Als angehende Journalistin ist es Iris Harding (Lena Meckel) gewohnt, gründlich zu recherchieren. Dennoch ist sie überrascht, als sie von der schwerkranken Greta (Morwenna Towns) engagiert wird, die Jugendliebe ihres verstorbenen Vaters John ausfindig zu machen. Maura (Andrea L’Arronge), die letzte Frau Johns, ist davon wenig begeistert. Auch deren aktueller Partner Timothy (Kaspar Capparoni) begegnet der Fremden mit Ablehnung. Dafür kommt Iris Mauras Sohn Patrick Yate (Frederik Götz) näher, der einen örtlichen Radiosender betreibt und einem Umweltskandal auf der Spur ist. Das bringt sie jedoch in ein ziemliches Dilemma, ist sie doch eigentlich mit Marc (Raúl Richter) zusammen …
Das übliche Liebesspiel
Die Sommerpause ist dieses Jahr im öffentlich-rechtlichen Fernsehen besonders lang. Erst blockierte die Fußball-Europameisterschaft über Wochen hinweg das Programm, jetzt sind es die olympischen Sommerspiele. Das bekommen auch die Fans des ZDF Herzkinos zu spüren, das über Monate hinweg keinen Nachschub erfährt. Immerhin: Der Sender schiebt zwischendurch als Lückenfüller immer wieder ältere Titel ein, quer durch alle Reihen hinweg. Und damit natürlich auch von Rosamunde Pilcher, einer der bekanntesten der sonntäglichen Programmschiene. So war vor einigen Wochen Meine Cousine, die Liebe und ich zu sehen, bei dem sich eine Autorin tot stellt, um so die Verkaufszahlen ihres Debütromans anzukurbeln. Nun wird auch Das Vermächtnis unseres Vaters wieder ausgegraben, das ursprünglich 2018 zu sehen war.
Grundlage für den Film bildete dabei die Kurzgeschichte A touch of his lips, welche hier auf anderthalb Stunden ausgebreitet wurde. Richtig viele Ideen hatte man hierfür aber nicht. Stattdessen besteht das Liebesdrama aus den üblichen Zutaten, wie man sie sehr oft findet. Beispielsweise ist die Protagonistin anfangs mit einem anderen Mann zusammen, muss aber erst noch feststellen, dass er der falsche ist – auch wenn man bei Rosamunde Pilcher: Das Vermächtnis unseres Vaters nicht viel für die Begründung tat. Dass der Neue dabei zunächst abweisend reagiert, gehört ebenfalls zum Standardspiel dazu. Bei diesen Filmen muss eine Liebe oft erst irgendwie erarbeitet werden. Man will wenigstens so tun, als wäre nicht alles schon durch Konventionen vorgeschrieben.
Viel Quatsch, viel Kitsch
Viel ist es nicht, was hier in Erinnerung bleibt. Und das Wenigste tut es auf eine positive Weise. Nett ist der Einfall, dass da jemand mittels einer Radiosendung den Kampf mit den Mächtigen aufnimmt. Rosamunde Pilcher: Das Vermächtnis unseres Vaters gibt sich da ein wenig gesellschaftliche Relevanz, auch wenn das natürlich ebenso oberflächlich bleibt wie der Rest. Das Hauptaugenmerk liegt aber sowieso auf der mysteriösen Jugendliebe des Verstorbenen und die Beschäftigung mit Familiengeheimnissen. Was dabei herauskommt, soll hier zwar nicht verraten werden. Es dürfte aber kaum jemanden geben, der bei dieser „Enthüllung“ tatsächlich überrascht wird. Alternativen gibt es nämlich keine, es interessierte sich niemand dafür. Stattdessen soll die komplizierte Familienkonstellation angesprochen werden.
Diese ist dann genauso konstruiert wie der Rest. Wer auch nur ansatzweise den Anspruch hat, dass das hier glaubwürdig ist, sollte erst gar nicht einschalten. Die bizarre Nachsynchronisation, die sich nicht darum scherte, ob die Lippenbewegungen mit den Wörtern übereinstimmen, verstärken den Eindruck noch, dass das hier alles nicht Teil der realen Welt ist. Aber das Zielpublikum der Reihe will ja auch nicht die reale Welt, sondern eine schöne Traumvariante. Dafür gibt es schöne Landschaften und schöne Menschen, zu sehen gibt es also mal wieder einiges. Wem das reicht, und Millionen reicht das, bekommt mit Rosamunde Pilcher: Das Vermächtnis unseres Vaters genau das geboten. Der Rest darf sich wie so oft entsetzt abwenden, wenn eine an den Haaren herbeigezogene Geschichte auf aufdringliche Musik und ungenierten Kitsch trifft.
OT: „Rosamunde Pilcher: Das Vermächtnis unseres Vaters“
Land: Deutschland
Jahr: 2018
Regie: Marco Serafini
Drehbuch: Susanne Hertel
Vorlage: Rosamunde Pilcher
Musik: Patrick M. Schmitz
Kamera: Sebastian Wiegärtner
Besetzung: Lena Meckel, Frederik Götz, Andrea L’Arronge, Kaspar Capparoni, Raúl Richter, Nicola Tiggeler
Die sonntags auf dem ZDF ausgestrahlte Reihe Herzkino gehört zu den Dauerbrennern des Senders. Seit 1987 laufen, damals noch unter dem Titel Der große ZDF Sonntagsfilm, deutsche Dramen, die sich meistens mit Familien- und Liebesgeschichten befassen. Mehrere Hundert Titel wurden so im Laufe der letzten Jahrzehnte produziert. Unten findet ihr alle unsere bisherigen Rezensionen zu diesem Thema auf einen Blick.
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