In seiner Heimat wird Marinekommandant Kang Do-Young (Kim Rae-won) als Held gefeiert, weil sein beherztes Handeln der Crew seines U-Boots bei einem Torpedoangriff das Leben rettete. Die Wahrheit jedoch ist eine ganz andere, sodass der Offizier an Schuldgefühlen leidet und die Ereignisse am liebsten so schnell es geht vergessen möchte. Nach einer weiteren Feierlichkeit ihm zu Ehren erhält er einen anonymen Anruf, wobei ihm der Mann am anderen Ende mitteilt, er habe an einer Schule und in einem Wohnhaus Bomben gelegt und Kang habe zu entscheiden, welche von beiden nun explodieren wird. Zunächst denkt Kang, man spiele ihm einen üblen Streich, jedoch geht dann wirklich eine Bombe hoch und ein ehemaliges Mitglied seiner Crew kommt dabei ums Leben, samt seiner Familie. Wenig später erklärt ihm der Anrufer, er habe noch weitere Bomben in der Stadt versteckt, die hochgehen werden, wenn die Lautstärke um diese herum 100 Dezibel überschreitet. Bei seiner verzweifelten Suche nach den Sprengsätzen erhält der Soldat Hilfe von Oh Dae-O (Jung Sang-hoon), einem Reporter.
Die Regeln eines Genres und wie man sich bricht
Acht Jahre nach seinem letzten Film Monster, einer Mischung aus Romanze und Thriller, drehte der südkoreanische Regisseur Hwang In-Ho mit Decibel seinen insgesamt dritten Spielfilm. Auf die lange Pause zwischen seinen Filmen angesprochen, erklärt der Filmemacher, dass er sich vor allem für das Drehbuchschreiben, das Entwerfen von Figuren und Handlungen, interessiere und weniger für das Regieführen. Das Genrekino, das in den letzten Jahren einen wahren Boom in seiner Heimat erlebt hat, liebt und schätzt Hwang sehr, in erster Linie aber das Experimentieren und Brechen von Konventionen, da dies den Zuschauer überrascht und die Geschichte einzigartig macht. Decibel soll diesem Grundsatz treu bleiben.
Die Idee, den Zuschauer zu überraschen, ist natürlich nicht verkehrt, jedoch spricht auch nichts gegen konventionelles, gut gemachtes Genrekino. Trotz (oder gerade wegen) einiger origineller Einfälle, die eher etwas mit Aspekten wie dem Schnitt oder der Figurenentwicklung zu tun haben, ist Decibel nichts mehr (und nichts weniger) als südkoreanisches Genrekino, wie man es in den letzten Jahren sehr oft gesehen hat. Die Handlung ist zu vergleichen mit Thrillern wie Kim Chang-jus Hard Hit, der bereits auf einer europäischen Vorlage basierte, und baut auf der Prämisse auf, dass die Hauptfigur nicht nur gegen die Zeit arbeiten muss, sondern auch gegen die Lautstärke eines bestimmten Ortes. Hier werden keine Genreregeln gebrochen, ihnen wird vielmehr entsprochen, was nicht schlimm ist, aber Decibel nicht unbedingt bahnbrechend macht. Schnelle Schnitte bei den Actionszenen, immer wieder Einblendungen der Timer der Bomben (oder der Dezibel-Anzeigen) sowie Jump Cuts gehören zum Standard der ästhetischen Palette des Actionkinos, sodass man auch auf technischer Ebene nicht viel Neues erwarten braucht.
Ein Rennen gegen die Lautstärke
Wie bei vielen Genreproduktionen aus Südkorea könnte man auch bei Decibel bemängeln, dass die Geschichte sich schwer damit tut, einen Schlussstrich zu ziehen. Mit fast zwei Stunden ist der Actionthriller etwas zu lang geraten und macht sehr wenig, um diese Laufzeit zu rechtfertigen, weder technisch noch erzählerisch. Einzig die Schauspieler könnten diesen Punkt legitimieren, insbesondere der aus Produktionen wie Kim Yong-hwas The Moon bekannte Kim Rae-won oder Lee Jong suk (The Witch: The Other One), der als Bombenleger zeigen kann, das er auch als Bösewicht überzeugt. Die Darstellung eines von Schuldkomplexen zerfressenen Soldaten, der das Label des Helden unerträglich findet, ist gut gespielt, ebenso wie der Stress, gegen die Lautstärke einer Menge sowie die engen Zeitvorgaben des Bombenlegers zu kämpfen. Bei diesen Schauspielern kann man fast schon verschmerzen, dass sich Regisseur Hwang In-Ho ein paar melodramatische Elemente erlaubt, sowie einige Ungereimtheiten in der Geschichte, die bei der vielen Action untergehen.
OT: „Decibel“
Land: Südkorea
Jahr: 2022
Regie: In-Ho Hwang
Drehbuch: In-Ho Hwang, Jin-hoon Lee
Musik: Yeong-jin Mok, Sebastien Pan
Kamera: Jong-cheol Park, Si-u Eom
Besetzung: Rae-won Kim, Jong-suk Lee, Sang-hoon Jung, Byung-eun Park, Eun-woo Cha
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)