Als der Arzt Dr. Matthew Nolan (Richard Armitage) nach einem medizinischen Kongress in Peking nach London zurückfliegt, freut er sich schon darauf, endlich wieder im eigenen Bett schlafen zu können. Nicht nur, dass es in China zu einer schmerzhaften Begegnung mit einem Türsteher in einem Club gekommen ist. Auch der lange Flug hat ihm zugesetzt. Umso größer ist der Ärger, als er beim Flughafen aufgehalten wird und er nicht weiter kann. Im Gegenteil: Er soll zurück nach China, wo ihm der Tod einer jungen Frau zum Vorwurf gemacht wird. Die englische Polizistin DC Hana Li (Jing Lusi), die selbst chinesische Wurzeln hat, soll ihn dabei begleiten, um nach dem Rechten zu sehen. Auch einige andere Teilnehmende des Kongresses sollen überraschend wieder zurück, um über den Vorfall auszusagen. Dabei ahnen sie nicht, was ihnen auf dem folgenden Flug bevorstehen wird …
Spannung über den Wolken
Flugzeuge sind doch immer wieder dankbare Settings in Thrillern, schließlich sind die Figuren dort den Gefahren hilflos ausgesetzt, können ihrem Schicksal kaum entkommen. Sie sind eingesperrt und müssen sich irgendwie aus dieser Situation wieder befreien. Und so hat es im Laufe der Jahre eine ganze Reihe von Filmen gegeben, in denen ein entsprechender Schauplatz gewählt wurde. Ob nun in Flightplan – Ohne jede Spur (2005) eine verzweifelte Mutter ihre Tochter sucht, in Non-Stop (2014) ein mysteriöser Erpresser über den Wolken sein Unwesen treibt oder in Emergency Declaration (2021) ein Terrorist ein tödliches Virus aussetzt, an Beispielen mangelt es nicht. Mit der britischen Serie Red Eye kommt nun ein weiterer Genrevertreter zu uns, der überwiegend an Bord eines Flugzeugs spielt. Zwar gibt es zu Beginn eine längere Passage, in der Nolan verhört wird. Später wechselt das Geschehen auch schon mal zu Ereignissen, die parallel auf dem Boden stattfinden. Das Meiste aber findet in der Luft statt.
Die Serie spielt dabei nicht ungeschickt mit dem Gefühl, Leuten ausgeliefert zu sein. Das betrifft nicht nur den Schauplatz, aus dem es kein Entkommen für den Arzt gibt. Es ist zudem klar, dass da jemand ein böses Spiel mit ihm spielt und er in China keinen fairen Prozess erwarten kann. In irgendwelchen Hinterzimmerdeals, bei denen auch die britische Regierung mitmischt, wird sein Schicksal entschieden. Der Einzelne spielt nun einmal keine Rolle, wenn es um größere Ziele geht: Reichtum und Macht. Dennoch darf man zu diesem Zeitpunkt noch gespannt sein, worum es eigentlich in Red Eye gehen soll. Dass Nolan kein Mörder ist, das ist zwar klar, nicht aber, was wirklich vorgefallen ist und warum die chinesische Regierung so sehr darauf besteht, die Teilnehmenden dieses Kongresses zurückzubeordern. Da muss noch mehr an allem dran sein. Nur was?
Zwischen Paranoia und Blödsinn
Der Ablauf der Handlung ist dabei ganz klassisch. Während zum einen die Gefahr immer weiter anwächst und damit auch die Zahl der Toten, muss unser gefangener Protagonist irgendwie Lichts ins Dunkel bringen. Das geht mit noch mehr Hinterzimmergeschichten einher, die ihn sowie das Publikum an allem zweifeln lassen sollen. Wem kann man hier noch trauen? Wer ist der Böse? Richtig überraschend fällt die Antwort dabei nicht aus. Diverse der Enthüllungen von Red Eye wird ein einigermaßen versiertes Publikum vorhersehen können. Manche tragen ihre finsteren Absichten geradezu demonstrativ vor sich her. Einiges wird natürlich erst im weiteren Verlauf klar. Dennoch: Wer gern rätselt, kommt nur zum Teil auf seine Kosten.
Hinzu kommt, dass vieles wieder völlig lächerlich geworden ist. Zwar ist Hauptdarsteller Richard Armitage (Wer einmal lügt, In ewiger Schuld) darum bemüht, seine Rolle und den ganzen Blödsinn als wirklichen Ernst zu verkaufen. Er schafft es aber nicht. Wer den Fehler macht, sein Gehirn zu Beginn nicht auszuschalten, wird immer wieder über unsinnige Szenen stolpern, die völlig konstruiert sind oder an den wenig nachvollziehbaren Handlungen der Figuren leiden. Wen das alles gar nicht stört, kann hiermit schon seinen Spaß haben. Mit sechs Folgen à 45 Minuten ist Red Eye zudem angenehm kurz gehalten, da bleibt nicht viel Zeit für Langeweile. Man darf aber keinerlei Ansprüche haben, das hier ist einer dieser reißerischen Thriller, die auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen. Das meiste hat man im Anschluss auch schnell wieder vergessen, selbst wenn es nicht ganz ohne Reiz ist, wenn sich eine chinesischstämmige britische Polizistin mit ihrem Erbe auseinandersetzen muss.
OT: „Red Eye“
Land: UK
Jahr: 2024
Regie: Kieron Hawkes
Drehbuch: Peter A Dowling, Jingan Young
Idee: Peter A Dowling
Musik: Ian Arber
Kamera: Ben Nott
Besetzung: Richard Armitage, Jing Lusi, Lesley Sharp, Jemma Moore, Dan Li, Cash Holland, Tai Yin Chan, Thomas Chaanhing
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