Ein neuer Sommer

Es soll der schönste Tag im Leben von Benji Winbury (Billy Howle) und Amelia Sacks (Eve Hewson) werden. Schließlich will der Sohn der schwerreichen und einflussreichen Familie seine aus eher einfachen Verhältnissen stammende Freundin heiraten. Die ist sich bei der ganzen Geschichte zwar immer noch nicht sicher, fühlt sich innerhalb der High Society nicht wirklich wohl. Doch bald hat sie ganz andere Sorgen, als es noch vor dem großen Moment zu einem Mord kommt. Dan Carter (Michael Beach) und Nikki Henry (Donna Lynne Champlin) von der Polizei nehmen sich daraufhin die Hochzeitsgesellschaft vor. Zu denen gehören neben Benjis Eltern Greer Garrison Winbury (Nicole Kidman) und Tag (Liev Schreiber) unter anderem Benjis älterer Bruder Thomas (Jack Reynor) und dessen schwangere Verlobte Abby (Dakota Fanning), Benjis jüngerer Bruder Will (Sam Nivola) sowie Isabel Nallet (Isabelle Adjani), eine alte Freundin der Familie …

Starbesetzte Krimiserie

Kaum ein Genre bringt so viele neue Titel hervor wie der des Krimis. Allein fürs deutsche Fernsehen werden jedes Jahr Dutzende von Filmen und Serien produziert, das Publikum will versorgt werden. Grundsätzlich ist auch auf Netflix das Genre beliebt. Der Streamingdienst tut selbst aber nicht so wahnsinnig viel dafür. Oftmals handelt es sich dann um Filme, die erst gar nicht synchronisiert werden, womit das große Publikum außen vorbleibt. Der einzige Titel der letzten Zeit, der tatsächlich von sich reden machte, war Red Eye. Und der war nur lizenziert. Diese Woche wird dafür richtig aufgetrumpft. Mit Ein neuer Sommer kommt eine neue Krimiserie heraus, der allein schon aufgrund der prominenten Besetzung Aufmerksamkeit gewiss sein dürfte. Da sind so viele Stars, dass man zunächst meinen könnte, es handele sich um einen neuen Teil von Knives Out – nur ohne Daniel Craig alias Benoit Blanc.

Vergleichbar zu diesen bewegen wir uns erneut innerhalb der High Society, wo viel Geld zu holen ist und deshalb erst einmal alle verdächtig sind, über Leichen zu gehen. Ein neuer Sommer ist da ganz klassisch, nimmt ein Szenario, wie man es bei traditionellen Whodunit-Krimis findet. Die Polizei soll dann, parallel zum mitfiebernden Publikum, herumrätseln, wer denn den Mord nun begangen hat. Ein ganz herkömmlicher Genrevertreter? Nur zum Teil. So irritiert die Adaption des Romans The Perfect Couple von Elin Hilderbrand dadurch, dass zunächst ein Geheimnis daraus gemacht wird, wer denn eigentlich das Opfer ist. Das sorgt vielleicht kurz für mehr Spannung, wenn die im Wasser liegende Leiche aus der Ferne nicht identifiziert werden kann und man sich fragt, wer das nun ist. Aber da die Auflösung hierfür ein paar Minuten später notgedrungen da ist, um die Geschichte fortführen zu können, hätte man sich diese Kuriosität sparen können.

Seifenoper am Rand der Karikatur

Die nächste Irritation betrifft die extremen Schwankungen in der Tonalität. So gibt es immer wieder humorvolle Szenen, gerade auch bei den Verhören, wenn sich die Bediensteten über die Familie lustig macht. Ansonsten will die Serie aber durchaus ernst sein und arbeitet mit ganz viel Drama. Ein neuer Sommer schießt dabei aber komplett am Ziel vorbei, ist oft mehr eine Seifenoper als wirklicher Krimi. Das hätte funktionieren können, wenn denn dieser Humor konsequent durchgezogen worden wäre. Schließlich sind die Figuren ohnehin schon Karikaturen. Tatsächlich ist das so übertrieben in der Darstellung von Stereotypen, dass man verwirrt die Netflix-Seite oder auch andere Filmseiten konsultiert, um sicherzugehen: Ist das nicht vielleicht doch eine Komödie? Zumal manche im Ensemble auch zum Overacting neigen.

Möglicherweise hätte das Ergebnis als richtige Komödie mehr Spaß gemacht. So aber ist Ein neuer Sommer phasenweise erstaunlich langweilig, wenn die von Jenna Lamia konzipierte Serie sich mit lauter Affären und ähnlichem beschäftigt und dabei der Fall selbst erstaunlich unwichtig wird. Hinzu kommt: Die Figuren sind dermaßen unsympathisch und zugleich klischeebeladen, dass die sechs Folgen immer länger werden. Irgendwann ist es einem praktisch schon egal, wer denn nun den Mord begangen hat. Eine Frage bleibt hingegen bis zum Schluss relevant: Wie haben sich so viele Stars dazu bereit erklärt, bei diesem Schund mitzumachen? Aber Netflix hat ja bekanntlich ein Händchen dafür, prominent besetzte Großtitel zu produzieren, die bestenfalls mittelmäßig sind.