Das Leben von Chen Yutong (Shengdi Wang) ist ein einziger Alptraum. Immer wieder wird die stumme Teenagerin von anderen Schülerinnen gequält, teils auf brutale Weise. Auswirkungen hat die Bande aber nicht zu befürchten, schließlich ist deren Anführerin die Tochter des Schulleiters. Und der weiß, wie er hässliche Geschichten verschwinden lässt. Yutongs Mutter Li Han (Ning Chang), die als Reinigungskraft in der Schule arbeitet, um der Tochter nahe zu sein, kann da nicht viel ausrichten. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als nachträglich zur Seite zu stehen. Doch mit ihrem Verhalten haben sich die sadistischen Mädchen Feinde gemacht. Nach und nach fallen sie einer unbekannten Person zum Opfer, die es gezielt auf sie abgesehen zu haben scheint. Und das ist erst der Anfang …
Exzessiver Mobbing-Thriller
Auch wenn man Filmremakes gern mal mit Hollywood in Verbindung bringt, gibt es sie doch praktisch überall. Und damit eben auch in Fernost. Neuestes Beispiel hierfür ist A Place Called Silence. Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass der malaysische Film beim Busan International Film Festival gezeigt wurde. Nun kommt bereits das gleichnamige chinesische Remake. Erneut führt dabei Sam Quah Regie, es ist also einer der seltenen Fälle, wo ein Filmemacher sein eigenes Werk neu verfilmt. Ob es das unbedingt gebraucht hätte so in kurzer Folge, ist natürlich ebenso fraglich wie bei Speak No Evil, einem weiteren aktuellen Remake, das zwei Jahre nach dem Original folgt. Finanziell hat sich das Ganze aber sicherlich gelohnt. Immerhin hat die Neuverfilmung in China knapp 200 Millionen US-Dollar eingespielt.
Die große Resonanz könnte damit zusammenhängen, dass Quah hier ein Thema anspricht, das eben auch im Reich der Mitte ein Problem ist: Mobbing an Schulen. Das hat es natürlich schon immer gegeben. In den letzten Jahren hat sich das sicherlich noch weiter verstärkt durch soziale Medien, die ganz andere Möglichkeiten liefern, anderen das Leben zur Hölle zu machen. In A Place Called Silence zeigt man sich jedoch ganz klassisch, setzt auf pure körperliche Gewalt. Diese ist einerseits eindrucksvoll, der Film erzeugt schon beim bloßen Zusehen Schmerzen. Es ist aber auch gnadenlos überzogen, hat mit dem Alltag in den Schulklassen nicht mehr viel zu tun. Aber Realismus sollte man allgemein bei dieser chinesischen Produktion nicht erwarten. Auch wenn es Unmengen an dramatischen Momenten gibt, handelt es sich um kein Sozialdrama, sondern einen Thriller, der in vielerlei Hinsicht zu Exzessen neigt.
Zu viele Wendungen
Das muss einen nicht stören, da sind immer mal wieder Szenen dabei, die tatsächlich spannend sind. Wenn in einer frühen Szene eine verhüllte Person Jagd auf die Teenagerinnen macht, dann hat sich Quah schon gut an klassischen Slashern orientiert. Auch eine spätere Passage, in der es zu einem rasanten Zweikampf kommt, ist dazu geeignet, den Puls nach oben zu treiben. Es gibt aber auch viele Momente in dem knapp zwei Stunden langen Werk, wo die Geschichte nur minimal vorankommt. Dabei ist es nicht so, dass A Place Called Silence nichts zu erzählen hätte. Tatsächlich überschlagen sich später die Ereignisse. Was lange sehr geradlinig aussieht, schlägt dann auf einmal unerwartete Richtungen ein, selbst vermeintlich bekannte Figuren enthüllen dann verborgene Seiten. Und sehr hässliche Seiten: Am Ende des Films darf man sich fragen, ob es in dieser Welt überhaupt noch gute Menschen gibt.
Leider hat Quah aber nicht den Mut, das auch wirklich konsequent durchzuziehen. So gibt es eben auch fürchterlich kitschige Momente, die rein gar nicht passen. Und dann wäre da eben noch das Problem mit der mangelnden Glaubwürdigkeit. Die Wendungen verkommen oft zu einem reinen Selbstzweck und führen zu einer gnadenlos überkonstruierten Geschichte. Das Verhalten der Figuren muss man auch nicht nachvollziehen können, das ist oft sehr willkürlich. Das ist schade, teilweise ärgerlich, weil auf diese Weise nicht nur das wichtige Thema verschenkt wird. A Place Called Silence reißt einen immer wieder mit inhaltlich, aber auch inszenatorisch fragwürdigen Momenten zu sehr aus dem Geschehen, weshalb es schwierig ist, wirklich bis zum Schluss noch dranzubleiben.
OT: „Mo Sha“
Land: China
Jahr: 2024
Regie: Sam Quah
Drehbuch: Sam Quah, Wang Zhizhi, Wang Yimeng
Musik: Bing’er Du, Fei’er Du
Kamera: Ying Zhang
Besetzung: Chuan-jun Wang, Ning Chang, Francis Ng, Shengdi Wang, Ming Cai, Shih-Chieh King, Justin Huang, Jiao Xu
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