Als die junge deutsche Ingenieurin Luna (Laura Berlin) in die französische Provinz reist, um dort einen Windpark zu errichten, ist das mit zahlreichen Problemen verbunden. Während manche in dem Dorf das Projekt als Chance wahrnehmen, stehen andere diesem ablehnend gegenüber. Colette (Elise Larnicol) beispielsweise möchte das traditionelle bäuerliche Leben bewahren, ihr Mann Guy (Aurélien Recoing) hingegen ist durchaus bereit, Teile seines Landes für den Windpark zu verkaufen, da er von seinen Einnahmen als Lavendelbauer kaum noch leben kann. Ihr 19-jähriger Adoptivsohn Lionel (Anthony Jeanne) ist sogar begeistert von der Fremden und den Veränderungen, die diese mitbringt, da er auf diese Weise endlich einmal etwas Abwechslung für sein eintöniges Dorfleben bekommt …
Ein Dorf im Wandel
Während grundsätzlich Konsens darüber herrscht, dass wir weg müssen von fossilen Brennstoffen und erneuerbare Energien brauchen, kann das Thema doch zu jeder Menge Streit führen. Vor allem Windräder sind oft erstaunlich emotional aufgeladen, wenn mit den unterschiedlichsten Argumenten gegen sie gewettert wird. Kein Wunder also, dass diese Konstrukte immer mal wieder in Filmen und Serien aufgegriffen werden, damit es zwischen den Figuren kräftig krachen darf. Bei Wie wilde Tiere etwa wird ein geplanter Windpark zum Katalysator, um einen Nachbarschaftsstreit endgültig eskalieren zu lassen. Auch bei dem Krimi Der Bozen-Krimi: Geheime Bruderschaft spielt ein solcher Windpark eine größere Rolle. Zumindest anfangs sieht es danach aus, als würde in Die Farbe des Windes das Projekt ebenfalls zum Symbol einer auseinanderbrechenden Gemeinschaft werden.
Tatsächlich beschreibt Regisseur und Co-Autor Noël Alpi in seinem Drama eine ländliche Gegend, die sich in einem Veränderungsprozess befindet. Dass das alte Leben nicht fortgeführt werden kann, ist zwar offensichtlich, auch wenn manche das nicht wahrhaben wollen. Nur, was ist die Alternative? Wie soll es sonst weitergehen? Dieses Thema wurde in den letzten Jahren sehr oft in Filmen angesprochen, besonders im dokumentarischen Bereich gab es da einiges. Die Farbe des Windes liefert darauf aber keine Antwort, gibt keine Richtung vor, sondern beschränkt sich auf das Beobachten. Wenn wir beispielsweise Colette in der Fabrik arbeiten sehen, ist schon fühlbar, dass da einiges im Wandel ist. Aber die Unsicherheit überwiegt, es ist eher ein diffuses Gefühl, als dass dieses Thema ausformuliert würde.
Zu viele Themen auf einmal
Das liegt auch daran, dass sich Alpi und Maïté Maillé, die gemeinsam das Drehbuch geschrieben haben, nicht wirklich entscheiden wollten, wovon sie eigentlich erzählen. Da ist der Windpark und die Veränderungen des Dorfes. Da sind vor allem aber auch die diversen zwischenmenschlichen Komponenten, welche die Geschichte bestimmen. Neben der Schwärmerei, welche der jugendliche Protagonist für die Ingenieurin empfindet, wird in Die Farbe des Windes auch das Verhältnis zwischen Colette und ihrem Adoptivsohn gezeigt. Ganz einfach ist das nicht, wenn sie ihn nicht ziehen lassen will, krampfhaft an ihm festhält. Das Unabhängigkeitsstreben des Jugendlichen geht damit zusätzlich in eine Comig-of-Age-Richtung.
Grundsätzlich ist es natürlich kein Problem, wenn ein Film mehrere Themen parallel behandelt. Eigentlich passt es sogar gut, einen jungen Mann an einem Wendepunkt seines Lebens zu zeigen, während sich auch sein Umfeld im Wandel befindet und niemand weiß, wohin die Reise geht. Bei Die Farbe des Windes wird das dann aber unbefriedigend, weil das Drama dabei nicht einmal wirklich etwas zu sagen hat. Irritierend ist beispielsweise, wie Lionel als irgendwie anders porträtiert wird, man aber nie wirklich erfährt, was denn wirklich mit ihm ist. Er wird nie richtig greifbar. Trotz vereinzelter guter Elemente wie etwa einer überzeugend auftretenden Elise Larnicol ist hier daher in der Summe einfach zu wenig zu holen.
OT: „Grand ciel“
Land: Frankreich, Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Noël Alpi
Drehbuch: Noël Alpi, Maïté Maillé
Musik: Ulrich Reuter
Kamera: Wilfrid Sempé
Besetzung: Anthony Jeanne, Elise Larnicol, Laura Berlin, Aurélien Recoing, Clément Clavel, Eléonore Alpi
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