Zwar sind Marion (Laura Tonke) und Andi (Moritz Bleibtreu) schon eine ganze Weile getrennt. Dennoch sind sie regelmäßig in Kontakt, schließlich wollen sie trotz der Umstände ihren Sohn Milan (Valentin Thatenhorst) gemeinsam aufziehen. Das klappt mal besser, mal schlechter – aktuell eher schlechter. Aber dafür steht ja der Urlaub in Italien an, wo sie einige Versäumnisse nachholen wollen. Einfach ist das nicht. Nicht nur, dass ihre Erziehungsmethoden doch recht unterschiedlich sind. Marion hat zudem ihren neuen Freund dabei, den jüngeren Fitnesstrainer Robin (David Kross), was Andi gar nicht in den Kram passt. Während die beiden versuchen, den Jungen wieder auf die richtige Bahn zu bringen, lernt dieser Mila (Aennie Lade) kennen, die mit ihrer Familie auf dem Campingplatz nebenan Urlaub macht …
Der Kampf mit der Erziehung
In seinen Geschichten erzählt Alireza Golafshan gern von Menschen, die sich in einer Umbruchsphase befinden. So ging es in seinem Debütfilm Die Goldfische (2019) um einen Portfolio-Manager, der nach einem Unfall querschnittsgelähmt ist und einen Weg finden muss damit umzugehen. In JGA: Jasmin. Gina. Anna. (2022) lernen wir eine junge Frau kennen, die lernen muss, endlich über ihren Verflossenen hinwegzukommen. Nun liegt mit Alles Fifty Fifty das dritte Werk des Filmemachers vor. In diesem ist ebenfalls eine Trennung nicht ganz verarbeitet. Theoretisch ist die Familiensituation zwar geklärt. Aber dann gäbe es ja keine Geschichte, weshalb im Laufe des Urlaubs bald doch wieder alles im Chaos endet und sich plötzlich niemand mehr wirklich sicher ist.
Die Komödie verfolgt dabei mehrere Stränge auf einmal. Zunächst sieht es danach aus, als läge der Fokus auf der Erziehung des Jungen, die offensichtlich trotz bester Absichten nicht so geklappt hat wie gedacht. Davon ist dann zwar einiges übertrieben, schließlich soll das Publikum über diese Figuren lachen. Dennoch spricht Alles Fifty Fifty Punkte an, die eine sehr universelle Qualität haben. Es ist ja schon nicht einfach, sich immer einig zu sein, solange man noch ein Paar ist. Nach der Trennung, wenn der Druck zu Kompromissen nachlässt, wird es endgültig zu einer Mammutaufgabe. Der Film räumt dabei mit unrealistischen Vorstellungen auf, die sich in der Theorie gut anhören, letztendlich aber an der Praxis scheitern. Milan hat ja nicht einmal schwimmen gelernt, ohne dass es jemand mitbekommen hätte.
Voller Spielfreude ins Chaos
Das Thema der Erziehung rückt mit der Zeit jedoch zunehmend in den Hintergrund. Stattdessen zückt Golafshan einen ganzen Strauß an Themen. Mal geht es um die erste Liebe des Jungen, mal um die Rivalität der beiden Männer, mal um verschiedene Familienkonzepte – wozu die Camper von nebenan herbeigezogen werden. Vor allem aber wird das Verhältnis zwischen Marion und Andi neu definiert. Leider zeigt sich Alles Fifty Fifty an der Stelle schon recht konventionell. Anstatt innerhalb dieser Konstellation nach Alternativen zu schauen, läuft dann doch alles auf eine Rekonstruktion des Status Quo hinaus. Unterwegs haben die Figuren dann zwar schon ein wenig hinzugelernt, über sich selbst wie auch das Miteinander. Revolutionäre Erkenntnisse sind dabei aber kaum herausgesprungen, weshalb das Ende weniger interessant ist als der Anfang.
Dafür macht die Komödie, die auf dem Filmfest München 2024 Premiere feierte, Spaß. Zwar zündet nicht jeder Gag, später nehmen die Versuche zugunsten von mehr Besinnlichkeit sowieso ab. Aber es sind im Laufe der knapp zwei Stunden doch genügend, um unterhalten zu werden. Da sind eine Reihe schöner Einfälle dabei, die Laune machen. Außerdem kann sich Golafshan auf sein tolles Ensemble verlassen, das ihm mit großer Spielfreude durch das Chaos folgt. Wer auf der Suche nach einer sommerlichen Komödie ist, die Humor mit Herz verbindet, ist bei Alles Fifty Fifty daher an einer guten Adresse.
OT: „Alles Fifty Fifty“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Alireza Golafshan
Drehbuch: Alireza Golafshan
Musik: Carlos Cipa
Kamera: Matthias Fleischer
Besetzung: Moritz Bleibtreu, Laura Tonke, Valentin Thatenhorst, David Kross, Axel Stein, Aennie Lade, Jasin Challah, Ramona Kunze-Libnow
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