Antonio (Antonio Albanese) liebt die Schauspielerei, liebt es auf der Bühne zu stehen und die großen Klassiker aufzuführen. Die Gelegenheiten dazu sind jedoch inzwischen äußerst spärlich. Tatsächlich ist er so erfolglos, dass er Pornos synchronisieren muss, um irgendwie über die Runden zu kommen. Da ist das Angebot, einen Theaterworkshop zu leiten, doch mal eine nette Abwechslung, auch wenn dieses einen Haken hat: Es geht um die Insassen eines Gefängnisses von Velletri. Davon lässt er sich nicht abhalten. Auch die geringe Resonanz bei den Häftlingen nimmt er in Kauf. Anfangs lässt sich praktisch niemand blicken, am Ende läuft es auf vier Männer hinaus, die sich darauf einlassen: Aziz (Giacomo Ferrara), Christan (Gerhard Koloneci), Damiano (Andrea Lattanzi) und Mignolo (Giorgio Montanini). Nach einem holprigen Start funktioniert die Zusammenarbeit überraschend gut, selbst die skeptische Gefängnisdirektorin Laura (Sonia Bergamasco) ist ganz angetan …
Komödie nach wahrer Geschichte
Ein kriselnder Schauspieler, der in einem Gefängnis einen Workshop leitet und mit den Insassen Warten auf Godot von Samuel Beckett eistudiert? Da dürfte bei manchen etwas klingeln. Tatsächlich erzählte vor einigen Jahren die französische Komödie Ein Triumph, die nach mehreren Festivalteilnahmen auch regulär in deutschen Kinos startete, eine nahezu identische Geschichte. Um ein Remake des besagten Films handelt es sich bei der italienischen Produktion Alles nur Theater? dennoch nicht, auch wenn die Vermutung naheliegt. Stattdessen haben beide Werke eine gemeinsame Quelle, die weder in Frankreich noch in Italien liegt. Genauer orientieren sich beide an einer realen Geschichte, die sich in den 1980ern in Schweden zugetragen hat und später in einem Dokumentarfilm aufbereitet wurde.
Da darf man sich natürlich fragen: Braucht es unbedingt noch einen weiteren Film, der die Geschichte erzählt? Ganz einfach ist das nicht zu beantworten. Ein bisschen redundant ist Alles nur Theater? schon, wenn man die französische Variante kennt. Schließlich wird hier nichts gezeigt, was man nicht schon kennt. Auch inszenatorisch oder schauspielerisch tut sich die italienische Komödie nicht wirklich hervor, da hätte schon mehr passieren können oder dürfen. Das macht die Geschichte aber nicht weniger erzählenswert. Wer mit der Vorlage nicht vertraut ist, bekommt hier dieselben Qualitäten geboten. Auch rund 40 Jahre nach den Ereignissen ist die eigenwillige Erfahrung des Schauspielers, der Insassen eines Gefängnisses eine neue Welt näherzubringen versucht, erstaunlich aktuell, da eine Reihe zeitloser Themen angesprochen wird.
Nicht neu, aber sympathisch
Da geht es beispielsweise um die Frage, inwieweit verurteilte Verbrecher eine zweite Chance bekommen sollten. Auch durch die Hintergrundgeschichten, die nach und nach über die Insassen geteilt werden, wird das Publikum daran erinnert, dass diese Leute mehr sind als ihr kriminelles Register. Dass hinter jeder Zelle ein Mensch steckt, mit einem eigenen Leben. Natürlich spielt auch Kunst eine große Rolle, wenn Alles nur Theater? sowohl über das konkrete Stück wie auch die Bedeutung künstlerischer Aktivität gesprochen wird. Für die Männer wird die Beschäftigung auf der Bühne zu einer Möglichkeit, sich auszudrücken und neue Seiten an sich selbst zu entdecken. Schließlich bedeutet dies, eine neue Welt zu entdecken, mit der sie unter anderen Umständen nicht in Berührung gekommen wären.
Zu viel Tiefgang sollte man davon dann aber doch nicht erwarten, Alles nur Theater? ist letztendlich ein Film, der mehr aufs Herz abzielt als auf das Gehirn. Auch dramaturgisch wird das Publikum nicht gerade gefordert. Selbst wer die Originalgeschichte nicht kennen sollte, wird über weite Strecken ziemlich genau vorhersagen können, was als nächstes geschehen wird. Mal wieder geht es um irgendwelche Underdogs, denen niemand etwas zutraut, die aber über sich selbst hinauswachsen und es so allen zeigen. Das typische Sportprogramm eben. Wen das alles nicht stört, findet bei der italienischen Produktion einen Film, der zwar nichts Neues zu bieten hat, aber doch recht sympathisch ist.
OT: „Grazie ragazzi“
Land: Italien
Jahr: 2023
Regie: Riccardo Milani
Drehbuch: Michele Astori, Riccardo Milani
Musik: Andrea Guerra
Kamera: Saverio Guarna
Besetzung: Antonio Albanese, Fabrizio Bentivoglio, Sonia Bergamasco, Giacomo Ferrara, Andrea Lattanzi, Vinicio Marchioni, Giorgio Montadini, Bogdan Iordachiou
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