Sad Jokes
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Sad Jokes

Sad Jokes
„Sad Jokes“ // Deutschland-Start: 12. September 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Kann es traurige Witze geben? Selbstverständlich. Zum Beispiel, wenn niemand lacht. So ergeht es Joseph (Fabian Stumm), dem Filmregisseur, der eine Komödie schreiben will. Sein Produzent Gero (Godehard Giese) findet das Drehbuch überhaupt nicht witzig. Auch privat steckt Joseph in einer schwierigen Phase. Die Trennung von Marc (Jonas Dassler) hat er immer noch nicht überwunden. Und Sonya (Haley Louise Jones), seine beste Freundin, mit der er zusammen den kleinen Pino (Justus Meyer) großzieht, muss für zwei Monate in eine Klinik, um ihre schwere Depression zu therapieren.

In groben Zügen könnte man so den losen Faden von Fabian Stumms zweitem Spielfilm umreißen. Aber damit würde man dem Schauspieler und Regisseur kaum gerecht. Denn Sad Jokes ist tatsächlich eine Komödie, und zwar eine herzerfrischend spontane, die ganz unterschiedliche Tonlagen kennt und immer auch das reale Leben mit seiner Absurdität, seiner Tragik, seinen Sorgen und Ängsten in sich aufsaugt. Auf dem Filmfest München erhielt die neue Arbeit von Fabian Stumm gleich zwei Preise: den Förderpreis Neues Deutsches Kino für die beste Regie und den „Fipresci“-Preis der internationalen Filmkritik.

Ohne Schubladen

Ein gepflegtes Wohnzimmer, schwere Ledersessel, smartes Geplauder: Trotzdem fällt dem Produzenten fast die Kinnlade herunter, als Regisseur Joseph von seinem neuen Projekt erzählt. „Eine Komödie, ach ja?“ Ist das nicht das Schwerste von allen denkbaren Genres? Sekunden später hat sich der potenzielle Geldgeber gefasst. Er versucht, die leicht peinliche Lage zu entschärfen. Wenn sie gut seien, möge er Komödien, lässt der süffisant auftretende Machtmensch wissen. Mit welcher Art von Humor er denn rechnen dürfe? Schwarz, absurd, oder tragikomisch? Ein Schubladendenken, mit dem der Regisseur im Film wenig anfangen kann. Und das ist gut so. Denn auch Fabian Stumm, der Regisseur von Sad Jokes, liebt die Freiheit beim Filmemachen. Er nutzt sie zu hinreißend komischen, Slapstick artig überdrehten und tief anrührenden Tableaus, die sich wie Perlen an einer Schnur aufreihen.

Wie sein gefeiertes Debüt Knochen und Namen (2023) ist auch Sad Jokes inspiriert vom realen Leben, aber nicht autobiografisch. Die Wirklichkeit schimmert lediglich durch in einer verdichteten, überspitzten und in ihrer Absurdität zugleich wahrhaftigen Form. Schon allein deshalb, weil es sich hier tatsächlich um den zweiten Film handelt, vor dem die ganze Branche so sehr warnt. Weil die Erwartungen nach einem ersten Erfolg so hoch sind. Weil einem trotzdem das Geld nicht hinterhergeworfen wird. Weil man so lange warten muss, bis der Dreh endlich stattfinden kann. Fabian Stumm hat die warnenden Stimmen natürlich auch gehört und seine eigene Antwort darauf gefunden. Ohne Fördergelder zu beantragen, mit einem Vorschuss des Verleihs sowie mit eigenem Geld legte er los, vertraute auf seine Schauspieler- und Schauspielerinnen-Freunde. Das eingespielte Team drehte die leichtfüßige Komödie in konzentrierten 17 Tagen.

Magie pur

Man kann über den Film nicht sprechen, ohne eine magische Szene zu erwähnen. In ihr trifft Regisseur Joseph im Park seine Zeichenlehrerin Elin (Ulrica Flach), die aus Schweden stammt. Sie erzählt ihm, dass sie vor 20 Jahren, als junge Frau, unbedingt Schauspielerin werden wollte, was dann aber nicht geklappt hat. Joseph fragt sie, ob sie einen Monolog aus „Johanna von Orléans“ noch aufsagen könne, mit dem sie damals vorsprach. Sie tut es, erst ganz zögerlich, nach Worten suchend, auf Schwedisch. Aber schon bald verändert sich ihre Mimik, ihr ganzes Leben scheint in Stimme und Gesichtszüge einzufließen. Die Kamera fährt näher heran, als ahne sie, was nun passiert. Das reale Leben verschmilzt mit der Figur. So wie Johanna fühlt auch Elin, fühlt auch Ulrica Flach. Die Klage, der Zorn, die Verzweiflung über ein ungerechtes Schicksal brechen über sie herein wie eine Urgewalt, die das tiefste Innere erschüttert. Die knapp fünf ungeschnittenen Minuten gehören zu jenen Momenten des Kinos, die niemand planen kann, die so in keinen Skript stehen, bei denen plötzlich eine höhere Gewalt am Set auftaucht und puren Zauber über alles legt.

In seinem Wechsel unterschiedlicher Gefühlstemperaturen kommt Sad Jokes wie beiläufig daher, federnd leicht und so, als ob die Schauspieler improvisieren würden. Das Gegenteil ist natürlich der Fall, das Leichte bleibt auch hier das Schwerste. Trotzdem lädt der Film sein Publikum ein, sich zurückzulehnen und gar nicht darauf zu achten, wie viel Arbeit es eigentlich während gut 90 Minuten verrichtet. Denn auch wenn es kaum auffällt: Die Komödie ist gebaut wie ein Mosaik mit vielen Querverweisen und übergreifenden Motiven, die es gilt, zusammenzusetzen und quasi zu rekonstruieren. Gerade deshalb ist es so verblüffend, wie köstlich man sich etwa in den sketchartigen, oft ungeschnittenen Sequenzen amüsieren darf. Manche Schauspielerinnen (Anneke Kim Sarnau, Marie-Lou Sellem, Anne Haug) treten hier nur einmal auf, sind aber gleich mit ihrer vollen Persönlichkeit präsent, die zu köstlichen Kabinettstückchen führt.

Credits

OT: „Sad Jokes“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Fabian Stumm
Drehbuch: Fabian Stumm
Kamera: Michael Bennett
Besetzung: Fabian Stumm, Haley Louise Jones, Justus Meyer, Ulrica Flach, Jonas Dassler, Godehard Giese, Marie-Lou Sellem, Anne Haug, Knut Berger, Hildegard Schroedter, Nicola Heim, Anneke Kim Sarnau

Bilder

Trailer

Interview

Ihr wollt mehr über den Film erfahren? Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Regisseur und Hauptdarsteller Fabian Stumm zu sprechen. In unserem Interview zu Sad Jokes unterhalten wir uns über die Arbeit an der Tragikomödie, die Angst vor dem zweiten Film und die Suche nach Leichtigkeit.

Fabian Stumm [Interview]

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Sad Jokes
fazit
„Sad Jokes“ ist eine Komödie der verblüffend frischen Art, die ganz unterschiedliche Tonarten mischt, um in der Übertreibung die Wahrhaftigkeit des echten Lebens aufblitzen zu lassen. Fabian Stumm erzählt in seinem zweiten Spielfilm als Regisseur von Trennung und Verlust sowie vom ungewöhnlichen Familienmodell eines schwulen Mannes, der mit seiner besten Freundin ein Kind großzieht. Wie nebenbei schildert er auch, wie es ist, in Deutschland seinen zweiten Film zu machen.
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