Das Abitur haben sie inzwischen in der Tasche. Zur Feier schlägt Konrad (Jonas Kaufmann) Romy (Carlotta Weide) vor, den Sommer über wegzufahren, eine Rundreise durch Europa. Romy reagiert irritiert. Zwar waren die beiden früher sehr eng befreundet, doch zuletzt war die Freundschaft ziemlich abgekühlt. Eigentlich sprechen die beiden nicht mehr viel miteinander. Als Romys neuer Freund Julian (Louie Betton) sich anschließt, sorgt dies schnell für Spannungen, die beiden Jugendlichen beäugen sich misstrauisch. Als Konrad auch noch der ihnen unbekannten Nele (Sophia Münster) eine Mitfahrgelegenheit anbietet, droht die Reise ins Wasser zu fallen, noch bevor sie richtig angefangen hat …
Die Reise ins Erwachsenenalter
Der Abschluss der Schule bedeutet für die meisten Menschen ein recht starker Einschnitt in ihrem Leben. Zwar wurde schon in den Jahren zuvor die Kindheit nach und nach hinter sich gelassen, eine erste Liebe, Feiern, Selbstsuche. Doch mit dem Abschluss endet die Reglementierung von außen, der weitere Weg ist weniger vorbestimmt. Das bedeutet einerseits die Freiheit, endlich selbst zu bestimmen und Entscheidungen zu treffen. Es bedeutet aber auch, dass viele Orientierungspunkte wegfallen. In eben dieser speziellen Lebensphase spielt Morgen irgendwo am Meer, das direkt an das Abitur der Figuren anschließt und die jungen Menschen auf eine Reise schickt, die sie quer durch Europa führen soll.
Dabei ist diese Reise wie so oft bei Roadmovies nur dem Anschein nach eine äußere. Viel wichtiger ist es bei der Adaption des gleichnamigen Romans von Adriana Popescu, dass die jungen Männer und Frauen sich darüber klar werden, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Wobei es hier schon stärkere Unterschiede gibt. Während Romy beispielsweise bereits ein Praktikum in Neuseeland eingeplant hat, weiß ihr Freund Julian überhaupt nicht, wie er weitermachen will – sehr zum Missfallen seiner Eltern. Morgen irgendwo am Meer spricht damit Themen an, die eine jüngere Zielgruppe dankbar aufnehmen wird, ergänzt um Fragen der Liebe und Freundschaft. Es sind typische Coming-of-Age-Motive, die Regisseur und Drehbuchautor Patrick Büchting hier verarbeitet und die beim Publikum für Identifikationsfläche sorgen.
Solides Langfilmdebüt
Wobei es in dem Film nicht allein um die Zukunft geht, die noch festgezurrt werden muss. Früh schon werden Hinweise gestreut, dass auch in der Vergangenheit einiges im Argen liegt. Da muss etwas gewesen sein, das Romy und Konrad entzweit hat. Worum es dabei genau geht, bleibt dabei zunächst unklar. Erst nach und nach legt Morgen irgendwo am Meer die Karten auf den Tisch. Zuweilen macht das Drama an diesen Stellen etwas zu sehr auf mysteriös, gibt sich unnötig bedeutungsschwanger. Allgemein hat das Werk ein wenig damit zu kämpfen, dass es nicht immer ganz natürlich wirkt, was hier getan und gesagt wird. So universell prinzipiell der verhandelten Themen sind, das Ergebnis ist doch stärker konstruiert, als es dem Film guttut.
Insgesamt ist das Langfilmdebüt von Büchting aber schon ziemlich solide geworden. Das Drama hat eine heilsame Note, wenn sich die vier allmählich ihrer Sache sicherer werden und sich den Problemen stellen, vor denen sie davongelaufen sind. Und dann wären da natürlich auch die schönen Bilder, die sich während der Reise in den Süden ergeben. Morgen irgendwo am Meer hat da eine schöne Sommeratmosphäre, die gut zu der Aufbruchsstimmung passt, die sich immer mal wieder einstellt. Das auf mehreren Festivals gezeigte Roadmovie ist daher in der Summe ein lohnenswerter Trip, nicht nur für die jüngere Zielgruppe. Auch ein Publikum, das sich an die eigene Jugend zurückerinnern möchte, an die Möglichkeiten und Herausforderungen, findet hier einen Film, der diese spezielle Phase im Leben gut wiedergibt.
OT: „Morgen irgendwo am Meer“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Patrick Büchting
Drehbuch: Patrick Büchting
Vorlage: Adriana Popescu
Musik: Nick James, Yannic Bechtold, Daniel Pohl
Kamera: Sebastian Berghaus
Besetzung: Sophia Münster, Jonas Kaufmann, Carlotta Weide, Louie Betton
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