Im Betriebsrat gehörte Barbara Lucke (Ulrike Kriener) quasi zum Inventar, über viele Jahr gehörte sie diesem an und hat ihn entscheidend mitgeprägt. Doch das ist nun vorbei. Anstatt sich für die Belange der Belegschaft im Sander Versandhaus einzusetzen, soll sie selbst wieder arbeiten. Als Sachbearbeiterin in der Wäsche-Bade-Abteilung steht nun der reguläre Alltag an – und damit ausgerechnet in der Abteilung, die von ihrem Sohn Bastian (Tim Oliver Schultz) geleitet wird. Der ist nur wenig begeistert darüber, dass seine Mutter jetzt auch noch beruflich bei ihm ständig präsent ist. Hinzu kommt, dass Barbara sich von niemandem etwas sagen lassen will und keine Ahnung von der modernen Arbeitswelt hat. Das führt nicht nur zu Konflikten mit Bastian, der zwischen den Fronten steht, sondern auch mit dessen rechter Hand Yasemin Dogan (Sevda Polat), die gar nicht gut auf die renitente Fast-Rentnerin zu sprechen ist …
Eine Familie zwischen Streit und Versöhnung
In Deutschland soll mehr gelacht werden. Dieser Ansicht scheint man zumindest beim ZDF zu sein, das derzeit den Donnerstagabend, auf dem sonst eher Die Bergretter zu sehen sind, eine Reihe selbst produzierter Komödien zeigte. Da war Alles gelogen über einen Familienvater, der sich in immer mehr Lügen hineinsteigert. Merz gegen Merz: Geheimnisse setzte die beliebte Serie um ein geschiedenes Paar fort, das nicht voneinander lassen kann. Zuletzt stand Überväter auf dem Programm, in dessen Mittelpunkt ein dysfunktionales Vater-Sohn-Duo steht, das parallel Nachwuchs bekommt und sich bei einem Fortbildungscamp über den Weg läuft. Nun folgt mit Alle nicht ganz dicht ein weiterer Film, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Zuschauer und Zuschauerinnen zu erheitern.
Dabei setzt man auf zwei Hauptthemen. Das eine betrifft erneut eine Familie und die Schwierigkeiten innerhalb derselben. Genauer lernen wir einen jungen Mann kennen, der derart von seiner Mutter überschattet wird, dass er selbst nichts auf die Reihe bekommt. Noch immer geht er einmal die Woche zu ihr zum Abendessen, hat auch sonst so seine Schwierigkeiten, sich gegen sie durchzusetzen. Zumindest teilweise ist Alle nicht ganz dicht dann eine Art verspätetes Coming of Age, wenn der Protagonist sich von dem Einfluss der Mama lösen muss. Gleichzeitig will der Film aber, da es sich nun einmal um eine deutsche Fernsehproduktion handelt, versöhnlich sein. Dagegen sprecht zwar nicht wirklich etwas. Es ist aber schon recht konstruiert, wenn das Drehbuch versucht, beide Bewegungen zu vollziehen: die Trennung und Zusammenführung.
Nicht viel mehr als Klischees
Verbunden wird dieser familiäre Aspekt mit dem Einblick in die Arbeitswelt. Auch hier kommt es zu Konfrontationen, wenn Barbara für die Vergangenheit des Versandhauses steht, während die Jüngeren in eine ganz andere Richtung gehen. Komisch soll dabei einerseits der Kontrast sein, wenn zwei Welten aufeinanderprallen. Gleichzeitig versucht man sich an einer Satire der Arbeitswelt, bei der vor allem die Moderne durch den Kakao gezogen wird. Da werden ständig irgendwelche Chat-Meetings veranstaltet statt zu arbeiten, eine Schulung findet per Video statt, obwohl die beiden quasi nebeneinandersitzen. Und dann werden in Alle nicht ganz dicht irgendwelche englischen Begriffe verwendet, die möglichst hip klingen sollen, die aber kein Mensch braucht.
Grundsätzlich hätte das schon funktionieren können. Leider sind Drehbuchautor Andreas Altenburg aber nur Klischees eingefallen. Was satirisch gemeint ist, verkommt so zu einer langweiligen Checklist, die brav abgehakt wird. Auch die Figuren sind nicht übermäßig spannend. Zwar legt sich Ulrike Kriener, die vielen aus Kommissarin Lucas bekannt ist, richtig ins Zeug, ihre Figur mischt sich überall ein und kommandiert herum. Nur ist das eher anstrengend als unterhaltsam. Die übrigen Charaktere sind ziemlich blass. Das selbst gesteckt Ziel mit dem Lachen erreicht Alle nicht ganz dicht so nicht. Vielleicht hätte das Team selbst einmal auf eine Fortbildung gehört, damit es nicht so langweilt. Trotz der durchaus wichtigen Themen, die hier verarbeitet werden, lohnt es sich nicht, anderthalb Stunden lang bei dieser weitestgehend müden Bürokomödie dabei zu sein.
OT: „Alle nicht ganz dicht“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Lars Jessen
Drehbuch: Andreas Altenburg
Musik: Anna Katharina Bauer
Kamera: Peter Drittenpreis
Besetzung: Ulrike Kriener, Tim Oliver Schultz, Sevda Polat, Irene Rindje, Sebastian Doppelbauer, Klara Lange, Ulrich Bähnk, Michael Prelle, Oliver Wnuk, Hendrik von Bültzingslöwen
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