Cuckoo
© Neon / Foto: Felix Dickinson
Cuckoo
„Cuckoo“ // Deutschland-Start: 29. August 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Als ihr Vater einen neuen Job in einem deutschen Ferienresort mitten in den Alpen übernimmt, ist Gretchen (Hunter Schafer) alles andere als begeistert. Nicht nur lässt sie ihr Zuhause in den USA hinter sich, das neue Haus ist zudem mitten im Nirgendwo und außer dem Resort selbst ist weit und breit kein anderes Gebäude. Um sich zu trösten, hört sie immer wieder die Mailbox ihrer bei einem Unfall um Leben gekommenen Mutter ab, nur um ihre Stimme zu hören. Als ihr der Inhaber der Ferienanlage, Herr König (Dan Stevens), einen Job an der Rezeption anbietet, ist dies für Gretchen eine gute Gelegenheit, um von ihrem neuen Zuhause wegzukommen und etwas Geld zu verdienen, damit sie bald wegziehen kann. Jedoch sind die Feriengäste reichlich seltsam und je länger Gretchen dort arbeitet, desto mehr fallen ihr die seltsamen Dinge auf, die sich dort ereignen. Immer mehr fühlt sie sich beobachtet und auf ihrem Weg zurück nach Hause von etwas verfolgt. Aber es ist nicht nur sie, die in Gefahr ist, denn auch ihr jüngere, stumme Schwester Alma (Mila Lieu) wird zunehmend bedroht.

Unheimliche Natur

Nachdem sein erster Spielfilm Luz international so viel Aufmerksamkeit erfuhr, war es für Tilman Singer eine Herausforderung, auf diesen Erstling einen ebenso guten zweiten Film folgen zu lassen. Die Gefühle, die ihn bei der Arbeit an Luz begleiteten, eine Mischung aus Angst und Hoffnung, sowie Berichte über Kuckuckskinder inspirierten ihn dann zu der Geschichte von Cuckoo, der, wie schon Luz, eine Mischung aus verschiedenen Genreelementen ist. Nach seiner Premiere auf der Berlinale 2024 wurde Cuckoo auf unterschiedlichen Filmfestivals gezeigt und kommt nun in die deutschen Kinos.

Die Natur ist im deutschen Mythen- und Märchenschatz schon immer ein Übergang in das Reich des Übernatürlichen und des Fantastischen. Im Horrorfilm findet man diese Idee ebenso vor, beispielsweise wenn in Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens der Geschäftsreisende Hutter eine Brücke überschreitet und damit den Einflussbereichs des unheimlichen Grafen Orlok beschreitet, der sogar alle Naturerscheinungen zu kontrollieren vermag. In dieser Tradition muss man Tilman Singers Cuckoo stellen, denn sowohl erzählerisch als auch formal spielt der Gegensatz der menschlichen Zivilisation und der Natur eine wichtige Rolle in der Geschichte, bereits vom ersten Moment an.

Wenn Gretchens Familie ihr neues Zuhause betritt, trennt eine riesige Glaswand sie von dem Wald und den Bergen, die von nun an wie eine unheimliche Kulisse wirken, eine Quell des Grauens sowie eine Metapher für die Isolation der von Hunter Schafer gespielten Heldin. Logik, Zivilisation und Vernunft sind ausgeschaltet, sobald man diese Natur betritt, was vielleicht erklären mag, warum Singer narrativ und visuell Einiges miteinander vermischt, um den Eindruck des Unberechenbaren zu vermitteln. Mal ist dies sehr ernst, fast schon tragisch, dann gibt es Szenen, die ironisch wirken, was insgesamt tonal sehr uneinheitlich wirkt. Wie schon Luz ist auch Cuckoo kein „einfacher“ Genrefilm und wird es seinem Publikum gewiss nicht einfach machen, aber faszinierend ist der Film immer wieder, vor allem dank dieser Mischung aus düsteren und schaurig-schönen Momenten.

Alice und der Herzkönig

Diese faszinierende Mischung, die Cuckoo eine sehr eigene Atmosphäre verleiht, wird unterstrichen durch das Ensemble, in erster Linie natürlich Hunter Schafer und Dan Stevens. Wie der Name ihrer Rolle schon andeutet, ist Schafers Figur eine, die mit ihrem auf Erklärbarkeit und Vernunft aufbauenden Erfahrungsschatz sich dieser fremden Umgebung stellt. Der Trieb auszubrechen ist ebenso stark wie der Drang, ein Zuhause zu haben, auch wenn dieses unwiederbringlich verloren ist. Gretchen erscheint mehr wie Lewis Carrols Alice, denn sie lernt schnell die Regeln dieser Welt und ihres Beherrschers, der dann auch noch Herr König genannt wird. Die Mischung aus dem Wunsch nach Flucht und dem nach einer Heimat spielt Schafer ebenso überzeugend wie die Lernphase ihrer Figur, die sich eine Bedrohung stellen muss, die außerhalb ihrer bekannten Welt liegt. Dan Stevens unterstreicht in Cuckoo sein Talent, sich nicht nur in Figuren, sondern auch deren Welt und Vorstellung, einzufühlen, sodass Herr König mit dem Nimbus der Verführers ausgestattet ist und zu einer Figur wird, die wie das männliche Pendant zur Herzkönigin wirkt.

Credits

OT: „Cuckoo“
Land: Deutschland, USA
Jahr: 2024
Regie: Tilman Singer
Drehbuch: Tilman Singer
Musik: Simon Waskow
Kamera: Paul Faltz
Besetzung: Hunter Schafer, Dan Stevens, Jessica Henwick, Marton Csókas, Jan Bluthardt

Bilder

Trailer

Interview

Ihr wollt mehr über den Film erfahren? Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Regisseur und Drehbuchautor Tilman Singer zu unterhalten. Im Interview sprechen wir über die Arbeit an Cuckoo und Märchen.

Tilman Singer [Interview]

Filmfeste

Berlinale 2024
SXSW 2024
Fantasia Film Festival 2024

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Cuckoo
fazit
„Cuckoo“ ist eine Mischung aus Horror-, Fantasy und Thrillerelementen. Tilman Singer vereint verschiedene Aspekte zu einem Film, der bestimmt nicht leicht einzuordnen ist, aber ungemein faszinierend ist, von der ersten bis zur letzten Minute. Das liegt unter anderem auch an den schauspielerischen Leistungen Hunter Schafers und Dan Stevens’.
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