Viele Jahre hat Mux (Jan Henrik Stahlberg) im Wachkoma gelesen. Als er endlich wieder zu sich kommt, ist die Freude groß – aber auch die Verwirrung. Denn irgendwie hat sich die Welt seither ziemlich verändert, er versteht nicht wirklich viel von dem, was da gerade los ist. Eines ist jedoch gleichgeblieben: Es gibt Handlungsbedarf, jemand muss die unterdrückten Menschen befreien. Da trifft es sich doch gut, dass der selbsternannte Revolutionär wieder da ist, um endlich einmal richtig aufzuräumen. Mit seinem selbstgeschriebenen Manifest begibt er sich auf seine Mission. Tatsächlich gelingt es ihm, immer mehr Menschen um sich zu scharen, der Muxismus ist auf dem Vormarsch. Aber damit fangen die Probleme erst richtig an …
Fortsetzung der Kultsatire
Späte Fortsetzungen von Filmen? Sicher, die gibt es immer mal wieder. Da werden dann alte Blockbuster noch mal ausgegraben, um irgendwie von der Popularität zu profitieren, gern auch von der Nostalgie – was mal besser, mal schlechter funktioniert. Nun meldet sich auch Jan Henrik Stahlberg mit einer Fortsetzung von Muxmäuschenstill zurück. Nachdem der deutsche Schauspieler in den letzten Jahren in mehr oder weniger austauschbaren Fernsehproduktionen zu sehen war, darunter etwa Wilsberg: Blinde Flecken oder Ostfriesenwut, will er mit dem zweiten Teil wieder selbst etwas erzählen. Ein bisschen unerwartet ist das schon, es dürften nur wenige damit gerechnet haben. Umso mehr, da der Protagonist damals eigentlich gestorben war. Gleichzeitig ist eine Satire über einen politischen Weltverbesserer heute genauso aktuell wie vor zwanzig Jahren.
Zunächst gibt es die bekannten Witze, wenn jemand in einer sich veränderten Gesellschaft nicht zurechtkommt. Solche Fish-out-of-Water-Komik kennt man aus vielen Filmen, beispielsweise wenn jemand durch die Zeit reist. Interessanter ist MuxmäuschenstillX, wenn es um die Gegenwart an sich geht und die derzeitigen Probleme und Befindlichkeiten seziert werden. Schon 2004 setzte sich Stahlberg auf bissige Weise mit seinen Mitmenschen auseinander und verschonte dabei niemanden. Damals verrannte sich ein Weltverbesserer derart, dass er selbst zum Bösen wurde. Das kam an, auch dank eines cleveren Marketings, das auf Mundpropaganda und Teilhabe setzte. Die Politsatire wurde zu einem Kult. Aber wie das so ist mit einem Kultfilm: Es ist schwierig, an diesen anzuknüpfen und gleichzeitig etwas Neues anzubieten, zwischen Referenz und Eigenständigkeit.
Zu bekannt und müde
Im Grunde ist MuxmäuschenstillX dem Vorgänger schon ähnlich, wenn am Anfang wieder der gute Wille steht, die Geschichte dabei zunehmend eskaliert und man sich fragen darf, wo die Grenze verläuft zwischen gut und böse. Sicher, Stahlberg, der dieses Mal erneut Drehbuch und Hauptrolle übernahm und zudem auf den Regiestuhl wechselte, verknüpft das mit aktuellen Themen. Wenn ausgerechnet Mux, der alles auf den Kopf stellen will, als alter weißer Mann verunglimpft wird, als einer, der Teil des Systems ist, dann sind da schon lohnenswerte Spitzen dabei. Zumindest in der ersten Hälfte überwiegen dann auch die amüsanten Momente, ist auch von der Anarchie zu spüren, die den Vorgänger damals so sehr aus dem deutschen Massenangebot herausstechen ließ.
Dem zweiten Auftritt geht jedoch mit der Zeit merklich die Luft aus. Der Film ist dann doch mehr bemüht als wirklich inspiriert. Im Großen und Ganzen ist das schon irgendwie nett, die Komödie, die auf dem Filmfest München 2024 Premiere hatte, ist für ein paar Schmunzler gut. Doch so sehr der Protagonist darum kämpft, in der aktuellen Welt noch relevant zu sein, ist auch die Satire von Ermüdungserscheinungen geprägt. Da fehlen die Einfälle, mangelt es an eben jener Anarchie, die für sich in Anspruch genommen wird. In einer Zeit, in der es gesellschaftlich und politisch drunter und drüber geht, die Wut der Menschen für tiefe Verwerfungen gesorgt hat, ist MuxmäuschenstillX zu wenig. Trotz des Potenzials, das ein Update sicher hatte, gebraucht hätte es die Fortsetzung nicht.
OT: „MuxmäuschenstillX“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Jan Henrik Stahlberg
Drehbuch: Jan Henrik Stahlberg
Musik: Rainer Oleak
Kamera: Ralf Noack, Carolin Hauke, Philip Jestädt
Besetzung: Jan Henrik Stahlberg, Tilman Vellguth, Bettina Hoppe, Sophie Roeder
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