Schon als Jugendlicher hatte es Eric Draven (Bill Skarsgård) nicht unbedingt einfach. Dass er irgendwann in einer Entzugsklinik landet, verwundert daher niemanden. Immerhin: In dieser düsteren Einrichtung trifft er auf seine große Liebe, die nicht minder verkorkste Shelly (FKA Twigs). Die mag den Dichter Rimbaud, Drogen und eben auch Eric, weshalb die beiden beschließen, gemeinsam zu fliehen und ein neues Leben zu beginnen. Nur ist dieses ziemlich kurz, da Gangsterboss Vincent Roeg (Danny Huston) die beiden eiskalt umbringen lässt. Als Eric wieder zu sich kommt auf dem Weg ins Jenseits, erhält er die Chance, noch einmal auf die Erde zurückzukehren und um das Leben seiner Freundin zu kämpfen. Zu dem Zweck muss er nur alle töten, die für ihren Tod verantwortlich sind. Das sind ziemlich viele, glücklicherweise hat der rachsüchtige Untote aber ein paar neue Fähigkeiten …
Die Kasse mit dem Kult
Dass Filmstudios mit bewährten Stoffen Kasse machen wollen, ist keine neue Entwicklung, das wird seit Jahrzehnten schon so gemacht. Prinzipiell spricht auch erst einmal nichts dagegen, solange das Ergebnis gut ist und es sich nicht um eine reine Geldmache handelt. Schwierig wird es aber, wenn nicht einfach nur ein Hit neu verfilmt wird, sondern man sich eines Kultfilms annimmt. Die Neuauflage von The Rocky Horror Picture Show war vor einigen Jahren ein absolutes Debakel. Besser erging es Road House vor einigen Monaten, eine Neuinterpretation des 89er Kultstreifens. Die Zugriffszahlen waren so gut, dass inzwischen über eine Fortsetzung nachgedacht wird. Nun steht mit The Crow eine weitere solche Neuverfilmung an, die ebenfalls mit einem Nachfolger liebäugelt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommen wird, ist aber sehr gering.
Vielmehr stehen die Zeichen auf Flop, die kommerziellen Aussichten sind mehr als trübe. Aber schon im Vorfeld war die Empörung groß, dass sich überhaupt jemand an einem Remake versuchen würde. Das ist einerseits verständlich, schließlich war The Crow nicht nur ein Produkt seiner Zeit, das mit Musik aus dem Industrial- und Goth-Bereich zu einem Porträt der alternativen 1990er wurde. Vor allem aber ist der Film das Vermächtnis von Brandon Lee, der durch seinen tragischen Tod während des Drehs untrennbar mit der Geschichte verbunden ist. Andererseits gab es später mehrere Fortsetzungen und eine Serie, es ist also nicht so, als wäre das hier der erste Anlauf, von der Popularität profitieren zu wollen. Außerdem war der 1994er Film auch kein wirkliches Original, sondern die Adaption der Comicreihe von James O’Barr. Man wurde bei dem 2024er Film auch nicht müde zu betonen, dass es kein Remake ist, sondern eine Verfilmung des Comics, die einen anderen Weg geht.
Trist und langweilig
Tatsächlich muss man dem Ganzen zugutehalten, eigene Akzente setzen zu wollen. Vor allem nimmt man sich hier die Zeit, um die beiden Liebenden mehr in Szene zu setzen, bevor dann der übernatürliche Racheteil beginnt. Das klang nach einer guten Idee. Die Umsetzung ist aber lausig. So gibt es keinerlei Chemie zwischen Bill Skarsgård und FKA Twigs, was bei einer Liebesgeschichte ebenso tödlich ist wie die die diversen Waffen, die später zum Einsatz kommen. Es ist auch nicht so, als hätte The Crow etwas Interessantes über seine Figuren zu sagen. Auf den französischen Dichter Rimbaud zu verweisen ist als Charakterisierung ebenso dünn wie die Vielzahl an Tätowierungen oder die Drogen. Der lange Zeit in der Entwicklungshölle vor sich hin vegetierende Film gibt einem keinerlei Grund, sich für das Schicksal der beiden zu interessieren. Das führt dazu, dass die Comic-Adaption in der ersten Hälfte so zäh ist, dass es zu einer Qual wird.
Später wird es etwas besser. In einer sehr ausgedehnten Szene, in der das Motiv der Rache konkrete und sehr blutige Folgen hat, sorgt für ein paar unterhaltsame Momente, für die sich das Aufwachen lohnt. Es sind nur nicht genug, um den gesamten Film zu rechtfertigen, zumal der sich ewig zieht. Die Inszenierung durch Rupert Sanders (Snow White & The Huntsman) und die Bebilderung sind beliebig, auch musikalisch bleibt da nichts hängen. Profitierte The Crow 1994 noch massiv durch den Soundtrack, der sich millionenfach verkaufte, wird das hier zu einem reinen Hintergrundgeräusch. Da auch die Dialoge nicht viel taugen, darf man den übernatürlichen Rachethriller getrost ignorieren und sich Besserem zuwenden. Allenfalls Fans von Skarsgård können einmal reinschauen, der mit seiner Mischung aus Unheimlichkeit und Sexappeal wie eine gute Wahl klang. Aber selbst der ansonsten so spielfreudige Schwede geht in dieser fortwährenden Tristesse unter.
OT: „The Crow“
Land: USA
Jahr: 2024
Regie: Rupert Sanders
Drehbuch: Zach Baylin, William Schneider
Vorlage: James O’Barr
Musik: Volker Bertelmann
Kamera: Steve Annis
Besetzung: Bill Skarsgård, FKA Twigs, Danny Huston, Sami Bouajila, Laura Birn
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