé Bach
Besetzung: Malou Khebizi, Idir Azougli, Andréa Bescond, Ashley Romano, Kilia Fernane, Léa Gorla, Alexandra Noisier, Alexis Manenti
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