IVO
© Adrian Campean

IVO

IVO
„IVO“ // Deutschland-Start: 20. Juni 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Ivo (Minna Wündrich) ist Palliativpflegerin. Täglich betreut sie schwer erkrankte Menschen, bei denen keine Chance mehr auf eine Genesung besteht. Dabei kommt sie mit unterschiedlichsten Menschen und ihren Familien in Kontakt und baut auf Dauer eine gewisse Bindung zu diesen auf. Meistens gelingt es ihr, sich von der emotionalen und psychischen Belastung, die diese Arbeit mit sich bringt, abzuschirmen. Als sie jedoch von einer zur Freundin gewordenen Patientin mit ALS um Sterbehilfe gebeten wird, Ivo aber gleichzeitig mit ihrem Mann eine geheime Affäre hat, bröckelt diese Fassade.

Deprimierende Einblicke

Regisseurin Eva Trobisch (Alles ist gut) schafft mit IVO einen slice-of-life Film, der aus dem Leben einer Palliativpflegerin und der alltäglichen Konfrontation mit dem Sterben erzählt. Die titelgebende Hauptfigur Ivo hat über die Jahre gelernt, sich so gut es geht abzuschirmen und eine gewisse professionelle Distanz zu ihren Patienten aufzubauen, um sich selbst zu schützen. Trotzdem wird deutlich, dass das nicht immer funktioniert. Manche Patienten werden zu Freunden, in manche privaten Angelegenheiten wird man fast gezwungenermaßen involviert und trotzdem bleibt man am Ende zwar eine Außenstehende, aber gleichzeitig ein Dummy für Trauer, Frustration, Wut und Verzweiflung.

Trobisch zeigt subtil auf, dass es keine Rolle spielt, wie sehr man sich distanziert, oder wie professionell man sich verhält, völlig spurlos geht diese Art von Arbeit an niemandem vorbei. IVO inszeniert Ivos innere Zerrissenheit schnörkellos, stimmig trist und mit einer gewissen Kälte. Exposition wird dabei kaum oder nur sehr subtil gegeben, der Zuschauer steigt unvermittelt in Ivos Alltag ein und erlebt dabei live die Belastung, die ihre Arbeit mit sich bringt, die Herausforderungen und die psychischen Folgen. Dabei werden ethische Dilemmata aufgeworfen wie die Thematik der Sterbehilfe, die Allgegenwärtigkeit von Verlust und Tod, aber auch resultierende Bindungsängste der Protagonistin. Der Film versucht hier allerdings bewusst, keine universalen Antworten zu finden, und gibt keine Bewertung der Geschehnisse ab. IVO verzichtet komplett auf Spannung und emotionale Höhepunkte und gibt dem Zuschauer durch sein offenes Ende dafür umso mehr Stoff zum Nachdenken mit.

Experimentelle Besetzung

Neben Minna Wündrich als Ivo, werden die wichtigsten beiden Nebenfiguren Solveigh und Franz von Pia Hierzegger und Lukas Turtur verkörpert. Alle drei liefern eine einwandfreie schauspielerische Leistung ab. Trotzdem baut man als Zuschauer kaum eine Verbindung zu den Figuren auf. Wie Ivo sind auch Solveighs und Franz als Charaktere sehr distanziert und fast schon verschlossen geschrieben. Das passt zwar zur allgemeinen Thematik und ist realitätsnah, verhindert aber, dass der Zuschauer einen Zugang zu den Figuren findet. Die Rollen der anderen Palliativpfleger in IVO wurden nicht mit professionellen Schauspielern besetzt, sondern mit Person, welche im echten Leben auch in der Palliativpflege tätig sind. Szenen wie Gruppenbesprechungen oder auch intime Konversationen zwischen den Pflegern wirken dementsprechend authentisch und das Fehlen von schauspielerischer Erfahrung bleibt unbemerkt. Sowohl die musikalische, als auch die bildliche Inszenierung ist stimmig. Adrian Capeans Kamera fängt eine körnige Optik in Verbindung mit einer dunkel und monoton gehaltenen Farbpalette ein, die insgesamt passend zur fast schon deprimierenden Thematik des Films ist.

Credits

OT: „IVO“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Eva Trobisch
Drehbuch: Eva Trobisch
Musik: Martin Hossbach
Kamera: Adrian Campean
Besetzung: Minna Wündrich, Pia Hierzegger, Lukas Turtur, Pierre Siegenthaler, Lilli Lacher, Leopold von Verschuer, Birte Leest

Bilder

Trailer

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fazit
"IVO" ist kein Film, der im herkömmlichen Sinne Freude macht. Als Zuschauer bekommt man keine glamouröse Inszenierung, keine Filmromantik, die hilft dem Alltag zu entfliehen und kein Happy End. Trotzdem liefert Eva Trobisch mit "IVO" einen stark inszenierten Einblick in die Profession der Palliativpflege und auf die Belastungen welchen die Pfleger ausgesetzt sind, der Kinogängern noch lange danach im Gedächtnis bleiben wird.
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