Augusto (Broderick Crawford), Carlo (Richard Baseheart) und Roberto (Franco Fabrizi) verdienen ihren Lebensunterhalt mit kleinen Gaunereien. Sie verkleiden sich beispielsweise als Priester oder Beamte, um andere Menschen, meist Arme oder Bauern, über den Tisch zu ziehen. Sie geben vor, ihnen ein neues Haus zu geben oder gar einen Schatz auf ihrem Grundstück, wenn sie nur einen vergleichsweise geringen Geldbetrag ihnen im Gegenzug dafür zahlen. Die Masche funktioniert und Augusto hat schon sein ganzes Leben damit verbracht, auf diese Weise Geld zu verdienen, was ihm den Ruf eines „bidone“, einen Schwindlers, eingebracht hat, der vor nichts zurückschreckt, wenn es ums Lügen oder Betrügen geht.
Carlo, genannt „Picasso“, kann von dem Geld seine Familie ernähren und sich und seiner Frau Iris (Giulietta Masina) hin und wieder etwas gönnen, während Roberto das Geld für seine zahlreichen Affären, Alkohol und seine teure Garderobe ausgibt. Eines Tages jedoch begegnet Augusto durch Zufall seiner Tochter, die in der Schule Probleme hat, und will ihr helfen. Jedoch hat die Begegnung schwerwiegende Folgen für ihn und wie er sein Leben sieht.
Engel, Clowns und Monster
Neben La Strada – Das Lied der Straße und Die Nächte der Cabiria gehört Die Schwindler zur Trilogie der Einsamkeit von Regisseur Federico Fellini. Die Idee zu dem Projekt kam ihm nach eigenen Angaben während der Dreharbeiten zu La Strada, als er einen alten Mann traf, der seinen Lebensunterhalt wie die Protagonisten in Die Schwindler mit Betrügereien bestritt. Auf Fellini übte dieser Menschenschlag eine gewisse Faszination aus, nannte er sie doch in einem Atemzug mit den „Engeln, Clowns und Monstern“, die unsere Welt bevölkern. Die zeitgenössische Kritik unterdessen konnte wenig mit dem Film anfangen, der für viele im Schatten von La Strada stand und gar als billiger Krimi angesehen wurde.
Dass Die Schwindler ein Film ist, der eine andere Tonart anschlägt als La Strada, ist richtig, aber ihn deswegen gleich so negativ zu beurteilen ist weit übertrieben und nicht fair. In allen drei Teilen der Trilogie geht es Fellini um eine Bestandsaufnahme der italienischen Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg, wobei sein Fokus eben nicht nur auf den Schwachen und Armen der Gesellschaft lag, wie es beispielsweise in vielen Filmen seines Kollegen Vittorio De Sica (Fahrraddiebe) der Fall ist. Aus der Motivation zu überleben entwickelte sich bei den drei Helden des Filmes eine Mentalität, bei der es sich verbittet, nach der Moral zu fragen und bei der zweifelsohne der Selbstbetrug die schlimmste aller Lügen darstellt.
Fellini zeigt das krasse soziale Gefälle einer Gesellschaft, in der Reich und Arm nur wenige Meter voneinander entfernt leben. Augusto, Carlo und Roberto bewegen sich in beiden Welten, jedoch gehören sie keiner wirklich an, denn während sie in der einen lediglich ihre neuen Opfer suchen, haben die in der anderen Schicht die Halunken längst durchschaut. Es bleiben so nur die Randbezirke der Gesellschaft, ein Gang im menschenleeren Rom oder ein Platz ganz alleine während einer Silvesterfeier.
Wir verkaufen alles.
Fellini gelingt wie in vielen seiner Werke ein Blick auf diese Figuren, ohne sie zu verurteilen. Broderick Crawfords oder gar Richard Basehearts Charaktere können nicht mehr ohne den Betrug leben, ohne den sie sich eingestehen müssten, was für moralisch verwerfliche Dinge sie eigentlich tun und welche Ganoven sie sind. Doch sie sind nicht abgehärtet, denn hin und wieder blitzt der Ernst ihrer Lage auf, beispielsweise bei der Begegnung Augustos mit einem anderen „bidone“, dem er nichts vorspielen kann, den er aber dennoch versucht, übers Ohr zu hauen. Während eines Streits mit seiner Frau kommt es für Carlo scheinbar zu einer Veränderung seines Tuns, einer Einsicht, aber wir ahnen schon, dass auch dies nur eine Lüge ist, dank der er für ein paar Stunden Ruhe hat. „Ich kann Eskimos Eis verkaufen“, tönt Augusto in einer Bar und man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll bei einem solch traurigen Statement.
OT: „Il bidone“
Land: Italien, Frankreich
Jahr: 1955
Regie: Federico Fellini
Drehbuch: Federico Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli
Musik: Nino Rota
Kamera: Otello Martelli
Besetzung: Broderick Crawford, Richard Baseheart, Giulietta Masina, Franco Fabrizi, Giacomo Gabrielli
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