Eigentlich ist die Anwältin Alice Archer (Gemma Arterton) ja nicht so wirklich begeistert, als der Luxusauto-Verkäufer Robert (James Norton) beharrlich mit ihr zu flirten versucht. Doch irgendwann lässt sie sich darauf ein, charmant und gutaussehend ist der Fremde ja. Außerdem hat er Humor und ist eigensinnig, was ihr gefällt. Und so beginnen die beiden, sich regelmäßig zu treffen. Doch während die Gefühle sich zu vertiefen beginnen, wachsen in Alice, die aus beruflichen Gründen einen Hang zur Skepsis hat, auch Zweifel. Robert erzählt ihr nicht die ganze Wahrheit, so viel steht fest. Tatsächlich ist er ein Betrüger, der sich regelmäßig als Geheimagent ausgibt und auf diese Weise schon eine Reihe von Menschen getäuscht und an sich gebunden hat …
Die Geschichte eines besonderen Betrügers
Wir lieben doch alle Geschichten über Agenten und Agentinnen. Gerade im Kino haben diese eine lange Tradition, ob nun James Bond oder Ethan Hunt. Aber auch im Fernsehen waren die Menschen, die im Geheimen die Welt retten und dabei immer ihre Coolness bewahren, ständig zu Gast. Insofern wundert es nicht, dass auch abseits der Leinwände und Bildschirme die Faszination groß ist. Wer hat nicht insgeheim davon geträumt, selbst einmal ein derart aufregendes Leben zu führen? Robert Hendy-Freegard war nie Agent, arbeitete stattdessen als Barkeeper oder Autoverkäufer. Er besaß allerdings die Gabe, andere Leute das glauben zu lassen und an deren Sehnsüchte anzuknüpfen. Rogue Agent wirft einen Blick auf den Briten, der eine ebenso ungewöhnliche wie perfide Methode entwickelt hatte, andere Menschen auszunehmen.
Der Film macht daraus auch kein großes Geheimnis. Noch bevor wir zur Haupthandlung kommen, sehen wir den Charmeur dabei, wie er zwei Frauen und einen Mann dazu bringt, an mutmaßlichen Spionageaktionen teilzunehmen. Dies geschieht noch im Kontext potenzieller Anschläge der IRA, was der Geschichte sowohl ein zeitliches Setting wie auch eine gesellschaftliche Relevanz verleiht. Lange bleibt es aber nicht dabei. Der Hauptteil ist völlig frei von einer historischen oder auch örtlichen Verankerung. Dann geht es nur noch um das Psychologische, wenn wir mitansehen, was diese Spielchen bei den Figuren so anrichten. Teilweise ist Rogue Agent dabei sogar richtig tragisch, wenn die anderen Frauen im Leben des Betrügers ins Spiel kommen, die er systematisch ausgenutzt und zerstört hat. Der Stoff wäre auf jeden Fall für ein Drama geeignet. Theoretisch auch für eine Komödie: An manchen Stellen tritt Robert so dreist auf, dass man sich an Catch Me If You Can zurückerinnert fühlt.
Kein typischer Thriller
Stattdessen hat das Regie-Duo Adam Patterson und Declan Lawn einen Thriller aus dem Ganzen gemacht. Es ist allerdings einer, der sich nur schwer mit einem regulären Agententhriller vergleichen lässt. Da ist nicht nur die besagte frühe Enthüllung, dass es sich bei dem charmanten Mann mit der geheimen Identität um einen Betrüger handelt. Es fehlen zudem Elemente wie Verfolgungsjagden oder Schusswechsel. Zum Ende hin bringt Rogue Agent zwar schon noch eine Dringlichkeit hinein, wenn eines der Opfer tatsächlich in Gefahr schwebt. Man sollte in der Hinsicht aber nicht zu viel erwarten, der Film ist da doch eher genügsam, Action ist im Land der Illusion Mangelware.
Das heißt aber nicht, dass das Ergebnis langweilig ist. Die Entscheidung, eine Protagonistin zu zeigen, die sich nicht völlig dem Charmeur ausliefert, stellt sich da als richtig heraus. Immer wieder schwankt diese zwischen Vertrauen und Misstrauen, was zu einer Art Katz-und-Maus-Spiel führt. Der Film zeigt auf, wie selbst eine intelligente, selbstbewusste und bodenständige Frau auf Geschichten hereinfallen kann, was gleichzeitig tröstlich und erschreckend ist. Rogue Agent mag an einen sehr speziellen Fall angelehnt sein, hat dabei aber auch etwas über die menschliche Natur allgemein zu sagen. Gerade die Nebenfiguren, die sich in ihrer Sehnsucht nach Verständnis und Bedeutung einem Monster hingeben, ohne dies zu ahnen, können einem zu Herzen gehen.
OT: „Rogue Agent“
Land: UK
Jahr: 2022
Regie: Adam Patterson, Declan Lawn
Drehbuch: Michael Bronner, Adam Patterson, Declan Lawn
Vorlage: Michael Bronner
Musik: Hannah Peel
Kamera: Larry Smith
Besetzung: James Norton, Gemma Arterton, Shazad Latif, Marisa Abela, Edwina Findley, Julian Barratt
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