Wer sich für das Thema Architektur interessiert, wird regelmäßig im Kino bedient. Dabei sind es primär Dokumentarfilme, welche uns vergangene oder zeitgenössische Größen der Baukunst näherbringen. Dieses Jahr gab es da beispielsweise Kraft der Utopie – Leben mit Le Corbusier in Chandigarh, welches von einem Projekt des gleichnamigen schweizerisch-französischen Stararchitekten in Indien erzählte und was von diesem Jahrzehnte später geblieben ist. E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer wiederum erinnerte an eine irische Kollegin, die sich als eine der ersten Frauen in diesem Bereich einen Namen machte. Wer Interesse an solchen Werken hat, für den kommt nun Bernhard Hoetger – Zwischen den Welten, der das Leben und Wirken des deutschen Künstlers Bernhard Hoetger Revue passieren lässt.
Zwischen Kunst und Anbiederung
Der Name dürfte vielen vermutlich nicht mehr viel sagen. Dabei ist es durchaus eine spannende Lebensgeschichte, welche Regisseurin und Drehbuchautorin Gabriele Rose da ausbreitet. Das betrifft zum einen die künstlerische Seite. So war Hoetger vielseitig interessiert, nahm die unterschiedlichsten Einflüsse auf. Er selbst galt als ein Vertreter des Expressionismus, wobei er einen eigenen Zugang zu all dem suchte. Bernhard Hoetger – Zwischen den Welten stellt dabei einige seiner Werke vor, darunter auch das berühmte Haus Atlantis, das 1930/1931 in der Bremer Böttcherstraße nach Entwürfen von Bernhard Hoetger erbaut wurde. Neben seinen Architekturarbeiten fertigte er aber auch Skulpturen an, malte zudem.
Der Film betont dabei die Kunstfertigkeit Hoetgers, verschweigt aber auch die weniger vorzeigbaren Seiten nicht. So trat der Deutsche in den 1930ern der NSDAP bei. Mehr noch, er versuchte sich dieser anzubiedern, indem er völkisch-nordische Elemente aufnahm, in der Annahme, damit zu gefallen. Aber es kam anders: Anstatt zu einem bevorzugten Künstler des Reiches zu werden, wurde er verstoßen, seine Kunst als entartet gebrandmarkt und teilweise zerstört. Irgendwann wurde er sogar aus der Partei ausgeschlossen, er wurde zu einem Heimatlosen, der gezwungen war, das Land zu verlassen. Inwieweit er der Ideologie des Nationalsozialismus zustimmte, wird dabei nicht klar. An einer Stelle heißt es in Bernhard Hoetger – Zwischen den Welten zwar, dass er wohl mit den Ideen sympathisierte. Weiter ausgeführt wird das aber nicht.
Viel Stoff, langweilig umgesetzt
Bei der Umsetzung setzt der Film auf eine Mischung aus Experteninterviews und nachgestellten Szenen. In Letzteren spielt der besonders aus dem Fernsehen bekannte Moritz Führmann (Führer und Verführer, Spuk unterm Riesenrad) den Protagonisten. Er spricht auch die Texte, die als Voice over eingebaut wurden und die auf originalen Zitaten basieren. Neben ihm kommen noch ein paar andere namhafte Kollegen und Kolleginnen vor. Bemerkenswert ist, dass Florian Lukas den deutschen Maler Heinrich Vogeler verkörpert, wie schon zwei Jahre zuvor in Heinrich Vogeler – Aus dem Leben eines Träumers, einem weiteren Mix aus Dokumentation und Spielfilm. Allerdings muss man sagen, dass die gespielten Szenen in Bernhard Hoetger – Zwischen den Welten trotz der talentierten Besetzung weniger Eindruck hinterlassen. Dafür wirken sie zu gekünstelt und leblos.
Insgesamt ist dieses Dokudrama nicht der ganz große Wurf geworden. Man erfährt natürlich schon einiges, wenn sich Rose chronologisch an dem Leben des umstrittenen Künstlers abarbeitet. Wer vorher nichts über diesen wusste, kann im Anschluss zumindest mitsprechen. Doch trotz der spannenden Werke kommt beim Anschauen selbst keine Spannung auf. Zwar wurde bei Bernhard Hoetger – Zwischen den Welten schon viel Zeit in die Recherche investiert, in der Hinsicht kann man wenig vorwerfen. Aber das Material ist so steif präsentiert, dass man sich das irgendwie auch hätte sparen können. Man kommt auch dem Menschen nicht so wirklich nah, der zwar dauernd zu sehen und zu hören ist oder über den gesprochen wird, der in seiner Widersprüchlichkeit aber kaum erfasst wird.
OT: „Bernhard Hoetger – Zwischen den Welten“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Gabriele Rose
Drehbuch: Gabriele Rose
Kamera: Patrick Popow
Besetzung: Moritz Führmann, Katharina Stark, Florian Lukas, Esther Maria Pietsch, Clément Guyot, Ulrich Gebauer
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