Das Flüstern der Felder Chlopi The Peasants
© Plaion Pictures / Malgorzata Kuznik / Kateryna Ocheredko / Dominika Andrzejewska / Breakthrufilm
Das Flüstern der Felder Chlopi The Peasants
„Das Flüstern der Felder“ // Deutschland-Start: 12. September 2024 (Kino)

Inhalt / Kritik

Polen im späten 19. Jahrhundert: Jagna lebt gemeinsam mit ihrer Mutter Jagustynka in einem Dorf in einfachen Verhältnissen. Als die Frau von Boryna stirbt, dem reichsten Bauern der Gegend, wittert Jagustynka darin ihre große Chance. Warum nicht einfach ihre schöne Tochter verheiraten und damit endlich eine Perspektive erhalten? Boryna ist dem Ganzen auch nicht abgeneigt, ist glücklich über die Aussicht auf eine deutlich jüngere Braut. Schnell werden sich so alle Beteiligten einig. Alle bis auf Jagna, die kein Interesse daran hat und sich nicht verheiraten lassen will. Zumal sie pikanterweise auch eine Affäre mit Antek hat, dem verheirateten Sohn von Boryna. Aber auch die übrige Familie des Großgrundbesitzers ist wenig glücklich über dieses Arrangement, bedeutet dies doch, einen Teil des Erbes aufgeben zu müssen …

Ein Klassiker wird zum Animationskunstwerk

Hierzulande dürfte Die Bauern von Władysław Reymont eher weniger Leuten etwas sagen. In Polen kennt den vierbändigen Roman, der zwischen 1904 und 1909 erschienen ist, aber jedes Kind, zumindest dem Namen nach, da er lange zur Pflichtlektüre an den Schulen zählte. International machte er vor allem durch die Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis auf sich aufmerksam, den er 1924 erhalten hat. Insofern verwundert es nicht wirklich, dass er mehrfach verfilmt wurde, eine erste Fassung stammt von 1922, die aber verschollen ist. Mit Das Flüstern der Felder kommt nun eine andere Adaption zu uns, wird sogar in den Kinos gezeigt. Der veränderte Titel ist dabei kein Zufall, da die neue Version in mehrfacher Hinsicht in eine andere Richtung geht und einen eigenen Zugang sucht.

Der erste fällt sofort ins Auge: Der Klassiker erhält als Animationsfilm ein ganz neues Gesicht. Genauer hat das Ehepaar DK und Hugh Welchman wie schon in dem gefeierten Debütfilm Loving Vincent den Film mit realen Menschen gedreht, diese Aufnahmen anschließend übermalt. Das Flüstern der Felder sieht dann auch aus wie ein Gemälde, nur eben eines, das sich bewegt. Im Gegensatz zum ersten Film, bei dem es um das Leben von Vincent van Gogh ging, gibt es hier zwar keine wirklich inhaltliche Begründung, warum man das Medium Animationsfilm gewählt hat. Aber es ist erneut ein überwältigender Anblick, zumal die Szenen teilweise überraschend dynamisch sind. Wenn die Figuren beispielsweise beim Tanzen umherwirbeln, dann kann einem schon schwindlig werden. Rein visuell ist die polnisch-serbisch-litauische Coproduktion ein Kunstwerk, wie man es im Kino kein zweites Mal findet.

Nur Ausschnitt statt großem Porträt

Inhaltlich ist der Film weniger überwältigend. So mussten die Welchmans, die gemeinsam auch das Drehbuch geschrieben haben, notgedrungen die umfangreiche Vorlage stark zusammenkürzen. Wo der Roman auf vier Jahreszeiten verteilt zu einem Porträt des ländlichen Lebens in Polen wurde, konzentriert sich Das Flüstern der Felder auf die Geschichte der jungen Frau, die gegen ihren Willen verheiratet wird und um ihre Unabhängigkeit kämpft. Damit bleibt dann einiges von dem auf der Strecke, was die Vorlage auszeichnete. Zumal die Geschichte selbst auch nur bedingt interessant ist. Dass Frauen zwangsverheiratet werden, ist heutzutage doch eher unüblich, in den meisten Teilen der Erde zumindest. Bauern gelten heute auch nicht mehr unbedingt als der große Fang.

Das heißt aber nicht, dass das Drama, das 2023 auf dem Toronto International Film Festival 2023 Weltpremiere hatte, nicht auch einem heutigen Publikum etwas zu sagen hätte. So sind die Figuren komplexer, als man es auf den ersten Blick meinen könnte. Und auch wenn das Dorf in seiner Bedeutung reduziert wurde, bekommt man doch interessante Einblicke in die damalige Zeit, in die Rituale, aber auch gesellschaftliche Normen. Ob man Das Flüstern der Felder nun unbedingt die Wissenslücke nachholen möchte und den Roman liest, das darf zwar bezweifelt werden. Der Reiz liegt dann doch mehr in der Präsentation. Aber es ist doch schön, dass dieses mit so viel Aufwand über viele Jahre gedrehte Werk bei uns auf der großen Leinwand zu sehen sein wird, wo es ohne Zweifel auch hingehört.

Credits

OT: „Chlopi“
IT: „The Peasants“
Land: Polen, Serbien, Litauen
Jahr: 2023
Regie: DK Welchman, Hugh Welchman
Drehbuch: DK Welchman, Hugh Welchman
Vorlage: Władysław Reymont
Musik: Łukasz „L.U.C“ Rostkowski
Kamera: Radosław Ładczuk, Kamil Polak, Szymon Kuriata
Besetzung: Kamila Urzędowska, Robert Gulaczyk, Mirosław Baka, Sonia Mietielica, Dorota Stalinska, Ewa Kasprzyk, Cezary Łukaszewicz, Mateusz Rusin

Bilder

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Das Flüstern der Felder
fazit
„Das Flüstern der Felder“ nimmt den polnischen Romanklassiker „Die Bauern“ und macht daraus ein überwältigendes Animationskunstwerk. Auch wenn die zusammengestutzte Geschichte um eine junge Frau, die gegen ihren Willen verheiratet werden soll, mit dem Drumherum nicht mithalten kann, ist das Ergebnis doch ein sehenswertes Historiendrama.
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