In Spieleabend(ab 12. Juli 2024 auf Netflix) ist Dennis Mojen in der Rolle von Jan gesehen, einem jungen Fahrradhändler, der kürzlich mit Pia (Janina Uhse) zusammengekommen ist. Nachdem die beiden viel Zeit miteinander verbracht haben, steht nun die Feuertaufe an: Jan soll Pia zu einem Spieleabend ihrer Clique begleiten. Ein bisschen nervös ist er schon, weil er nicht genau weiß, was ihn erwartet. Andererseits: Was soll schon groß geschehen? Eine Menge, wie sich bald herausstellt. Was als netter gemeinsamer Abend gedacht war, eskaliert zunehmend und führt zu einem großen Chaos – vor allem, als Pias Exfreund auftaucht und sich einen Wettstreit mit dem Neuankömmling liefert. Wir haben Dennis bei der Premiere auf dem Filmfest München 2024 zum Interview getroffen und uns mit ihm über die Arbeit an der Komödie, seine eigenen Spielerfahrungen und gemeinschaftliches Arbeiten gesprochen.
Warum hast du den Film gedreht? Was hat dich an Spieleabend gereizt?
Uns war von Anfang an klar: Wenn wir mit dem Film unterhalten wollen, dann geht das nur, wenn wir Spaß haben. Wenn wir Spaß haben, werden die Zuschauer auch Spaß haben. Das ganze Projekt war deshalb wie eine einzige Feier für uns. Spieleabend ist ja ein Ensemblestück und wir waren so viel beieinander, dass wir glaube ich alle noch monatelang davon gezehrt haben. Das stand für uns im Fokus. Es ist ja nicht so, dass unser Film einen politischen Diskurs führt. Wir wollten unterhalten und ein bisschen Leichtigkeit ins Leben bringen.
Dann kommen wir auf deine Figur zu sprechen. Wen spielst du? Wie würdest du ihn beschreiben?
Ich spiele Jan. Jan steht so richtig in seinem Leben, fühlt sich auch wohl in seinem Leben. Er kommt aus eher einfachen Verhältnissen und hat sich mit seinem besten Freund Alex einen Fahrradladen aufgebaut, der so weit ganz gut läuft. Dann lernt er Pia kennen und verliebt sich in sie. Ab da beginnt sich alles für ihn dramatisch zu verändern, ohne dass er das eigentlich wollte. Das ist auch ein bisschen die Tragik in der Komödie: Das eigene Leben wird komplett verändert durch eine Gruppe von Leuten, mit denen man eigentlich nichts zu tun hätte. Eine Gruppe, die sich moralisch auf der richtigen Seite sieht, ohne zu merken, wie judgy sie ist. Jan ist das nicht. Er ist offen und geht auf die Menschen zu, egal wer sie sind, woher sie kommen und wie sie aussehen. Das ist Jan völlig egal. Und das gefällt mir an ihm.
Du hast eben zwar gemeint, dass der Film nicht politisch ist. Da ist aber schon das Element, dass er aus einfachen Verhältnissen kommt und sich schwer tut in einer Gruppe, die in ganz anderen Sphären unterwegs ist. Sind solche Klassenunterschiede deiner Meinung nach heute noch ein Thema?
Ja, definitiv. Ich habe sogar das Gefühl, dass dieses Ungleichgewicht in der Welt noch nie so stark war wie heute. Dass es da Ungerechtigkeiten gibt und die Reichtümer, wie wir sie heutzutage erleben, so einseitig wie nie verteilt sind. Es gibt eine sehr sehr sehr kleine Riege an sehr sehr sehr reichen Menschen, während die große Masse sehr viel weniger hat. Unser Film behandelt jetzt zwar nicht dieses Thema. Er behandelt aber schon, wie es ist, wenn du aus einer anderen Schicht kommst und die Leute dich spüren lassen, dass du „nur“ einen Fahrradladen hast, anstatt Zahnarzt, Akademiker oder Jurist zu sein. In der Gesellschaft ist das schon noch ein Thema, klar.
Wie sehen deine Erfahrungen in der Hinsicht aus? Warst du schon einmal in der Situation, dich in einem ganz anderen Umfeld zurechtfinden zu müssen?
Als Kind bin ich mit meiner Familie, oft innerhalb Deutschlands, umgezogen. Von daher habe ich mich nirgends wirklich zu Hause gefühlt, war in verschiedenen Schulklassen in verschiedenen Städten unterwegs und musste jedes Mal neue Freundeskreise finden. Da habe ich früh gelernt, mich zu integrieren und anzupassen, aber auch wie wichtig es ist, diese Schritte zu gehen. In Hamburg habe ich in Blankenese Fußball gespielt, bin in Altona zur Schule gegangen und hatte im Osdorfer Born Freunde. Ich habe mich mit allen gleich gut verstanden. Es ging mir von Anfang an nie um die soziale Herkunft, sondern darum, ob mir die Person mit Respekt begegnet. Das ist einfach wichtig. Und das ist auch etwas, wo Jan und ich unglaubliche Parallelen haben. Aber ich muss auch dazu sagen: Jedes Mal, wenn ich versucht habe, diese verschiedenen Freundeskreise zusammenzuführen, ist das in einer absoluten Katastrophe geendet.
Solche Anpassungen brauchst du auch in einer Beziehung, wenn du dich auf jemanden einstellen musst und Kompromisse eingehst. Das spielt in Spieleabend eine große Rolle, wenn Jan Pia zuliebe etwas Neues ausprobiert. Aber wie weit sollte man dabei gehen? Wo liegt die Grenze zwischen Anpassung und einer Selbstaufgabe?
Oh, diese Frage ist spicy. Gesetzt den Fall, man lernt einen Menschen kennen, in den man sich verliebt, dann ist es meiner Meinung nach schon wichtig, dass du bereit bist, Kompromisse einzugehen. Wenn du dich mit deinem Partner oder deiner Partnerin einigen kannst, dass ich Rock’n’Roll höre und du Jazz, wunderbar, dann haben wir einen Kompromiss. Du hast dann etwas, womit du arbeiten kannst. Und du musst immer an einer Partnerschaft arbeiten und dich kontinuierlich anpassen, wenn du willst, dass sie funktioniert. Wenn es aber darauf hinausläuft, dass man auf jedes Rock’n’Roll- oder Jazz-Konzert mit muss und so tun muss, als wäre das ganz, ganz toll, dann wird da für mich eine Grenze überschritten.
Kommen wir zum Thema Spielen. Jan hat es zumindest anfangs nicht so damit. Wie sieht es bei dir aus? Bist du ein Spieler?
Ich spiele Schach. Ich habe ganz früh schon mit meinem Großvater Schach gespielt. Und dabei viel verloren, aber das ist die beste Schule. In der Jugend habe ich auch viel Fußball gespielt. Inzwischen nicht mehr so, man wird da doch älter und der Körper macht das nicht mehr alles mit. Deswegen ziehe ich jetzt Sachen vor, die weniger schädlich für die Gelenke sind. Schach macht mir tatsächlich bis heute noch viel Freude.
Und Gesellschaftsspiele wie im Film?
Das weniger. Ich habe früher sehr gerne Monopoly gespielt. Oder auch UNO oder Mensch-ärger-dich-nicht. Die Klassiker eben. Aber mit dem Älterwerden hat sich das irgendwie nicht mehr so ergeben. Ich muss aber sagen: Durch unseren Film, weil wir uns auch einmal im Privaten getroffen haben und einen Abend lang Spiele gespielt haben, bin ich schon wieder auf den Geschmack gekommen. Das war unfassbar witzig. Und seither denke ich mir, ich müsste das einmal wieder organisieren. Aber du weißt, wie das ist: Irgendwie kommt immer etwas dazwischen. Du musst erst einmal Raum und Zeit finden.
Es gibt bei Spielen die unterschiedlichsten Typen. Bei manchen geht es darum, mit anderen etwas zu erleben. Andere sind konfrontativer, dort musst du andere besiegen in Form eines Wettbewerbs. Was ist mehr deine Richtung?
Das kommt wirklich auf das Spiel an. Beim Fußball wollte ich schon gewinnen. Wenn ich einmal anfange, will ich auch gut darin sein. Bei Schach ist es auch so. Das wäre langweilig, wenn ich nicht versuchen würde zu gewinnen. Mir persönlich würde es keinen Spaß machen, wenn wir beide jetzt eine Partie Schach spielen würden und du entblößt den König, damit ich ihn schlagen kann. Bei unserem internen Spieleabend war mir das hingegen egal. Da ging es mir mehr darum, mit anderen Spaß zu haben und zu lachen. Ich verliere dann sogar gerne, wenn es andere glücklich macht.
Weitere Spieleabend mit den anderen aus dem Cast sind aber nicht geplant?
Leider bisher nicht. Wir haben eine gemeinsame Chat-Gruppe, in der erstaunlich wenig Interaktion stattfindet. Da haben wir einmal grob ins Auge gefasst, im Rahmen der Promo was zu machen. Aber es ist einfach schwierig, wirklich alle unter einen Hut zu bekommen.
Du hast von eurer gemeinsamen Zeit beim Dreh gesprochen. Schauspielen ist im Hinblick auf das Gemeinschaftliche ja so eine Sache. Auf der einen Seite arbeitest du eng mit anderen zusammen und bist auch darauf angewiesen, dass das alles harmonisch abläuft. Gleichzeitig stehst du in einer Konkurrenzsituation zu anderen, wenn ihr potenziell dieselben Rollen wollt. Wie sieht dieser Spagat bei dir aus?
Wenn ich zum Casting gehe, gönne ich in erster Linie mir selbst die Rolle. Da ist sich schon jeder selbst der Nächste. Ich glaube nicht, dass du beim Casting einen Schauspieler oder eine Schauspielerin triffst, der/die sagt „Ich würde mich mehr freuen, wenn X oder Y die Rolle bekommt statt mir.“ Das wäre völlig sinnlos. Ich bin vor etwa zwölf Jahren nach Berlin gezogen in der Vorstellung, dass du dort ein großes Miteinander erlebst. Dass wir uns alle gegenseitig pushen, weil wir in derselben Branche arbeiten und ganz tolle Sachen zusammen machen. Das passiert schon mal. Die Regel ist es aber nicht. Die Schauspielerei, wenn du sie hauptberuflich machst, kann ein sehr toughes Pflaster sein, bei dem du auch mal nicht so schöne Dinge erlebst. Es wäre schön, wenn es in unserer Riege ein größeres Miteinander gäbe, weil ich der Überzeugung bin, dass nur im Miteinander große Dinge erreicht werden können. Du wirst mich zum Beispiel nie sagen hören „mein neuer Film“. Wenn ich alleine einen Film machen würde, würde es ewig dauern. Und das wird auch nicht gut. Du kannst nur in einem Kollektiv, in dem sich alle gegenseitig supporten, anstatt sich Steine in den Weg zu legen, wirklich etwas erreichen. Ich selbst bin jemand, der auch am besten in einem harmonischen Umfeld funktioniert. Es geht auch anders, definitiv, du brauchst keine Harmonie für einen tollen Film. Aber wenn du mich persönlich fragst, dann ist ein harmonischer und respektvoller Umgang das Beste.
Vielen Dank für das Gespräch!
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