missing 2024
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missing (2024)

missing 2024
„missing“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Seit Jahren schon fehlt von der kleinen Tochter von Saori (Satomi Ishihara) und Yutaka (Munetaka Aoki) jede Spur. Die Ermittlungen der Polizei haben nichts ergeben und in den Medien spielt das Thema schon keine Rolle mehr. Saori und Yutaka verteilen nach wie vor Flyer in der Nähe des Ortes, in dem ihre Tochter verschwand und posten regelmäßig im Internet Videos und Suchaufrufe, die mittlerweile von ziemlich gehässigen Kommentaren begleitet werden, die vor allem in Saoris Nachlässigkeit als Mutter die Schuld für das Verschwinden des Kindes sehen. Eine Nachrichtenagentur will das Thema aufgreifen und rollt den Fall noch einmal auf, was den Eltern Hoffnung gibt. Anders als es sie und Reporter Sunada (Tomoyama Nakamura) zunächst dachten, geht es aber nur um Quoten und Schlagzeilen. Viel schlimmer hingegen ist, dass nun ein Verdacht gegenüber Saoris Bruder Keigo (Yusaku Mori) besteht, der als Letzter ihre Tochter gesehen hat und dessen Alibi langsam aber sicher zu bröckeln beginnt.

Es gibt Fakten. Und es gibt Wahrheiten.

Keisuke Yoshida lernte das Handwerk des Regisseurs unter anderem durch seine Zusammenarbeit mit Filmemacher Shinya Tsukamoto (Killing), von dem er sich vielleicht auch den kritischen Blick auf die japanische Gesellschaft abgeschaut hat. Schon in seinem Familiendrama Intolerance erzählte er von der gefährlichen Eigendynamik aus Verdachtsmomenten und Vorurteilen in einer Kleinstadt, in der ein kleines Mädchen tot aufgefunden wird. In seinen beiden letzten Filmen, God Seeks in Return und missing, geht es um ein ähnliches Thema, wobei Yoshida in beiden Fällen die Welt der sozialen Medien miteinbezieht und wie diese zur Sichtweise auf einen Sachverhalt beitragen. In missing, der, genauso wie God Seeks in Return, im Rahmen der diesjährigen Nippon Connection gezeigt wurde, geht es zudem um die Rolle der Medien generell und inwiefern diese die Vorverurteilungen aus der digitalen Welt übernehmen oder gar beeinflussen.

Es gebe Fakten und es gebe Wahrheiten, erklärt Yoshida im Publikumsgespräch auf der Nippon Connection, als es um die Themen von missing geht. Die feine Differenzierung wird jedoch im Laufe der Handlung mehr und mehr verwischt, sodass selbst die Akteure, deren Arbeit unter anderem auf dieser Unterscheidung fußt, nicht mehr wissen, was tatsächlich passiert ist und was nicht. Yoshida nutzt dabei einen Ansatz, der zum einen die Eltern des vermissten Kindes in den Mittelpunkt stellt, doch ebenso Charaktere wie Keigo und Sunada beleuchtet. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von Wahrheiten und Lebensrealitäten, die sehr empfindlich auf die Entwicklungen des Falles reagieren, besonders aber auf die öffentliche Rezeption. Während die Eltern nur ihre Tochter wiederhaben wollen, versucht Keigo sein Leben wieder in den Griff zu bekommen und versteht nicht, wie ein Verschweigen sein Leben nachhaltig verändern kann, wobei Sunada einsehen muss, dass ein Wort oder ein Bild entscheiden kann, wie man Menschen ansieht. Er beginnt die Mimik und die Präsentation der Eltern zu korrigieren, weil er erkannt hat, wie dies wirkt und überschreitet zunehmend moralische Grenzen.

Öffentliche und private Narrative

missing ist ein Drama, aber keineswegs ein Thriller. Dies muss man betonen, weil Yoshida in erster Linie an der Beobachtung einer Entwicklung interessiert ist, bei der es um Verlust geht. Als wäre der Verlust der eigenen Tochter nicht genug, verlieren die Eltern wie auch die Medienvertreter immer mehr die Kontrolle über das Narrativ, was dann in den Händen jener Menschen liegt, die beispielsweise ihre Videos und Beiträge kommentieren und ihre ganz eigenen Theorien entwickeln. Satomi Ishihara und Munetaka Aoki spielen überzeugend ein junges Paar, das an seine Grenzen kommt, emotional wie auch später finanziell. Auch der von Tomoyo Nakamura gespielte Reporter sieht seine Kontrolle schwinden, weil es nur noch um Quoten, Likes und Wahrnehmung geht und die Wahrheit dabei mehr und mehr auf der Strecke bleibt. Erzählerisch und darstellerisch ist das gut gelöst und rechtfertigt in Teilen auch die Laufzeit von fast zwei Stunden, doch die Erklärungen der Handlungen oder Aussagen der Figuren läuft bisweilen auf küchenpsychologischem Niveau ab, was dem Thema und dem Ansatz, der verfolgt wird, nicht gerecht wird.

Credits

OT: „Misshingu“
Land: Japan
Jahr: 2023
Regie: Keisuke Yoshida
Drehbuch: Keisuke Yoshida
Musik: Hiroko Sebu
Kamera: Takayuki Shida
Besetzung: Satomi Ishihara, Tomoya Nakamura, Munetaka Aoki, Yusaku Mori, Tsugumi Arita

Trailer

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missing (2024)
fazit
„missing“ ist eine Drama um das Verschwinden eines Kindes sowie die Medienrezeption um den Fall herum. Keisuke Yoshida erzählt davon, wie die Wahrheit mehr und mehr in den Hintergrund gerät und ersetzt wird durch Theorien, Schuldzuweisungen und Verdachtsmomente, was strukturell gut gemacht ist, aber über weite Strecken psychologische Tiefe vermissen lässt.
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