Nachdem Claude Barras in den ersten Jahren seiner Karriere noch mit verschiedenen Animationstechniken experimentiert hatte, war schon bei den späteren Kurzfilmen eine klare Präferenz zu sehen: Stop-Motion. Doch auch wenn die Werke auf ähnliche Weise entstanden sind, inhaltlich gibt es enorme Unterschiede. So ist The Genie in a Ravioli Can (2006) eine fantasievolle Komödie rund um einen einfachen Fabrikarbeiter, der einem Dschinn begegnet – in einer Raviolidose. Sainte Barbe (2007) erzählt eine stärker emotionale Geschichte, bei der es um die Beziehung von einem Jungen zu seinem Großvater ging. Mit Land of the Heads (2008) wechselte er ins Horrorfach, diesmal folgen wir dem komischen Abenteuer eines Vampirs, der seiner nörgelnden Frau zuliebe jede Nacht Menschen enthauptet. Und auch Room 69, das 2012 sein bis heute letzter Kurzfilm wurde, bevor er sich Langfilmen verschrieb, richtet sich an ein älteres Publikum.
Barras tut dies aber nicht durch Brutalität, hier wird niemand grausam getötet. Stattdessen nehmen sich Germano und Albertine Zullo, die gemeinsam das Drehbuch geschrieben haben, des Themas Erotik an. Schauplatz der Geschichte ist ein kleines abgelegenes Motel irgendwo in einer Wüstengegend. Wir sehen, wie ein Mann, der in einem langen Mantel gekleidet ist, das Zimmer betritt und eine Gummipuppe herausholt, mit der er dann die Nacht verbringt. Als Thema ist das schon etwas gewöhnungsbedürftig. Und auch dünn, weshalb der Kurzfilm ganz besonders kurz ausfällt. Nur etwas mehr als drei Minuten ist er lang, gerade einmal die Hälfte der sonstigen Kurzfilme von Barras. Interessant ist eigentlich nur das Ende von Room 69, das mit einer netten Wendung daherkommt. Ein Gag, der das Ganze noch einmal etwas aufwertet.
Stimmungsvoll, aber kein Höhepunkt
Sehenswert ist der Film eher wegen der Optik. Das Setting ist zwar sehr beschränkt, in den drei Minuten bekommen wir nur das Motel von der Außensicht sowie das titelgebende Zimmer zu sehen. Viele Details hat das dann nicht. Aber es ist schon stimmungsvoll in Szene gesetzt, vor allem bei Licht und Schatten zeigte Barras sein Talent. Wer etwas für Animationskunst übrig hat, kann sich Room 69 daher schon anschauen. Insgesamt ist der Kurzfilm aber einer der schwächeren Titel in der Filmografie des Regisseurs. Da hat uns der Schweizer im Lauf der letzten beiden Jahrzehnte deutlich spannendere Werke geschenkt, vor allem natürlich seine beiden Langfilme Mein Leben als Zucchini (2016) und Savages (2024).
OT: „Chambre 69“
Land: Schweiz
Jahr: 2012
Regie: Claude Barras
Drehbuch: Germano Zullo, Albertine Zullo
Kamera: Patrick Tresch
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