Unter den videogameaffinen Dragon Ball-Fans gibt es nicht wenige, die Dragon Ball Z: Das Erbe von Goku für das schlechteste Spiel des Franchises halten. Das werden allerdings überwiegend Leute sein, die noch nie Dragon Ball Z: Taiketsu gezockt oder dessen Existenz schlicht verdrängt haben.
Wer in letzter Zeit wieder einmal Dragon Ball Z: Das Erbe von Goku und Dragon Ball Z: Das Erbe von Goku II rausgekramt hat, wird dabei vielleicht auch über Dragon Ball Z: Taiketsu gestolpert sein. Ganz hinten versteckt in der Schublade, damit es nie wieder das Licht der Welt erblickt. Das Spiel kann mit den vorgenannten sowie Dragon Ball Z: Buu’s Fury nicht nur deshalb in einem Atemzug erwähnt werden, weil es vielleicht gemeinsam mit ihnen am selben Ort aufbewahrt wurde: All diese Games haben mit Webfoot Technologies denselben Entwickler.
Hässliche Figuren
Von alleine wäre da sicher niemand drauf gekommen. Die Charaktere hier sehen schlicht furchtbar aus. Es ist schon unbegreiflich genug, wie das vom selben Entwickler fabriziert worden sein kann. Noch rätselhafter ist jedoch, wie das denn im Jahre 2003 schlechter aussehen konnte als Das Erbe von Goku von 2002. Das Erbe von Goku war keinesfalls hässlich anzuschauen, aber zwischen ihm und dem Nachfolger lagen ja beinahe Welten. Und Taiketsu erschien nach dem zweiten Teil – aber vor Buu’s Fury, und dieses Spiel sah wiederum genau so aus wie der zweite Teil.
Vom Spielprinzip her unterscheidet sich Taiketsu gänzlich von der Trilogie. Es handelt sich nicht um ein Action-RPG, sondern ein reines Fighting-Game. Zu Beginn stehen sieben Charaktere zur Verfügung, acht weitere können freigeschaltet werden. Das ist eigentlich ganz cool. Sicher hätten es insgesamt mehr spielbare Figuren sein können, aber acht freischalten zu können ist für die damalige Zeit schon recht großzügig. Als Arena kann dabei einer von zehn verschiedenen Schauplätzen gewählt werden, was für GBA-Verhältnisse gar nicht einmal so übel ist. An diesen Hintergründen gibt es optisch dann auch nicht sonderlich viel auszusetzen. Sie erfüllen ihren Zweck.
Marketinglüge
Aber das Aussehen dieser Charaktere ist ja noch frecher als die Hitboxen in Das Erbe von Goku. Piccolo sieht zwar an sich in Ordnung aus, ist im Auswahlbildschirm aber zu groß, sodass sein Kopf gar nicht zu sehen ist. Kuririns Arme sind viel zu kurz, Vegetas Laufstegmodelgangart ist eine Schande und dann passen die Gesichter der Charaktere noch nicht einmal immer zu dem Modell, das dann tatsächlich gespielt werden kann. Freezer, Cell und Boo werden im jeweiligen Portrait als eine ihrer höher entwickelten Formen dargestellt, gespielt werden kann dann aber nur die erste. Lediglich während bestimmter Moves verwandeln sie sich kurzzeitig für die Dauer der Animation. Super-Boo grinst dem Spieler sogar noch im Titelbildschirm entgegen. Die Verantwortlichen sollen lieber froh sein, dass Kinder nicht wissen, was Marketinglügen sind und wie man eine Klage einreicht.
Den Kindern von heute muss man mit so etwas natürlich gar nicht mehr erst ankommen, aber es soll immerhin nicht unerwähnt bleiben, dass diese visuellen Mängel einem Kind oder Jugendlichen seinerzeit wohl tatsächlich gar nicht so stark auffielen. Für die Zielgruppe wäre dieser Aspekt also vielleicht noch verzeihbar, aber eine Frechheit ist es trotzdem.
Turnier und andere Modi
Aber bitte, Taiketsu ist ja ein Kampfspiel. Wenn es in dieser Hinsicht überzeugt, kann damit ja doch einiges wettgemacht werden. Fünf Modi bieten sich im Einzelspieler an, es gibt sogar eine separate Mehrspieler-Option. Das funktionierte damals über das Game Boy Advance Game Link Cable, mithilfe dessen zwei Geräte miteinander verbunden werden konnten. Getestet wurde diese Option für diese Rezension allerdings nicht.
Wer Taiketsu alleine bestreiten möchte, kann zwischen Turnier, Ausdauer, Zeitherausforderung, Training und Ausdauer 2x wählen. In den Ausdauer-Modi müssen so viele Gegner wie möglich hintereinander besiegt werden, ohne die Möglichkeit, Gesundheit zu regenerieren. Das Kernstück ist aber natürlich der Turnier-Modus. Die in den verschiedenen Modi erspielten Punkte können für Freischaltungen eingesetzt werden. Die meisten davon sind nicht weiter interessant, jedoch lassen sich damit auch bestimmte Spielparameter verändern. Damit können die Spielzeit oder die Verfügbarkeit von Superattacken variiert werden. Das ist für damalige Verhältnisse schon recht innovativ und erhöht in der Theorie den Wiederspielwert.
Kämpfe ein schlechter Scherz
Bei Taiketsu rettet das dann aber leider doch eher wenig. Das Kämpfen selbst ist nämlich ein schlechter Scherz. Entweder wird der Spieler von der KI komplett zermatscht oder er findet ein paar Wege, wie er sie vollkommen außer Gefecht setzt. Da gibt es sicher noch mehr Möglichkeiten, aber Legkick-Spam, wie wir ihn bei Conor McGregor (McGregor Forever) gegen Dustin Poirier 2 sehen konnten, funktioniert wohl nicht nur im MMA, sondern auch in der Welt der Videospiele. Wer in unter einer Sekunde gewinnen möchte, fängt einfach schon während der Aufforderung, sich bereitzumachen, damit an, ein paar Knöpfe zu drücken.
Wie ein Kind die ganzen Kombinationen der verschiedenen Charaktere herausfinden soll, bleibt auch schleierhaft. Abgesehen davon, dass sich die Charaktere, was die Moves angeht, so gut wie gar nicht unterscheiden und dass der GBA knopftechnisch eher limitiert ist, sind hier schon teilweise absurde Kombinationen implementiert, die Spieler zudem noch nicht einmal mitgeteilt werden. Der Luftkampf bietet den höchsten Unterhaltungsfaktor, allerdings auf sehr unfreiwillige Art. Das ist hier alles einfach nur absolut lächerlich. Dass es sich sogar bei Dragon Ball Z: Ultimate Battle 22 um ein (wenngleich marginal) besseres Spiel handelt, ist schon ziemlich kurios.
Unentschuldbar schlecht
Dragon Ball Z: Das Erbe von Goku wurde in der Besprechung hier unter anderem durch den Nostalgiefaktor gerettet, aber nicht mal der kann bei Taiketsu greifen. Das Spiel ist mit der größte Fehlkauf, den ein Dragon Ball-Fan sich leisten kann. Welches Dragon Ball-Spiel denn nun wirklich das schlechteste überhaupt ist, bleibt natürlich Geschmackssache. Taiketsu ist aber ein verdammt starker Anwärter für den Titel. Es gibt sicher Erklärungen für all das. So standen die Entwickler etwa unter immensem Druck, das Spiel rechtzeitig für die Weihnachtssaison fertigzustellen. Eine Entschuldigung kann das trotzdem nicht sein.
OT: „Dragon Ball Z: Taiketsu”
Land: USA
Jahr: 2003
Producer: Dana M. Dominiak
Design: Dana M. Dominiak, Gerry Swanson, Paul Carmody, Andrew Myers, Jim Grant
Vorlage: Akira Toriyama
Publisher: Atari
Entwickler: Webfoot Technologies
Plattform: Game Boy Advance
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