Wie sein Vater Tomas, der eine Glaswerkstatt betreibt, will sich Vincent in der Glaskunst beweisen. Das Talent hat er, die Leidenschaft sowieso, einer Karriere steht nichts im Wege. Sein Leben wird jedoch etwas auf den Kopf gestellt, als ein Colonel und dessen Tochter Aliz, die ihrerseits als Violinistin unterwegs ist, in der Stadt auftauchen. Vincent verliebt sich sofort in das schöne Mädchen und will ihr die bunte Welt des Glashandwerks zeigen. Sein Vater hält davon aber nichts, ihm ist das Ganze nicht geheuer. Er will auch mit dem aufziehenden Krieg nichts zu tun haben. Doch er kann nicht verhindern, dass die zwei sich näherkommen und von einer gemeinsamen Zukunft träumen …
Animationsdebüt aus Pakistan
Wenn von Pakistan die Rede ist, geschieht das oft in einem politischen Kontext, ob es nun der ewige Konflikt mit Indien ist oder auch das Thema Terror. Als Filmland tritt es hingegen eher selten in Erscheinung. Umso schöner ist, wenn zumindest auf Festivals Werke aus der südasiatischen Nation zu sehen sind. Joyland hatte beispielsweise 2022 einen beeindruckenden Lauf. Darin ging es um eine Familie, die mit den traditionellen Gesellschaftsbildern zu kämpfen hat. Nun steht mit The Glassworker ein Werk an, das ebenfalls auf dem einen oder anderen Festival gezeigt werden könnte. Seine Premiere feierte es dabei beim Animationsfilmfest in Annecy und schrieb dabei Geschichte, handelt es sich doch um den ersten handgezeichneten Langfilm aus Pakistan.
Wer deswegen jedoch hofft, dass der Film vielleicht eine ganz eigene Bildsprache entwickeln würde, sieht sich getäuscht. Vielmehr sieht man sehr schnell, dass Regisseur Usman Riaz eine Vorliebe für Animes hat und unter anderem Studio Ghibli, Satoshi Kon und Mamoru Hosoda als Einflüsse bezeichnet. Tatsächlich könnte man hier meinen, es mit einem Zeichentrickfilm aus Japan zu tun zu haben, gerade die Designs können einem sehr bekannt vorkommen. Das bedeutet aber nicht, dass The Glassworker visuell nichts zu bieten hat. So sind die Hintergründe schon sehr schön geworden, lassen einen nicht vermuten, dass es sich hierbei um ein Debüt handelt. Auch wenn das Animationsdrama nicht unbedingt hervorsticht und der Vergleich mit den großen Titeln dieses Segments in einer eindeutigen Niederlage endet, es kann sich schon gut sehen lassen.
Eine Liebe zwischen Krieg und Kunst
Inhaltlich ist der Film passabel geworden. Das Motiv einer verbotenen Liebe ist sicherlich keines, wofür man noch Punkte für Originalität bekommt. Zudem haben Riaz und seine Co-Autorin Moya O’Shea, die zuvor primär bei Serien tätig war, einen Hang zum Kitsch, wenn es um die ganz großen Gefühle geht. Interessanter sind die Passagen, wenn es um den aufziehenden Krieg geht und wie dieser die Menschen beeinflusst, darunter den friedliebenden Tomas. Das ähnelt ein wenig dem Anime Totto-chan: Das kleine Mädchen am Fenster, wo ein Mädchen seine Sicht auf ein in den Krieg rutschendes Japan teilt. Bei The Glassworker spielt dieses Thema jedoch eine größere Rolle. Wo es bei dem besagten Anime ein wenig außen vor bleibt, da die Protagonistin keinen direkten Bezug dazu hat, da müssen sich die Figuren hier schon damit auseinandersetzen – nicht zuletzt, weil der eine Vater aus dem Militär kommt.
Gezeigt wird der Schrecken aber ebenso wenig. Der pakistanische Film hat schon eine märchenhafte, irgendwie diffuse Note, weshalb es auch keine konkrete Benennung des Kriegs gibt. Dafür beschäftigt sich Riaz mit der Kunst, wenngleich das zuweilen etwas fragwürdig ist. Wenn Vincent beispielsweise zu definieren versucht, was Kunst überhaupt ist, und Aliz vorwirft, nur die Lieder anderer zu spielen, dann muss man diese Ansicht nicht teilen. Es ist auch etwas herablassend. Doch trotz dieser vereinzelten Mängel ist The Glassworker ein schönes Debüt geworden, dem nicht nur weitere internationale Auftritte zu wünschen wären, sondern auch weitere Filme, die diesen vielversprechenden Weg fortsetzen.
OT: „The Glassworker“
Land: Pakistan
Jahr: 2024
Regie: Usman Riaz
Drehbuch: Usman Riaz, Moya O’Shea
Musik: Carmine Diflorio
Animation: Mano Animation Studios
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