Joko Anwar’s Nightmares and Daydreams

In Indonesien gibt es eine sehr aktive Horror- und Thriller-Community, zahlreiche Genrebeiträge werden in dem fernöstlichen Land produziert. Regulär werden diese hierzulande nur sehr selten veröffentlicht. Titel, die auf DVD erscheinen, im Rahmen von Festivals zu sehen sind oder gar im Kino, sind eine absolute Rarität. Dank Netflix gibt es aber immer mal wieder doch Gelegenheiten. Dieses Jahr kamen da beispielsweise Monster über zwei entführte Kinder, die aus einem Haus entkommen müssen, oder auch 24 Stunden mit Gaspar, bei dem es um einen Privatdetektiv geht, der dem Verschwinden einer Kindheitsfreundin nachgeht. Mit Joko Anwar’s Nightmares and Daydreams erscheint nun sogar eine siebenteilige Serie, die das Publikum in diverse Abgründe führt.

Sieben Folgen voller Geheimnisse

Der vorangestellte Name wird Horrorfans hellhörig werden lassen. Im Laufe der Jahre hat der indonesische Filmemacher Joko Anwar eine ganze Reihe von Titeln gedreht, Werke wie Modus Anomali – Gefangen im Wahnsinn (2012), Satan’s Slaves (2017) und Impetigore (2019) haben ihn auch über die Landesgrenzen bekannt gemacht. Joko Anwar’s Nightmares and Daydreams könnte diese Bekanntheit noch ein wenig erhöhen, auch wenn die Serie nur teilweise auf ihn selbst zurückgeht. Er hat diese entwickelt, teilweise Regie geführt und Drehbücher geschrieben. Aber auch andere durften ihren Beitrag leisten. Gemeinsam schufen sie eine Anthologie mit sieben Folgen, die grundsätzlich voneinander unabhängig sind und unabhängige Geschichten erzählen, dabei aber wiederkehrende Elemente haben.

So geht es grundsätzlich immer darum, dass gewöhnliche Menschen übernatürliche Erfahrungen machen. Anfangs ist dabei immer unklar, was genau gespielt wird, weshalb die Serie einen starken Mysteryanteil hat. Beispielsweise merkt man bei der ersten Folge Old House zwar schnell, dass etwas mit dem Altenheim nicht stimmt, in das der Protagonist seine Mutter gebracht hat. Es dauert aber eine Weile, bis sich herausstellt, was genau dort vor sich geht. In einer anderen Folge Poems and Pain betrifft das Mysterium die Entstehung eines neuen Romans, bei dem die Autorin sonderbare Erfahrungen macht. Ein Publikum, das gern rätselt und Spaß hat an dunklen Geheimnissen, die erst nach und nach enthüllt werden, bekommen bei Joko Anwar’s Nightmares and Daydreams schon einiges zu tun. Die Neugierde lässt einen meistens bis zum Schluss dranbleiben, weil man herausfinden möchte, was genau los ist.

Interessant, aber träge

Die Geschichten selbst zeichnen sich dabei immer mal wieder durch gesellschaftliche Komponenten aus. Die besagte erste Folge befasst sich mit dem Pflegesystem sowie der Frage, welchen Stellenwert wir älteren Menschen geben. In der fünften Episode The Other Side geht es um eine andere Form der Vergänglichkeit, wenn ein geschlossenes Kino eine große Rolle spielt, als Symbol einer Kunst, für die es keinen Platz mehr gibt. Auch die Schwere zwischen arm und reich wird thematisiert. Schließlich stehen in Joko Anwar’s Nightmares and Daydreams meistens einfache Leute im Mittelpunkt, die sich nur mühsam durchs Leben schlagen und von anderen verdrängt werden. Finanzielle Probleme kommen immer wieder vor.

Das ist insgesamt alles ganz interessant. Spannend ist die Serie aber nur zum Teil. So haben die meisten Folgen ein Problem mit dem Tempo. Zwar sind knapp 50 Minuten prinzipiell nicht viel für in sich abgeschlossene Geschichten. Und doch gibt es immer wieder Momente, in denen man sich wünschen würde, dass da ein wenig mehr Gas gegeben würde bzw. manche Szenen einfach kürzer ausfallen. Atmosphärisch ist Joko Anwar’s Nightmares and Daydreams durchaus gelungen, es gibt auch immer wieder stimmungsvolle Bilder. Aber das reicht nicht aus, um die komplette Laufzeit immer wirklich zu füllen, das tritt dann zuweilen ziemlich auf der Stelle. Insgesamt ist die Anthologie aber schon eine Bereicherung, die darauf hoffen lässt, dass Netflix noch andere indonesische Titel mit einem westlichen Publikum teilt.