Daddio – Eine Nacht in New York
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Daddio – Eine Nacht in New York

Daddio – Eine Nacht in New York
„Daddio – Eine Nacht in New York“ // Deutschland-Start: 27. Juni 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Eine junge Frau (Dakota Johnson) kommt nachts auf dem New Yorker Flughafen an und steigt in ein Taxi. Die Fahrt soll zu ihrer Wohnung in Manhattan gehen. Im Auto tauscht sie mit einem Mann Textnachrichten aus. Er will Sex und verlangt intime Fotos von ihr, sie legt immer wieder befremdet das Handy weg. Der Taxifahrer, der sich Clark (Sean Penn) nennt, beginnt ein Gespräch mit ihr. Er sagt ihr auf den Kopf zu, dass der verheiratete ältere Mann, in den sie nach eigenem Bekunden verliebt ist, nur an Sex interessiert sei. Das Taxi gerät in einen Stau, das gegenseitige Frage-und-Antwort-Spiel im Auto vertieft sich und fördert verborgene Wahrheiten zutage.

Ein tiefgründiges Gespräch im Taxi

Zwei Personen, die sich nicht kennen, sitzen in einem Auto und fangen zögerlich an, miteinander zu reden. Die Zusammenkunft, die nur dem Erreichen eines äußeren Ziels dient, wird zum geschützten Raum, in dem ein Gefühl der Vertrautheit entsteht. Ein Fahrgast und die Person am Steuer tauschen mitunter mehr Wahrheiten aus, als es Freunde und gute Bekannte tun. Viele Filme wie beispielsweise Drive My Car von Ryusuke Hamaguchi oder Parfum des Lebens von Grégory Magne widmen sich diesem Thema. Doch kaum ein Spielfilm – von Action- und Krimistoffen einmal abgesehen – beschränkt sich so konsequent wie dieses Drama der Debüt-Regisseurin Christy Hall auf den Innenraum eines Autos als Schauplatz. Bis auf wenige Minuten findet die ganze Handlung im Taxi statt und sie erstreckt sich auch nur über eine einzige Fahrt.

Die Taxipassagierin gehört als Programmiererin einer anderen sozialen Schicht an als der Fahrer. Er könnte vom Alter her ihr Vater sein und seine Ausdrucksweise verrät eine gewisse Bildungsferne. Solche Begegnungen zwischen Menschen aus unterschiedlichen Milieus finden im Alltag kaum noch statt, denn wie der Taxifahrer im Film beklagt, erledigen die Menschen immer mehr Dinge über Apps. Bald würden, meint er, sogar die Taxen ohne Person am Steuer auskommen. Womöglich kommt das Gespräch auch nur in Gang, weil er die junge Frau mit seiner hemdsärmeligen Neugier ein wenig zu direkt aus der Reserve lockt. Aber die Menschenkenntnis, die er sich im Leben und vor allem im Beruf erworben hat, beeindruckt sie und lässt ihr Vertrauen, dass er sie verstehen wird, wachsen.

Was Männer wirklich wollen

Draußen ziehen die Lichter der Nacht entlang der monotonen Schnellstraße vorbei, werfen bunte Reflexe an die Fensterscheiben. Der Taxifahrer findet die junge Frau auf dem Rücksitz hübsch und lobt sie als zielstrebig und stark. Aber dann weiht er sie mit unverblümter Härte in seine Wahrheiten über die Männerwelt ein. Er erzählt aus eigener Erfahrung, warum Männer Beziehungen eingehen und wie leicht sich Frauen ausnutzen lassen. Irgendwann aber führt ihm die junge Frau vor, dass er nicht ganz so abgebrüht ist, wie er sich gibt. Man könnte nun einwenden, dass die Geschichte alte Klischees über die Geschlechter und die unüberbrückbaren Gegensätze zwischen ihnen wälzt. Auch dass diese Frau es nötig haben soll, als Gespielin eines Familienvaters auf Liebe zu hoffen, klingt abgedroschen.

Aber nach und nach führt der Dialog mit dem Taxifahrer die junge Frau an Kindheitserfahrungen heran, die ihre unglückliche Partnerwahl plausibler machen. Dakota Johnson hat als Schauspielerin erkennbar auch und nicht zuletzt die Aufgabe, gut auszusehen. Aber spätestens wenn die Passagierin gegen Ende der Fahrt den wahren Grund ihrer Traurigkeit preisgibt, berührt ihre Erzählung nicht nur den Fahrer, sondern auch das Publikum nachhaltig. Sean Penn spielt den Mann, der seinen Zenit überschritten hat, uneitel und verleiht ihm zunehmend eine interessante Widersprüchlichkeit. Die finale Szene, in welcher er den Gefühlsaufruhr aufscheinen lässt, den ihm die Begegnung und die gewachsene Selbsterkenntnis beschert, ist schlicht großartig.

Credits

OT: „Daddio“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Christy Hall
Drehbuch: Christy Hall
Musik: Dickon Hinchliffe
Kamera: Phedon Papamichael
Besetzung: Dakota Johnson, Sean Penn

Bilder

Trailer

Filmfeste

Telluride Film Festival 2023
Toronto International Film Festival 2023
Tribeca Film Festival 2024

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Daddio – Eine Nacht in New York
fazit
Im geschützten Raum eines Taxis kommen eine junge Passagierin und der ältere Fahrer ins Gespräch über die Liebe und allerlei Lebenslügen. Unter der Regie von Christy Hall zieht die Spannung des Kammerspiels erst langsam, dann aber merklich an. Dakota Johnson und Sean Penn überzeugen in den Rollen zweier ungleicher Menschen, die den Kokon der Einsamkeit mit aufrichtigen Worten durchbrechen.
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