Bislang war das Leben des jungen Ziegenbocks Arthur eigentlich wenig bemerkenswert. Zwar hat er schon sehr früh seine beiden Eltern verloren. Doch er wurde liebevoll von seinem Ziehvater aufgezogen, der ihn zudem früh in die Kunst des Haareschneidens einführte. Tatsächlich ist es inzwischen der Traum von Arthur, ein großer, anerkannter Friseur zu werden. Weniger traumhaft ist, als ihm plötzlich sieben Eier zugesteckt werden, um die er sich kümmern soll. Keine gewöhnlichen Eier jedoch. Vielmehr schlummern darin die Kinder des Königspaars von Castilla – und eben die sind in großer Gefahr. Zunächst sträubt sich der unfreiwillige Held gegen seine neue Aufgabe. Aber es bleibt ihm nichts anderes übrig. Und tatsächlich wachsen ihm die sieben nicht nur ans Herz. Sie werden zudem zum Anlass, eine neue Seite an sich zu entdecken …
Animationsabenteuer aus Thailand
Animationsfilme aus Fernost? Da werden die meisten sicher als erstes an Japan denken, dessen Animes eng mit der dortigen Kultur verbunden sind. Aber auch China hat eine längere Tradition und zudem in den letzten Jahren kräftig zugelegt. Titel wie Deep Sea und The Storm zeigen, dass das Land spannende eigene Titel hervorbringt. Selbst Südkorea hat immer mal wieder Filme produziert, die es weltweit auf Festivals schafften. Thailand jedoch dürfte bei den meisten bislang ein unbeschriebenes Blatt sein. Insofern durfte man neugierig sein, wie Out of the Nest ausfallen würde, einer der seltenen Beiträge von dort, die international veröffentlicht werden. Wobei es sich genauer um eine thailändisch-chinesische Coproduktion handelt. Und selbst das ist nur die halbe Wahrheit, da von den vier Regisseuren, die sich die inszenatorische Arbeit teilen, nur Veerapatra Jinanavin Thailand vertritt. Außerdem ist der Film auf Englisch.
Dass der Film aus Fernost kommt, sieht man jedoch an den Settings, die eindeutig von dort inspiriert wurden. Auch bei den Figuren ahnt man die Herkunft. Ansonsten ist Out of the Nest leider ziemlich generisch. Dass beispielsweise der Protagonist die Küken, die er anfangs von sich weist, irgendwann doch liebgewinnt, ist 08/15-Dramaturgie. Auch an anderen Stellen gab man sich keinerlei Mühe, etwas Eigenes zu erzählen. Über weite Strecken darf man sich beim Anschauen sogar fragen, ob man das Ganze nicht vielleicht doch schon mal gesehen und im Anschluss wieder vergessen hat. Sicher muss nicht jedes Animationsabenteuer das Rad neu erfinden, gerade auch, wenn es sich an ein jüngeres Publikum richtet. Ein bisschen anstrengen könnte man sich aber schon.
Visuell überzeugend
Das heißt nicht, dass man hier gar nichts anzubieten hat. Wie oft trifft man schon auf einen Ziegenbock, der als Friseur arbeitet und dessen Waffe folgerichtig eine Schere ist? Zwischendurch gibt es außerdem Begegnungen, die schon ganz witzig sind. Aber nicht jeder Gag sitzt in Out of the Nest. Tatsächlich finden sich in dem rund anderthalb Stunden langen Werk zahlreiche Anläufe, die so uninteressant sind, dass man sie schon vor dem Ende wieder vergessen hat. Auch in der Hinsicht wollte man offensichtlich kein Risiko eingehen und orientiert sich im Zweifel lieber an dem, was andere so machen. Ein bisschen kurios soll das Szenario zwar schon sein, aber nicht so sehr, dass man irgendwo anecken könnte.
Dafür kann man bei der Optik nicht meckern. Der Animationsfilm, der beim Annecy Filmfestival 2024 Premiere feierte, liefert saubere Arbeit ab, sei es im Hinblick auf die Technik oder die Designs. Natürlich kann es Out of the Nest nicht mit dem einige Wochen zuvor veröffentlichten Kung Fu Panda 4 aufnehmen, das sich aufgrund des Settings und der Abenteuerhandlung als Vergleich anbietet. Aber man kann sich die thailändische Variante doch ganz gut anschauen. Insgesamt tut das hier dann auch nicht weh, aufregen muss man sich über den Film kaum. Wer jedoch gehofft hat, dass dieser vielleicht Impulse setzen könnte, sieht sich getäuscht. Die Wahrscheinlichkeit, dass er in der Menge an ähnlichen Titeln untergeht, ist doch recht groß.
OT: „Out of the Nest“
Land: Thailand, China
Jahr: 2024
Regie: Arturo Hernandez, Andrew Gordon, Veerapatra Jinanavin, Jeffrey Mathew Schu
Drehbuch: Arturo Hernandez, Gillian Berrow, Shen Ye
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