Das Flüstern der Felder Chlopi The Peasants
Szenenbild aus dem Animationsfilm "Das Flüstern der Felder" von DK und Hugh Welchman (© Plaion Pictures / Malgorzata Kuznik / Kateryna Ocheredko / Dominika Andrzejewska / Breakthrufilm)

DK Welchman [Interview]

Deutsche Version

© PORTRAITSTUDIO Norman Wong

Mit Loving Vincent gelang DK und Hugh Welchman eine absolute Sensation. Der Film, der mit animierten Gemälden das Leben von Vincent van Gogh erzählte, lief auf zahlreichen Festivals und wurde für einen Oscar nominiert. Nun meldet sich das Ehepaar mit einem zweiten Animationsfilm zurück. Das Flüstern der Felder (Kinostart: 12. September 2024) basiert auf dem mit einem Nobelpreis ausgezeichneten Roman Die Bauern von Władysław Reymont und erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die in einem polnischen Dorf Ende des 19. Jahrhunderts an einen reichen Bauern verheiratet werden soll. Wir haben DK Welchman bei der Deutschlandpremiere beim Filmfest München getroffen und mit ihr über die Arbeit am Film gesprochen.

Meine erste Frage ist: Warum wolltest du den Film machen? Was hat dich daran interessiert, eine Adaption von Die Bauern zu drehen?

Dieses Buch ist in Polen Pflichtlektüre für das Gymnasium und soll daher von Teenagern gelesen werden. Natürlich lesen sie es nicht, weil es 800 Seiten umfasst und sehr lange Beschreibungen enthält. Ich sage nicht, dass es langweilig ist oder so, aber wenn man 17 ist, ist es wirklich nicht leicht zu lesen, weil man zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt ist und nicht genug Geduld hat. Ich denke, man muss ein bisschen erwachsen werden. Ich habe auf dieses Buch zurückgegriffen, als ich für Loving Vincent gemalt habe. Ich höre mir bei der Arbeit sehr gerne Hörbücher an, besonders wenn ich künstlerisch tätig bin. Also habe ich mir dieses Hörbuch in meinen 30ern angehört und das war ein sehr großer Unterschied. Mir wurde klar, dass es eine so unglaubliche Literatur ist, die diese wunderschöne Sprache hat, eine sehr malerische Sprache. Die 10-seitige Beschreibung der Natur war für mich sofort ein Grund, einen Animationsfilm zu machen, denn in einer kurzen Szene mit dem Gemälde kann man fast die gleichen Gefühle hervorrufen, die der Autor hervorzurufen versuchte, als er auf den Seiten die Natur von Wörtern beschrieb . Aber auch die Geschichte über ein kleines Dorf in Polen vor 130 Jahren gefällt mir sehr gut. Natürlich denkst du vielleicht: Wie ist das für Menschen von heute relevant und warum? Wer interessiert sich für das Leben von Bauern aus einem polnischen Dorf vor 130 Jahren? Aber all diese Themen sind sehr aktuell und das hat mich beeindruckt. Außerdem wollte ich unbedingt mehr weibliche Geschichten erzählen. Meiner Meinung nach hatte das in unserem Land so wichtige Buch eine Neuadaption mit einer völlig anderen Sichtweise verdient.

Warum ist dieses Buch deiner Meinung nach in Polen so wichtig?

Ich denke, dass es aus dem gleichen Grund mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, weil es ein Meisterwerk in Bezug auf die Beschreibung der menschlichen Natur und aller Emotionen ist. Das Buch zeigt Menschen, die genau wie wir sind: Liebe, Leidenschaft, Eifersucht, Gier. All diese Emotionen sind sehr aktuell. Es gibt viel Wärme und Sympathie für diese Charaktere. Und ich denke, die Geschichte selbst ist sehr fesselnd, diese ganze Dreiecksliebesgeschichte. Doch der Roman zeigt auch eine Welt, die es nicht mehr gibt. Es zeigt die Bauern und das Leben der damaligen Zeit. Es gibt historische und politische Themen, weil Polen geteilt war. Aber hauptsächlich geht es um die menschliche Natur.

Hatten du jemals Zweifel an dem Projekt, eben weil es so ein Nationalschatz ist?

Ich hatte Zweifel, als mir klar wurde, dass sich 800 Seiten des Buches nicht so einfach auf 100 Seiten des Drehbuchs übertragen lassen. Somit war klar, dass ich Teile des Buches herausstreichen musste. Und mir wurde klar, dass einige Leute es hassen werden, wenn ich die Geschichte auf meine Art kürze und bearbeite. Manche Leute werden denken, dass ich etwas Wichtiges herausgenommen habe. Dabei habe ich wirklich versucht, der Geschichte gerecht zu werden, musste mich aber natürlich auf die Haupthandlung konzentrieren, die ich gewählt habe. Nicht nur am Anfang, sondern auch während der Produktion gab es viele Zweifel und Probleme. Wir hatten eine Hürde nach der anderen.

Was war dabei die größte Herausforderung?

Die größte war meiner Meinung nach der Umfang und der Stil. Wir wussten irgendwie, dass es größer und schwieriger werden würde als Loving Vincent. Aber wir wussten nicht, wie viel mehr. Und so haben wir uns ein wenig verschätzt. Loving Vincent war ein sehr kleiner, intimer Film mit größtenteils stillstehenden Charakteren. Und hier gibt es all diese Gruppenszenen, Tänze und Kämpfe. Aber auch die Kostüme, deren Malen ein Albtraum war. Wir wollten all die Emotionen einbringen, die uns die Schauspieler vermittelten, all die brillanten Darbietungen. Das war so viel schwieriger, als wir erwartet hatten, sodass wir die Zeit bis zur Umsetzung hätten verlängern müssen. Und da wir keine Zeit hatten, haben wir das Budget kräftig aufstocken müssen und haben es überzogen. Das war zu der Zeit, als die Inflation einsetzte, und zwar in allen Ländern, in denen wir produzierten. Also ja, das war eine Katastrophe. Eine weitere Hürde war der russische Angriff auf die Ukraine, weil wir ein Studio in Kiew hatten und das Studio schließen mussten.

Dann noch eine Frage zu der Umsetzung. Es traten echte Schauspieler und Schauspielerinnen auf. Aber wie sieht es mit den Hintergründen und Kostümen aus? Waren die echt oder wurden sie von Grund auf erfunden?

Wir haben alles gedreht, hauptsächlich Schauspieler in Kostümen im Studio. Also über Greenscreens. Wir hatten einige Sets, etwa wenn sie über den Markt läuft, aber meistens drehten wir vor Greenscreens. Wenn es in einer Szene eine Landschaft gibt, dann haben wir in dieser Szene definitiv einen Greenscreen verwendet. Wir haben in der Postproduktion und Animation viel hinzugefügt. Das war ein lustiger Teil und bedeutete, dieses Material zusammenzustellen. So zum Beispiel die Landschaften, die wir geschaffen haben, die Animationen der Tiere wie der Vögel, das waren hauptsächlich Animationen in CGI. Wir hatten eine wirklich tolle Engine namens Unreal, die ursprünglich für Videospiele verwendet wurde. Die Bilder wurden auf eine Leinwand projiziert und die Maler malten von dieser, so wie Maler manchmal von einer Fotografie malen. Als uns klar wurde, wie schwer es ist und wie lange es dauert, war klar, dass wir nicht 12 Bilder pro Sekunde wie bei Loving Vincent schaffen können. Also fingen wir an, 8 bis 6 zu malen und dann die Zwischenschritte in Photoshop mit digitaler Farbe zu malen.

Wie viele Leute haben für den Film gemalt?

Öl etwa 100 und dann noch einmal etwa 50 bei Photoshop.

Das Flüstern der Felder war ein langwieriges Projekt. Welcher Teil hat am längsten gedauert?

Es dauerte weniger als ein Jahr, das Drehbuch mit Korrekturen und Beratungen zu schreiben. Das Gemälde dauerte etwa zwei Jahre. Der Schnitt war natürlich sehr lang, aber die Dreharbeiten waren aufgrund der Corona-Krise sehr lang und wir mussten die Dreharbeiten abbrechen. Oh, und da ist noch etwas, das einige Zeit gedauert hat: Wir hatten drei verschiedene Enden. Aber das war meine Schuld, weil mir das Ende jedes Mal nicht gefiel und es so wichtig für mich war. Also mussten wir zurück ins Studio und den Schluss drehen. Ich glaube aber, dass das Malen am längsten gedauert hat, da 150 Leute zwei Jahre lang gemalt haben.

Vielen Dank für das Gespräch!

English version

© PORTRAITSTUDIO Norman Wong

With Loving Vincent, DK and Hugh Welchman created an absolute sensation. The film, which used animated paintings to tell the life of Vincent van Gogh, was screened at numerous festivals and was nominated for an Oscar. Now the couple is back with a second animated film. The Peasants is based on the Nobel Prize-winning novel by Władysław Reymont and tells the story of a young woman who is about to be married to a rich farmer in a Polish village at the end of the 19th century. We met DK Welchman at the German premiere at the Munich Film Festival and talked to her about working on the film.

My first question is why did you want to do the film? Why were you interested in doing an adaption of The Peasants?

This book is obligatory mandatory reading for high school in Poland, so teenagers are supposed to read it. Obviously they don’t read it because it’s 800 pages and it’s got this super long descriptions. I’m not saying it’s boring or anything, but when you are 17, it’s really not very easy to read because you’re too busy with other stuff and don’t have enough patience. I think you need to grow up a little bit. I went back to this book when I was painting for Loving Vincent. I really like to listen to audio books when I work, especially when I do some artwork or when I paint. So I listened to this audio book in my 30s and that was a very big difference. I realized that it’s such an incredible literature that has this beautiful language, very painterly language. The 10 pages description of nature immediately for me were a reason to make animation because in like just short scene using the painting you can sort of evoke almost the same feelings that the author tried to evoke when he was describing the nature of words over the pages. But I also really like the story about a little village in Poland 130 years ago. Of course you may think: How does this affect us right now and what why? Who would be interested in peasants 130 years ago from a Polish village? But all these subjects are very current and that’s what hit me. And also I really wanted to tell more female story. In my opinion the book that is so important in our country deserved a fresh adaptation with a completely different point of view.

Why do you think that this book is so important in Poland?

I think for the same reason it received a Nobel Prize, because it’s a masterpiece in terms of description of human nature and all the emotions. The book shows people who are just like us: love, passion, jealousy, greed. All these emotions are very current. There is lots of warmth and sympathy for these characters. And I think the story itself is very capturing, you know this whole triangle love story. But the novel also shows a world that doesn’t exist anymore. It shows the peasants and the life of that time. There are historical and political subjects because Poland was under partition. But mainly it’s about human nature.

Did you ever have any doubts about the project since your’re adapting a national treasure?

Sort of at the beginning when I realized that 800 pages of the book don’t really translate easily to 100 pages of the script. So it was clear that I had to cut parts of the book. And I realized that when I cut and edit the story in my way some people will hate it. Some people will think that I cut something that was important. I really tried to give justice to the story but obviously I had to focus on the main storyline that I chose. There were a lot of doubts and problems not only at the beginning but also during the production. We had one hurdle after another.

So what was the biggest one? What was the biggest challenge in doing this?

Well, the biggest I think was the scale and the style. We sort of knew that it was going to be bigger, more difficult than Loving Vincent. But we didn’t know how much more. And so we miscalculated a little bit. Loving Vincent was a very small, intimate film with characters that were mostly standing still. And here you have all these group scenes, dances and fighting. But also the costumes which were a nightmare to paint. We wanted to bring all the emotions the actors gave us, all the brilliant performances. That was so much harder than what we had expected so we would have to expand the time of realization. And since we didn’t have the time, we expanded the budget, like blowing up out of proportion. That was at the time when the inflation hit, in all the countries that we had for production. So yeah, that was a disaster. Another hurdle was the Russian attack on Ukraine because we had a studio in Kiev and had to close down the studio.

Then one question about how you did the visuals. You had real actors and actresses who were performing. But what about the backgrounds and the costumes? Were they real or were they invented from scratch?

We shot everything, actors in costumes in the studio mainly. So over green screens. We had some sets like when she walks around the market but mostly we shot in front of green screens. If there’s a landscape in a scene, then we definitely used a green screen in that scene. We added a lot in post-production and animation. That was a fun part and meant compiling this material. So for example, the landscapes we created, the animation of the animals like the birds, that was animation in CGI mainly. We had a really great engine called Unreal, that was originally an engine used for video games. The pictures were projected on a screen and the painters painted from that like painters sometimes paint from a photograph. When we realized how hard it is and how long it takes it was clear that we couldn’t do 12 frames per second like with Loving Vincent. So we started doing 8 even 6 and then did the in between in Photoshop in digital paint.

How many painters were there?

Oil around 100 and then digital Photoshop painters like I think around 50.

The Peasants was a very time consuming project. What part of it took the longest?

It took less than a year to write the script with corrections, with consultations. The painting took around two years. The editing was super long, of course, but shooting was also super long because COVID hit and we had to stop the shooting. Oh, and there’s another thing that took some time: We had three different endings. But that was my fault because I didn’t like the ending each time and it was so important to me. So we had to go back to the studio and shoot the ending. But I think the painting took the longest with 150 people painting for two years.

Thank you for the interview!



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