Hajo Siewers (Bastian Pastewka) kann zwei Sachen: Autos verkaufen und Menschen belügen. Auch wenn er beides gerne tut, kommt er des Öfteren zu spät zur Arbeit – ist dabei aber nie um einen erfundenen Grund verlegen. Eines Tages reicht es seiner Chefin Kirsten (Pina Kühr) aber endgültig, sie möchte ihn wegen seiner mangelnden Arbeitsmoral fristlos entlassen. Hajo bekommt eine letzte Chance, ab jetzt heißt es pünktlich sein. Doch ausgerechnet am nächsten Tag muss er gemeinsam mit seiner Frau Vera (Katrin Wichmann) in der Schule seines Sohnes Marvin (Arthur Gropp) auf der Matte stehen, da dieser verdächtigt wird, Laptops geklaut zu haben. Als er nach dem Treffen Birgit (Lina Beckmann) an der Rezeption anruft, um sein Fernbleiben zu erklären, sagt er ihr plötzlich, dass seine Frau bei einem Unfall gestorben sei. Plötzlich sind alle nett zu ihm, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihm diese Lüge um die Ohren fliegt …
Eine bewährte Rolle
Auch wenn Bastian Pastewka schon lange vor der Serie Pastewka im deutschen Fernsehen aktiv war, wird er seit dem Ende der Nullerjahre doch hauptsächlich damit in Verbindung gebracht. Das liegt hauptsächlich daran, dass Bastian Pastewka seither nur noch eine Rollen zu spielen scheint: Bastian Pastewka aus Pastewka. Das kann nur leidlich dem Schauspieler selbst zum Vorwurf gemacht werden. In Alles gelogen unter der Regie von Erik Haffner (der 34 Folgen der Serie inszenierte und zuletzt wieder positiv mit Kohlrabenschwarz auffiel) dauert es dann auch nur etwa 75 Sekunden, bis das Drehbuch von Ralf Husmann ihm den Satz „Der Bergdoktor würde dich jetzt krankschreiben“ in den Mund legt, nachdem Vera sich eine unbedeutende Schnittverletzung zugezogen hat. Das ist eins zu eins ein Satz, wie ihn Bastian Pastewka aus Pastewka sagen würde.
Bastian Pastewka (der echte wie auch seine fiktionalisierte Serienversion) ist ja nun verbrieftermaßen ein kleiner Fernsehnerd. Hajo ist das aber nicht, macht auch sonst nie wieder Bemerkungen dieser Art. So amüsant die Zeile auch sein mag, sie funktioniert wenn überhaupt dann nur weil Bastian Pastewka sie vorträgt und der Zuschauer auf der Metaebene mehr Kontext hinzufügen kann. Immerhin darf er später einen doppelten Genitiv im Brief der Schuldirektorin monieren, da wird der Bildungsauftrag, den die Öffentlich-Rechtlichen irgendwann einmal nicht nur auf dem Papier hatten, noch ein wenig erfüllt.
Viel Diskussionspotenzial
Auch sonst wirkt das Drehbuch insgesamt wie eine in die Länge gezogene Folge von Pastewka – ohne die Gagdichte, geschweige denn -trefferquote. Hajo manövriert sich mit einer unbedachten Bemerkung in eine ziemlich unangenehme Situation, aus der er sich nur befreien könnte, wenn er die Wahrheit sagt. Das ist aber eben gar nicht so einfach. Apropos unbedachte Bemerkung: „Jetzt braucht er eine Champions-League-Lüge. Und so erzählt er spontan, dass seine Frau Vera bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Eine Notlüge mit weitreichenden Folgen.“ heißt es in er offiziellen Inhaltsangabe. Das impliziert ja nun, dass Hajo ganz bewusst den Tod seiner Frau als Ausrede fürs Zuspätkommen heranzieht. Damit wird dem Film aber kein Gefallen getan, denn Hajo ist selbst davon überrascht, was er da gerade aus seinem Mund hören musste. Alles gelogen ist eine Komödie und als solche nicht sonderlich daran interessiert, das psychologische Gutachten eines Pseudologen anzufertigen, aber ansatzweise stecken hier schon ernste Themen drin.
Der Handlungsstrang mit Hajo und Birgit birgt ebenfalls interessante Gedankenanstöße, die in einer ernsteren Umsetzung genauer hätten verfolgt werden können. Hajo lügt zwar bei jeder sich bietenden Gelegenheit, vor allem aber, wenn er unter Druck steht. Ist er ein Opfer seiner Umstände? Oder schafft er seine Probleme selbst? In einer Sequenz sehen wir, dass schonungslose Ehrlichkeit auch verletzen kann. Sind Notlügen manchmal die bessere Lösung? Das ließe sich sicher alles trefflich diskutieren, wenn der Film irgendwelchen Unterstüflern im Unterricht gezeigt werden würde. Böse Zungen könnten behaupten, dass er dort auch besser aufgehoben wäre.
In die Länge gezogen
Alles gelogen ist nun einmal ein Fernsehfilm und als solcher muss er auch nicht unbedingt höheren Ansprüchen genügen. Angesichts des hier versammelten Talents und des Potenzials der Geschichte ist das Ergebnis etwas enttäuschend ausgefallen. Etwa bei der 60-Minuten-Marke gibts den besten Joke des gesamten Films, aber es hätte ihm auch gut getan, wenn der ein oder andere Subplot herausgeschnitten worden wäre. Gerade gegen Ende wird eine Nebengeschichte mit Vera viel zu sehr in die Länge gezogen, die sowieso schon ziemlich aus dem Nichts heraus konstruiert ist. Sie beinhaltet auch den schlechtesten Witz des gesamten Films (einen Seitenhieb auf den deutschen Film an sich, der eben einfach nicht funktioniert), der zudem auch noch katastrophal vorgetragen ist. An sich sind die Dialogzeilen aber überwiegend gelungen. Es ist vor allem der Cast, der dafür sorgt, dass Alles gelogen am Ende doch zur seichten Unterhaltung taugt. Pastewka funktioniert sowohl mit Wichmann als auch mit Beckmann hervorragend.
OT: „Alles gelogen“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Erik Haffner
Drehbuch: Ralf Husmann
Musik: Andreas Lenz v. Ungern Sternberg
Kamera: Tom Holzhauser
Besetzung: Bastian Pastewka, Katrin Wichmann, Arthur Gropp, Lina Beckmann, Holger Stockhaus, Pina Kühr, Benita Sarah Bailey, Heike Reichenwallner, Niels Bruno Schmidt, Tim Seyfi
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