Es läuft gerade nicht so wirklich im Leben von Sam (Julia Windischbauer). So träumt sie zwar immer noch davon, mit ihrem Debütroman groß rauszukommen. Doch dafür müsste sie ihn erst einmal fertigstellen, zumal die Resonanz bislang nicht so toll war. Auch privat läuft es nicht: Ihr Freund hat sie verlassen, die Wohnung kann sie gleich mit vergessen. Bei ihrer Mutter Sybille (Juliane Köhler) ist auch kein Platz, seitdem sie mit dem deutlich jüngeren Marc (Jeremy Mockridge) zusammen ist. Also beschließt sie, ohne das Wissen ihrer Mutter zum Ferienhaus auf Lanzarote zu fahren, gemeinsam mit ihrem Bruder Frederick (Jeremias Meyer). Doch noch bevor die beiden es sich in dem Domizil gemütlich machen können, erleben sie eine große Überraschung: Ihr Vater Jo (Niels Bormann), der vor vielen Jahren selbst einen Bestseller geschrieben hat, hat sich dort unbemerkt eingenistet …
Aus dem Leben einer streitbaren Familie
Man kennt das Prinzip aus vielen Filmen: Wenn die Familie auf engem Raum zusammenkommt, dann fliegen schnell die Fetzen! Dabei können die Anlässe unterschiedlichster Natur sein. Hoch im Kurs stehen Familienfeiern als Setting, beispielsweise Weihnachten. Alternativ kann auch ein Urlaub dazu führen, dass sich die Familienmitglieder miteinander auseinandersetzen müssen, wenn die Fluchtmöglichkeiten fehlen. Bei Alles Fifty Fifty etwa führt der gemeinsame Urlaub eines Paares mit dem gemeinsamen Sohn dazu, dass ein heilloses Chaos ausbricht. Eine weitere deutsche Komödie Sonnenplätze variiert dieses Aufeinandertreffen, indem zwar theoretisch alle im selben Feriendomizil sind. Nur dachten sie alle, dass sie dort allein wären, nur widerwillig und zufällig teilen sie sich das Haus.
Was folgt, ist im weitesten Sinne das Erwartbare. Man geht sich schnell gegenseitig an die Gurgel, macht sich Vorwürfe. Denn im Laufe der Jahre ist bei dieser Familie so viel kaputtgegangen, dass schon ein normales Gespräch zu einer großen Herausforderung wird. Dabei haben sie sich eigentlich viel zu sagen. Oder besser: vorzuwerfen. Sonnenplätze hält sich nicht lange mit falschen Höflichkeiten auf. Von Anfang an ist der Ton rau, da hält sich niemand zurück. Wobei der Film dabei nicht unbedingt laut wird. Ein paar heftigere Auseinandersetzungen dürfen zwar nicht fehlen. Regisseur Aaron Arens, der hiermit sein Spielfilmdebüt gibt, und Co-Autor Lukas Loose setzen aber lieber auf bissige Dialoge. Wenn beispielsweise Jo auf Marc trifft, lässt er keine Gelegenheit ungenutzt, seine Verachtung zu demonstrieren, ebenso sein Gefühl von Überlegenheit gegenüber dem eher etwas einfach gestrickten jungen Mann.
Zwischen satirisch und universell
Teilweise sind die Figuren etwas überspitzt. Die Richtung ist schon eine satirische, wenn Arens genüsslich eine bildungsbürgerliche Familie auseinandernimmt. Da gibt es Privilegien, über die sich nicht alle im Klaren sind oder die geleugnet werden, während gleichzeitig alles kaputtgeht. Insgesamt liefert die Komödie aber durchaus Anknüpfungspunkte für das Publikum. Auch wenn es nicht immer schmeichelhaft ist, was Sonnenplätze über die Figuren zu sagen hat, finden sich doch recht universelle Elemente. So hadert der Sohn damit, dass an ihn Erwartungen herangetragen werden, die er gar nicht erfüllen kann oder will. Sam macht sich da schon mehr selbst Druck, muss jedoch gegen den übergroßen Schatten des Vaters ankommen. Denn auch wenn dieser nach seinem enormen Erfolg nie etwas geleistet hat, wird sie darauf reduziert, seine Tochter zu sein. Es geht also maßgeblich auch darum, unabhängig zu werden.
Eine kleine, gemeine Wendung wartet im späteren Verlauf auf das Publikum, was die Geschichte noch einmal in eine etwas andere, unerwartete Richtung bewegt. Sie führt auch dazu, dass die Mutter, die am Anfang ebenfalls nicht gerade die große Sympathieträgerin ist, noch einmal in einem etwas anderen Licht gesehen wird. Sonnenplätze ist dann auch mehr mit diesen persönlichen Beziehungen beschäftigt als mit dem künstlerischen Thema. Das ist zwar in der Familie allgegenwärtig, der Sohn spielt Klavier. Die Verbindung aus dem Persönlichen und dem Künstlerischen bleibt jedoch eher schwach, da hätte man sich mehr erwarten dürfen. Bis auf ein wenig Spott an der einen oder anderen Stelle kommt da nicht viel. Dennoch ist die Komödie, die auf dem Filmfest München 2024 Premiere feierte, sehenswert, lebt von den besagten Dialogen, aber auch einem spielfreudigen Ensemble sowie einem Setting, das zwischen idyllisch und karg schwankt.
OT: „Sonnenplätze“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Aaron Arens
Drehbuch: Aaron Arens, Lukas Loose
Musik: Victor Mosler, Fabian Gisler
Kamera: Tobias Blickle
Besetzung: Julia Windischbauer, Juliane Köhler, Niels Bormann, Jeremias Meyer, Jeremy Mockridge, Sotiria Loucopoulos, Oscar Ortega Sánchez
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