Die beiden Schwestern Gabrielle (Audrey Tautou) und Adrienne Chanel (Marie Gillain), die nach dem Tod der Mutter von ihrem Vater verlassen wurden und in einem Waisenhaus aufwuchsen, halten sich mit frivolen Auftritten als Sängerin und Tänzerin mehr schlecht als recht über Wasser. Das ändert sich, als Gabrielle, die aufgrund eines Lieds den Spitznamen Coco erhalten hat, den Offizier Etienne Balsan (Benoit Poelvoorde) kennenlernt und später mit ihm aufs Land zieht. Gleichzeitig versucht sie, ihre Unabhängigkeit zu bewahren. So will Coco, die schon vorher als Näherin gearbeitet hat, selbst Mode entwerfen. Dabei wird sie durch den englischen Geschäftsmann Arthur Capel (Alessandro Nivola) bestärkt, den sie über Balsan kennengelernt hat und für den sie Gefühle entwickelt …
Die Geschichte einer Mode-Ikone
Kaum ein Name dürfte im Modebereich derart bekannt sein wie der von Coco Chanel. Mit ihrer funktionellen Damenmode in den 1910er Jahren schrieb sie Geschichte, das Time Magazin kürte sie zu einer der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts – als einzige Vertreterin aus dem Modebereich. Und da ist natürlich das Parfüm Chanel Nº 5, das sie 1922 auf den Markt brachte und welches das meistverkaufte Duftwasser aller Zeiten sein soll. Insofern ist es kein Wunder, dass gleich mehrere Filme versuchten, dieser Institution gerecht zu werden. Das wohl bekannteste Beispiel ist Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft, das 2009 ein solider Erfolg an den Kinokassen war und für eine Reihe wichtiger Preise im Rennen war.
Dabei behandelt der französische Film gar nicht die Zeit der großen Erfolge, die man mit ihr in Verbindung bringt. Stattdessen widmet sich Regisseurin und Co-Autorin Anne Fontaine (Die Unschuldigen) den Jugendjahren ihrer Landsfrau. Nicht ohne Grund trägt das Werk im Original den Titel „Coco avant Chanel“, also „Coco vor Chanel“. Insbesondere die Zeit mit den beiden einflussreichen Männern Balsan und Capel wird dabei beleuchtet. Während Ersterer sie in höhere Kreise einführte und ein Leben abseits der Armut aufzeigte, bestärkte Letzterer sie bei ihrer Leidenschaft Designerin zu werden. Das heißt aber nicht, dass sie deswegen zum Anhängsel der beiden wird. Vielmehr betont Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft oft die Unabhängigkeit der Protagonistin, die auch bei ihrer Arbeit später eine große Rolle spielen sollte.
Sehenswert, aber bieder
Fontaine hat damit eine dieser feministischen Biopics gedreht, welche sich bedeutende Frauen vornehmen, die sich in einer Männerwelt durchgesetzt haben. Da war beispielsweise Aenne Burda – Die Wirtschaftswunderfrau über die Verlegerin des Modemagazins oder Clara Immerwahr, die sich in der Wissenschaft einen Namen machte. In all diesen Filmen findet eine Heldinnenverehrung statt, die besonders die Pionierarbeit würdigen. Das bedeutet dann auch, dass kritische Aspekte gern mal weggelassen werden, die beim Loblied stören könnten. Auch bei Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft wurde das seinerzeit bemängelt. Hinzu kommt, dass Fontaine selbst kein Risiko eingeht. Wo ihre Protagonistin noch mit Normen kämpfte und etwas Eigenes durchsetzen wollte, da hält sich die Filmemacherin streng an die Konventionen des Biopics. Eine eigene Note? Fehlanzeige.
Das bedeutet aber nicht, dass der Film deswegen nicht sehenswert ist. Die Lebensgeschichte der Französin ist so gut, dass selbst eine eher langweilige Umsetzung dieser nichts anhaben kann. Ein Waisenmädchen, das zunächst schlüpfrige Lieder singt und dann eine Modeikone wird? Das ist schon etwas Besonderes. Man erfährt zudem einiges über die damalige Zeit, was gerade als Kontext für ihre Arbeit wichtig ist. Außerdem ist da noch Audrey Tautou, die bis heute gern auf ihre Paraderolle in Die fabelhafte Welt der Amélie reduziert wird und hier eine andere, toughere Seite von sich zeigen durfte. Auch das trägt dazu bei, dass Coco Chanel – Der Beginn einer Leidenschaft ein solides biografisches Drama ist, das man selbst dann anschauen kann, wenn einen nicht viel mit der Welt der Mode verbindet.
OT: „Coco avant Chanel“
Land: Frankreich
Jahr: 2009
Regie: Anne Fontaine
Drehbuch: Anne Fontaine, Camille Fontaine
Musik: Alexandre Desplat
Kamera: Christophe Beaucarne
Besetzung: Audrey Tautou, Benoît Poelvoorde, Marie Gillain, Emmanuelle Devos, Alessandro Nivola, Yan Duffas
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Academy Awards | 2010 | Beste Kostüme | Catherine Leterrier | nominiert |
BAFTA | 2010 | Bester fremdsprachiger Film | nominiert | |
Beste Hauptdarstellerin | Audrey Tautou | nominiert | ||
Beste Kostüme | Catherine Leterrier | nominiert | ||
Bestes Make-up und Haare | Thi Thanh Tu Nguyen, Jane Milon | nominiert | ||
César | 2010 | Beste Hauptdarstellerin | Audrey Tautou | nominiert |
Bester Nebendarsteller | Benoît Poelvoorde | nominiert | ||
Bestes adaptiertes Drehbuch | Anne Fontaine, Camille Fontaine | nominiert | ||
Beste Kamera | Christophe Beaucarne | nominiert | ||
Beste Kostüme | Catherine Leterrier | Sieg | ||
Bestes Szenenbild | Olivier Radot | nominiert |
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