Die Panik ist groß bei Giovanna (Monica Bellucci), als sie in einem Leichenschauhaus zu sich kommt, nachdem sie irrtümlich für tot erklärt wurde. Während sie anschließend mit ihrem Ehemann Rafael (Eduardo Noriega) wieder einen Weg in den Alltag sucht, stellt die ehemalige Opernsängerin bestürzt fest, dass sich niemand für ihr vermeintliches Ableben interessiert. Die Teenagerin Marie-Cerise (Charline Emane) will hingegen sterben, nachdem ein peinliches Video von ihr online gestellt wurde. Doch gerade, als sie sich umbringen will, wird sie von einem maskierten Mann entführt, der nicht weiß, worauf er sich einlässt. Badou (Gwendal Marimoutou), der bis vor Kurzem noch von einer Karriere als Leichenschminker träumte, findet als Make-up-artist beim Film eine neue Berufung – und verliebt sich dabei in den Stuntman Mike (Ben Aldridge). Und während der Moderator Edouard (André Dussollier) sich mit seiner Sterblichkeit auseinandersetzen muss und sich dabei mit dem trauernden Barkeeper Xavier (Alex Lutz) anfreundet, schert Dolorés (Rossy de Palma) nicht, dass ihr Zigaretten- und Alkoholkonsum ihr Tod sein werden – sehr zum Entsetzen ihrer Tochter Gloria (Martina Garcia) …
Zwischen Liebe, Humor und Tod
Gleich mit ihrem Debüt, dem gefeierten Animationsfilm Persepolis, der auf ihrer gleichnamigen Graphic Novel basiert und von ihrer Kindheit und Jugend während der Iranischen Revolution erzählte, feierte Marjane Satrapi ihren Durchbruch. Die ganz große Karriere wurde im Anschluss aber nicht draus, ihre späteren Filme erhielten nicht so wirklich viel Aufmerksamkeit. Dabei bewies die französisch-iranische Regisseurin, dass sie eine recht große Bandbreite hat und nicht daran interessiert ist, alten Erfolgen hinterherzulaufen. Da war beispielsweise The Voices (2014), ein wilder Mix aus Drama, Komödie und Horror um einen Mann, der sich einbildet, dass seine Haustiere mit ihm sprechen. In dem biografischen Drama Marie Curie – Elemente des Lebens (2019) wiederum setzte sie der gleichnamigen Wissenschaftlerin ein Denkmal. Nun meldet sich Satrapi mit Paris Paradies zurück und demonstriert dabei erneut, dass sie sich um Erwartungen nicht schert.
Der Titel lässt dabei auf eine kitschige Liebeskomödie schließen. Tatsächlich handelt es sich auch um eine Komödie, Liebe spielt zudem eine größere Rolle. Nur nicht so, wie man es vielleicht erwarten könnte. So handelt der Strang um den Visagisten, der einen Stuntman anhimmelt, schon von Liebe. Allerdings einer, die wenig Zukunft hat, hat der Traummann doch einen Sohn. Eine echte Liebe ist hingegen die zwischen Giovanna und Rafael. Nur hat die egozentrische frühere Sängerin keinen Blick dafür, sondern hadert mit ihrer gesellschaftlichen Bedeutungslosigkeit. Und wenn Xavier seiner toten Ehefrau hinterhertrauert, ist das auch nicht unbedingt der Stoff, aus dem Romanzen gemacht werden. Paris Paradies ist nicht unbedingt der Film, den man sich anschaut in der Hoffnung auf süße Berieselung, dafür sind die Themen letztendlich doch zu ernst, teilweise regelrecht tragisch – trotz des humorvollen Tons.
Charmant-unterhaltsam mit Macken
Manchmal hat der Film dadurch Probleme mit der Balance. Auch wenn die verschiedenen Geschichten oft irgendwie mit dem Tod zusammenhängen und es vereinzelt zu Überschneidungen kommt, wachsen die einzelnen Stränge nicht wirklich zu einer Einheit zusammen. Ebenfalls nicht ganz ausgeglichen ist die Gewichtung dieser Geschichten. So sind manche Stränge in Paris Paradies deutlich länger als andere. Zuweilen sind sie auch zu lang, zwischendurch zieht sich der Episodenfilm ein wenig. Da hätte man entweder noch ein bisschen kürzen können, andere Passagen dafür etwas vertiefen dürfen. Beispielsweise wird die Sache mit dem True-Crime-Moderator nie wirklich ausgearbeitet. Er taucht nur zwischendurch auf, um ein paar Lebensweisheiten rauszuhauen.
Überhaupt hat der Film trotz des morbiden Grundgerüsts eine erstaunlich lebensbejahende Ausrichtung. So geht es in allen Strängen darum, dass jemand in eine Krise gerät, zumindest aber an einem Wendepunkt ankommt. Ob es die Sängerin ist, die sich auf das Relevante besinnen muss, die todunglückliche Teenagerin, die ein Ventil für ihren Schmerz findet, oder auch der Witwer, der einer neuen Liebe die Chance gibt: Paris Paradies gibt den Figuren und damit auch dem Publikum etwas mit auf den Weg. Nicht immer ist die Herleitung wirklich überzeugend, manche Entwicklung ist schon sehr spontan. Der Beitrag vom Filmfest München 2024 ist aber schon nett, nimmt einen mit auf eine charmant-unterhaltsame Reise durch die französische Hauptstadt, wo einiges im Argen liegen mag, aber eben auch an jeder Ecke die Möglichkeit auf etwas Neues wartet. Man muss sich nur darauf einlassen.
OT: „Paradis Paris“
Land: Frankreich
Jahr: 2024
Regie: Marjane Satrapi
Drehbuch: Marjane Satrapi, Marie Madinier
Musik: Jean-Paul Mugel, Simon Poupard, Pierre-Jean Labrusse
Kamera: Maxime Alexandre
Besetzung: Monica Bellucci, Charline Balu-Emane, Rossy de Palma, Eduardo Noriega, Ben Aldrige, André Dussollier, Alex Lutz, Roméo Grialou, Gwendal Marimoutou, Roschdy Zem, Martina Garcia
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