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© Shanna Besson/Why Not Productions

Bruder und Schwester

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„Bruder und Schwester“ // Deutschland-Start: 17. Juli 2024 (arte)

Inhalt / Kritik

Viele Jahre schon haben sich Louis (Melvil Poupaud) und Alice Vuillard (Marion Cotillard) nicht mehr wiedergesehen. Und wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätte sich daran auch nichts geändert. Denn obwohl die beiden Geschwister sind, können sie nicht miteinander, hassen sich gegenseitig abgrundtief. Doch als ihre Eltern in einen Unfall auf der Landstraße verwickelt werden und sich dabei lebensgefährlich verletzen, lässt sich das Aufeinandertreffen nicht weiter verhindern. Romanautor Louis, der mit seiner Frau Faunia (Golshifteh Farahani) zurückgezogen auf dem Land lebt, kehrt in seine alte Heimat zurück und trifft dort nicht nur seinen Bruder Fidèle (Benjamin Siksou) wieder, sondern eben auch die als Schauspielerin erfolgreiche Alice – und damit Wunden, die er sein Leben lang mit sich herumträgt …

Spurensuche in der Vergangenheit

Es gehört zu den immer wieder beliebten Motiven: Eine Hauptfigur kehrt wegen eines äußeren Anlasses in die alte Heimat zurück und muss sich dort mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Das können Hochzeiten sein oder Familienfeiern, Weihnachten beispielsweise. Hoch im Kurs stehen aber vor allem Todesfälle, siehe etwa Manchester by the Sea oder auch Im August in Osage County. Grundsätzlich geht Bruder und Schwester in eine ganz ähnliche Richtung, auch wenn hier der Tod erst noch bevorsteht und erst einmal „nur“ ein Unfall ansteht. Der eigentliche Unterschied bei dem französischen Drama besteht aber darin, wie diese Auseinandersetzung aussieht. Wo die meisten solcher Filme sich geradlinig auf ein Ziel fortbewegen, da wird es hier chaotisch.

Das betrifft beispielsweise die Erzählstruktur. So gibt es Szenen, in denen eine der beiden Figuren das Geschehen kommentiert und dabei direkt in die Kamera spricht. Auffällig ist zudem, dass Bruder und Schwester auf eine durchgängige Chronologie verzichtet. Da ist natürlich die Haupthandlung, welche in der Gegenwart das Aufeinandertreffen der beiden Geschwister verfolgt. Regisseur und Co-Autor Arnaud Desplechin (Täuschung, Ismaels Geister) unterbricht das Geschehen regelmäßig, um einen Blick auf vergangene Ereignisse zu werfen. Grundsätzlich ist das nachzuvollziehen, da es in dem Film schon auch um die Frage geht, weshalb es zu einem solchen Zerwürfnis kommen konnte. Und die Antwort liegt nun einmal in der Vergangenheit begraben, muss es sein, so wie immer eben.

Faszinierend, aber anstrengend

Oder auch nicht. So wirklich scheinen sich Desplechin und Julie Peyr, die gemeinsam das Drehbuch geschrieben haben, sich nicht dafür zu interessieren, was denn der Anlass war. Hinweise streuen sie zwar schon ein, da geht es dann beispielsweise um Eifersucht, als die beiden Geschwister jeweils eine künstlerische Laufbahn einschlagen. Eine schlüssige Antwort bleibt das Drama, das 2022 im Wettbewerb von Cannes Weltpremiere hatte, aber schuldig. Wer sich erhofft, die psychologischen Feinheiten dieser Beziehung würden herausgearbeitet, ist bei Bruder und Schwester an der falschen Adresse. Da ist die französische Comic-Adaption Juliette im Frühling etwa, bei dem ebenfalls ein schwieriges Verhältnis zwischen Geschwistern thematisiert wird, das deutlich überzeugendere Werk.

Wobei Bruder und Schwester aber einen großen Trumpf hat: die Besetzung. Wenn sich Melvil Poupaud (Ein Glücksfall) und Marion Cotillard (Die Fotografin) gegenseitig die unmöglichsten Vorwürfe an den Kopf werfen, muss man das nicht nachvollziehen können. Mögen noch viel weniger, die egozentrischen Geschwister können einem schon sehr auf die Nerven gehen. Faszinierend sind diese Exzesse aber schon, die beiden französischen Schauspieltalente halten sich zu keiner Zeit zurück und geben sich einer Eskalation hin, die irgendwann in Hysterie umkippt. Das wird sicherlich nicht allen gefallen. Tatsächlich waren die Reaktionen seinerzeit ziemlich gemischt, Desplechin macht es dem Publikum alles andere als einfach, sich mit den Hasssüchtigen zu identifizieren. Eindruck hinterlässt das Drama aber auf jeden Fall.

Credits

OT: „Frère et soeur“
IT: „Brother and Sister“
Land: Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Arnaud Desplechin
Drehbuch: Arnaud Desplechin, Julie Peyr
Musik: Grégoire Hetzel
Kamera: Irina Lubtchansky
Besetzung: Melvil Poupaud, Marion Cotillard, Golshifteh Farahani, Patrick Timsit, Benjamin Siksou

Bilder

Trailer

Filmfeste

Cannes 2022

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Bruder und Schwester
fazit
„Bruder und Schwester“ erzählt von zwei Geschwistern, die sich seit vielen Jahren abgrundtief hassen. Die Erklärung hierfür ist dürftig, zudem können einem die beiden mit ihrer Hysterie auf die Nerven gehen. Aber es ist schon faszinierend, was hier gezeigt wird, auch wegen eines Ensembles, das kein Halten kennt.
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