Hazal (Melia Kara) wünscht sich nichts mehr als ein Leben und einen Ausbildungsplatz. Aber stattdessen zeigt ihr die Gesellschaft immer wieder, wo ihr Platz darin ist. Keine ihrer Bewerbungen führt zu einem Vorstellungsgespräch, ihre Mutter versteht sie nicht und sie hat tagtäglich mit Vorurteilen zu kämpfen. An ihrem 18. Geburtstag fühlt sie sich aber wieder stark und frei und beschließt, mit ihren Freundinnen in einem hippen Berliner Club feiern zu gehen. Aber auch hier stoßt Hazal auf geschlossene Türen: Sie und ihre Freundinnen dürfen den Club nicht betreten und enttäuscht machen sie sich wieder auf den Heimweg. Als ein überheblicher Student die Frauen dann auch noch belästigt, kommt es zu einer körperlichen Auseinandersetzung, die böse endet. Hazal flieht nach Istanbul zu einer Internetbekanntschaft und kämpft von nun an ums blanke Überleben.
Der Ernst des Erwachsenwerdens
Vorurteile und Ausländerfeindlichkeit bestimmen den Alltag der jungen Frau, die sich in Berlin von der Gesellschaft ausgegrenzt fühlt. Die Ausländerfeindlichkeit ist im Film manchmal sehr erschreckend realistisch, aber in manchen Szenen auch etwas überzogen und einseitig dargestellt. Vor allem in einer Szene, in der Hazal des Diebstahls bezichtigt wird, während sie sich eigentlich gerade nur mit Testern in der Kosmetikabteilung schminkt. Der Film Ellbogen ist eine Aneinanderreihung von Szenarien, in denen der Protagonistin aufgrund ihrer türkischen Herkunft quasi in Dauerschleife Ungerechtigkeiten im Alltag widerfahren, bei denen sie sich in mancher Hinsicht mit ihrem Verhalten auch selbst keinen Gefallen tut. Sie steht nicht wirklich für sich ein und tut nicht viel, um aus ihrer „Opferrolle“ auszusteigen und die Vorurteile zu entschärfen. Stattdessen rebelliert sie und verhält sich dabei meist unreif, bis sie eines Tages selbst zur Täterin wird.
Der Umgang mit vielen Dingen, die durchaus ungerecht sind, ist in den meisten Fällen unreif und anstrengend. Auch wenn man oft mit Hazal mitfühlt, fällt es manchmal schwer, einen Bezug zu der Protagonistin aufzubauen. Sie scheint nicht nur im Film, sondern auch für die Zuschauer unnahbar zu bleiben. Aber in manchen Situationen merkt man, dass hinter der Fassade ein ganz weicher Kern steckt. Gerade wenn einem bewusst wird, was die junge Frau alles durchstehen muss, nachdem sie gerade erst achtzehn Jahre alt geworden ist. Während für andere das Leben jetzt so richtig beginnt, scheint ihres gerade vorbei zu sein und keinen scheint das zu kümmern. An der Stelle ist die schauspielerische Leistung von Melia Kara sehr zu loben. Die Hauptdarstellerin hat ein super Schauspieldebüt hingelegt und auch der restliche Cast, darunter Hazals Mutter (Jale Arikan) und ihre Freundinnen (Jamilah Bagdach, Asya Utku) haben in ihren Rollen total überzeugt.
Von der Gesellschaft verdrängt
Die Kameraführung hat zu der düsteren Atmosphäre der erdrückenden Handlung gepasst. Der Film weist ungehemmt auf wichtige gesellschaftliche Probleme hin, die aber manchmal sehr einseitig dargestellt werden. Der Film ist definitiv nichts für schwache Nerven und noch lange, nachdem man ihn gesehen hat, fühlt man sich aufgewühlt. Denn die Wut über die Ungerechtigkeiten, die sich in Hazal anstaut, geht auch auf die Zuschauer über und bei einigen Gewaltszenen, kann einem vor Fassungslosigkeit wirklich nur schlecht werden.
OT: „Ellbogen“
Land: Deutschland, Türkei
Jahr: 2024
Regie: Asli Özarslan
Drehbuch: Claudia Schaefer, Asli Özarslan
Vorlage: Fatma Aydemir
Musik: Delphine Mantoulet
Kamera: Andac Karabeyoglu
Besetzung: Melia Kara, Jamilah Bagdach, Asya Utku, Nurgul Ayduran, Doga Gurer, Mina Özlem Sagdic, Jale Arikan, Ali-Emre Sahin
Berlinale 2024
achtung berlin 2024
Schlingel 2024
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