Tetsuo The Iron Man
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Tetsuo: The Iron Man

„Tetsuo: The Iron Man“ // Deutschland-Start: 25. November 2011 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Auf dem Weg zur Arbeit wird ein Angestellter (Tomorowo Taguchi) von einer seltsamen Frau (Nobu Kanaoka) überfallen. Ihr Gesicht und ihr Körper sind entstellt, überall scheinen metallene Armaturen herauszuragen. Trotz seiner Versuche, sie abzuhängen, ist der Mann erfolglos und muss sich ihr in einer Bahnhofstoilette stellen. Als der Albtraum endlich vorüber ist, stellt er fest, dass er sich bei ihr infiziert haben muss, denn auch aus seinem Körper wachsen seltsame metallene Rohre oder Armaturen. Nach einer Weile ist er zurück in seinem Apartment, gemeinsam mit seiner Freundin (Kei Fujiwara), und er beschließt, dass er sich die Verfolgung nur eingebildet hat. Aber er hat sich zu früh gefreut, denn zu seinem Entsetzen und dem seiner Begleitung beginnen Rohre und Kabel aus seinem Körper zu wachsen und ersetzen letztlich sogar seine Geschlechtsteile.

Körper und Metall

Als Shinya Tsukamoto in den 1980ern seinem Vater von seinem Plan erzählte, einen Film zu drehen, fiel die Reaktion sehr negativ aus. Shinya war in den Augen des Vaters ein Versager und sollte die Finger von dem Projekt lassen, dessen Geschichte sich für seinen Erzeuger schon nicht sehr vielversprechend anhörte. Sein Sohn ließ sich jedoch nicht entmutigen und machte sich an die Dreharbeiten zu Tetsuo: The Iron Man, der das Fundament legte zu Tsukamotos Ruhm in und außerhalb seiner Heimat Japan und zudem noch zwei Fortsetzungen nach sich zog. Halb Body-Horror, halb Experimentalfilm ist der erste Tetsuo eine verstörende Parabel auf den modernen Menschen, auf unsere Faszination mit dem Gegenständlichen und der logischen Konsequenz, nach einer Symbiose mit diesem zu streben.

Wie in vielen seiner Filme ist Tsukamoto nicht nur hinter der Kamera tätig, sondern übernimmt auch eine der Rollen. In Tetsuo spielt er eine Figur, die in vielen Texten über den Film „Metal Fetishist“ genannt wird und die man als Erstes sieht, wie sie auf einem Schrottplatz nach passenden Metallteilen sucht, die er sich in einer schmerzhaften Prozedur in seinen Körper rammt. Dies ist ein Beispiel von vielen Sequenzen in Tetsuo, welche die Sichtung ästhetisch wie körperlich zu einer Herausforderung machen, aber die dem Publikum genau wegen dieser Eindringlichkeit im Gedächtnis bleiben. Selbst die Bilder des Films erscheinen weniger schwarz-weiß und ähneln mehr einer metallenen, kalten Oberfläche, die ebenso das Stadtbild Tokios in Tsukamotos erstem Spielfilm ausmacht. Die Figuren haben keine Namen, sie scheinen mit dieser Welt um sie herum verschmolzen zu sein, zumindest im Geiste, sodass die Symbiose nur die natürliche Folge eines Prozesses ist, der geistig schon vollzogen ist. Metall irritiert und wird mit Schmerz assoziiert, ist aber zugleich das Objekt einer Obsession, der sich Tsukamotos Figur nur allzu bewusst ist. Tetsuo zeigt in kalten, harten und brutalen Bildern den letzten Prozess einer Symbiose zwischen Mensch und Metall.

Der moderne Mensch

Im Grunde kann man Tetsuo als eine Neuinterpretation von Franz Kafkas Die Verwandlung betrachten. Die Familie, schon bei Kafka ein Spiegelbild der Umwelt des Protagonisten, wird in Tsukamotos Film ersetzt durch die Augen der Gesellschaft sowie die des Zuschauer, die mit Erschrecken, Schock und Ekel auf die Transformation des Helden blicken. Dabei ist die Metamorphose Ausdruck einer repressiven Umwelt, die Konformismus predigt und deren grau-metallenes Erscheinungsbild dies widerspiegelt. Der Körper als letzte Bastion der Individualität soll ausgemerzt werden, weshalb der Prozess der Assimilation von einer fast schon sexuellen Befriedigung begleitet wird. Tsukamoto zeigt seine Interpretation des modernen Menschen als Verbindung von Mensch und Metall, zwischen Verdrängung und sexueller Erfüllung, was Tetsuo mitnichten zu einem einfachen Film macht, aber zu einem beachtlichen Gesamtkunstwerk.

Credits

OT: „Tetsuo“
Land: Japan
Jahr: 1989
Regie: Shinya Tsukamoto
Drehbuch: Shinya Tsukamoto
Musik: Chu Ishikawa
Kamera: Shinya Tsukamoto, Kei Fujiwara
Besetzung: Tomorowo Taguchi, Kei Fujiwara, Shinya Tsukamoto, Nobu Kanaoka, Renji Ishibashi

Trailer

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Tetsuo: The Iron Man
fazit
„Tetsuo: The Iron Man“ ist ein bemerkenswertes Frühwerk von Regisseur Shinya Tsukamoto. Der Filmemacher erzählt vom modernen Menschen als Verbindung von Metall und Körper in teils verstörenden, teils faszinierenden und vielschichtigen Bildern.
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