Da hatte sich Marc (Alain Delon) wirklich die Falsche ausgesucht: Ausgerechnet mit der Frau eines Gangsterbosses eine Affäre zu beginnen, war nicht sonderlich schlau. Der gehörnte Ehemann will das dann auch nicht auf sich beruhen lassen und beauftragt ein paar Killer, sich um den dreisten Nebenbuhler zu kümmern. Doch dem gelingt die Flucht und findet Unterschlupf bei den reichen US-amerikanischen Cousinen Barbara (Lola Albright) und Melinda (Jane Fonda). Dort will er sich erst einmal verstecken, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Ganz so einfach wie gedacht ist das aber nicht. Nicht nur, dass in der Villa auch Barbaras Geliebter Vincent (André Oumansky) lebt, mit dem sie ein finsteres Geheimnis teilt. Es kochen zudem die Gefühle hoch, als die beiden Cousinen Gefallen an dem attraktiven Franzosen finden, der bald mehr als nur ein Chauffeur für sie ist …
Keine Kopfsache
Dank seines fantastischen Aussehens war Alain Delon in den 1960ern ein absoluter Frauenschwarm, der sich eigentlich für große Herzschmerz-Liebesdramen angeboten hätte. Umso bemerkenswerter ist, dass er seinerzeit und auch in den 1970ern vor allem durch seine Auftritte in Krimis und Thrillern auffiel. Lautlos wie die Nacht (1963), Vier im roten Kreis (1970) oder Monsieur Klein (1976) sind noch immer spannende Genrebeiträge, bei denen der mutmaßliche Schönling auch in düsteren Kontexten überzeugte. Grundsätzlich kann man auch Wie Raubkatzen dazuzählen. Zwar ist die besagte Schönheit des Franzosen in dem 1964 veröffentlichten Thrillerdramas ein wesentlicher Bestandteil, wenn Marc alle möglichen Frauen zu Füßen liegen. Nur wird daraus eben etwas sehr Hässliches.
Eines vorweg: Glaubwürdigkeit sollte man von der Geschichte nicht erwarten. Die Adaption des Romans Joy House von Day Keene, der sich mit Krimis, aber auch Seifenopern einen Namen machte, interessiert sich nicht sonderlich dafür, ob das alles irgendwie realistisch ist. Ob es nun die halsbrecherische Flucht ist oder die Begegnung mit den beiden Cousinen, man darf das alles nicht hinterfragen. Es ist auch nicht so, als würde Wie Raubkatzen anderweitig den Kopf herausfordern. So gibt es zu Beginn zwar eine irgendwie mysteriöse Stimmung in der Villa, wenn schnell spürbar ist, dass da etwas nicht stimmt. Die Katze wird aber vergleichsweise schnell aus dem Sack gelassen. Es geht weniger darum, die Geheimnisse der Vergangenheit aufzudecken und in dem abgelegenen Haus nach Spuren und Antworten zu suchen.
Unvorhersehbar und abgründig
Viel wichtiger ist die Frage: Was wird nur passieren? Regisseur und Co-Autor René Clément (Nacht der Erfüllung, Nur die Sonne war Zeuge) gelingt es, aus dem begrenzten Setting viel Spannung herauszuholen. Das liegt natürlich in erster Linie an der Figurenkonstellation. In Wie Raubkatzen kommen vier Menschen auf engem Raum zusammen, die alle zu starken Gefühlen in der Lage sind. Zurückhaltung ist hingegen weniger ihre Stärke, weshalb die Lage zunehmen komplizierter und verworrener ist. Da kommt es zu Besitzansprüchen und zu Eifersucht, niemand will zurückstecken oder anderen etwas gönnen. Während die Stimmung innerhalb der Villa so immer weiter hochkocht, bleibt da nach wie vor die Bedrohung von außen, wenn es der Gangsterboss von seiner Beute nicht ablassen mag. Die Gefahr kommt also von außen wie von innen.
Das bedeutet zwar nicht Hochspannung von Anfang bis Ende, zwischendurch nimmt Clément schon mal Tempo raus. Die Geschichte bleibt aber, nicht zuletzt weil sie sich eben um nichts schert, unvorhersehbar. Den Rest erledigen die Figuren, die über keinerlei Skrupel verfügen. Insofern darf man dann gespannt sein, wie das Ganze ausgehen wird. Dass Wie Raubkatzen kein gutes Ende nehmen wird, ist klar, dafür hätte es Charaktere gebraucht, die man als „gut“ bezeichnen kann. Die Frage ist vielmehr: Wer wird zum Schluss triumphieren und zu welchem Preis? Da treffen ein schickes Ambiente und Leute aus der vornehmen High Society auf hässliche Abgründe, aus denen es kein Entkommen gibt. Es ist allenfalls möglich, über andere hinwegzuklettern und diese noch weiter nach unten zu treten. Das ist faszinierend und erschreckend zugleich – und bis heute sehenswert.
OT: „Les Félins“
Land: Frankreich
Jahr: 1964
Regie: René Clément
Drehbuch: René Clément, Pascal Jardin, Charles Williams
Vorlage: Day Keene
Musik: Lalo Schifrin
Kamera: Henri Decaë
Besetzung: Alain Delon, Jane Fonda, Lola Albright, André Oumansky, Carl Studer, Sorrell Booke
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