Büroleiterin Anna Grawe (Tanja Wedhorn) weiß nicht, wo ihr der Kopf steht, als auf einmal Staatsanwältin Limmer (Clelia Sarto) vor ihr steht. Der Vorwurf: Grawes Chefin, Bundestagsabgeordnete Bea Kober (Rosa Enskat), soll im Zentrum eines Korruptionsskandals stehen. Und auch die Angestellte steht nun unter dem Verdacht, Teil davon zu sein. Schließlich lebt sie über ihre Verhältnisse. Wie kann es beispielsweise sein, dass ihre Tochter Larissa (Paula Hartmann) auf einer teuren Privatuni in London studieren kann? Dabei hat diese eine eigene Methode, sich zu finanzieren. Sie will sich ihren Lebensunterhalt von dem verheirateten Geschäftsmann Igor Parygin (Eugen Knecht) erpressen, mit dem sie eine Affäre hatte. Um ihren Kopf wieder freizukriegen, beschließt Grawe, zu ihrer Mutter Magda (Jutta Wachowiak) aufs Land zu fahren. Doch auch dort wird sie von der Geschichte eingeholt …
Politthriller im menschlichen Sumpf
Nach der langen Sommerpause setzt man bei der ARD wieder verstärkt auf düstere Stoffe. Neben den bewährten Reihen gibt es dabei auch neue Titel. Da ist die Mysteryserie Wäldern, die mit den ersten beiden Filmen Das verschwundene Mädchen und Das Böse in den Spiegeln an den Start ging. Direkt im Anschluss strahlt der Senderverbund mit Im Netz der Gier einen Thriller aus, der ebenfalls dazu auserkoren ist, möglichst viel Spannung zu erzeugen. Ausnahmsweise handelt es sich dabei um einen in sich abgeschlossenen Film. Theoretisch zumindest. Praktisch bleibt am Ende einiges unaufgearbeitet, was aber eher als Teil der Aussage zu verstehen ist, weniger als Hinweis, dass die Geschichte noch eine Fortsetzung erhält.
Ein Verlust ist es nicht, wenn hier nach einem Mal bereits Schluss sein sollte. Dafür ist der Film einfach zu schwach. Dabei hatte man schon den Anspruch, richtig tief in den politischen Sumpf einzusteigen und Abgründe zu offenbaren. Tatsächlich ist es schon irgendwie beeindruckend, wie es Im Netz der Gier schafft, lauter fragwürdige bis abscheuliche Figuren zu versammeln. Dass Politiker und Geschäftsleute korrupt sind, das kennt man aus solchen Filmen. Aber auch die Protagonistin und ihre Tochter sind letztendlich skrupellos, interessieren sich nicht dafür, was richtig ist, solange sie davon profitieren. Das hätte spannend werden können, wenn man nicht gleichzeitig versuchen würde, die beiden als die Guten verkaufen zu wollen, mit denen man mitfiebern soll. Das funktioniert nicht. Es werden auch keine ambivalenten Figuren draus, dafür fehlt die inhaltliche Auseinandersetzung.
Langweilig bis lächerlich
Allgemein hat Drehbuchautor Michael Vershinin, der unter anderem an mehreren Usedom- und Passau-Krimis gearbeitet hat, nicht viel Arbeit in die Charaktere investiert. Mehr als Stereotype sind ihm da nicht eingefallen. Die einzige halbwegs interessante Figur ist die von Magda, die als resolute Mutter mitmischt. Ansonsten ist da niemand dabei, der ein Einschalten rechtfertigen würde. Die Geschichte ist nicht besser. Im Netz der Gier handelt mal wieder davon, dass sich Leute in der Politik von diktatorischen Ländern bezahlen lassen. Das ist zwar nicht unrealistisch, das zeigen einige aktuelle Beispiele. Es ist aber nicht annähernd so brisant, wie hier getan wird. Dafür war das einfach schon zu oft Thema. Tatsächlich ist es gerade mal ein halbes Jahr her, dass es im Ersten mit Am Abgrund schon einen Politthriller gab. Damals ging es darum, wie sich Deutschland an Aserbaidschan verkauft. Hier ist es eben Kasachstan.
Während der Inhousekollege aber zumindest noch relevante Fragen stellte, die als Denkanstoß fungieren konnten, da bleibt Im Netz der Gier trotz der Brisanz seltsam belanglos. Im weiteren Verlauf wird dann zwar versucht, ein bisschen Spannung zu erzeugen, indem die Protagonistin und ihre Tochter in brenzlige Situationen geraten. Aber auch da gibt es nur Klischees, dazu wird es schnell mal lächerlich. Da zudem eine befriedigende Auflösung ausbleibt, ist der Thriller letztendlich nicht nur langweilig, sondern auch Zeitverschwendung. Das Geld, das in diesen Fernsehfilm investiert wurde, wäre woanders besser aufgehoben gewesen.
OT: „Im Netz der Gier“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Franziska Schlotterer
Drehbuch: Michael Vershinin
Musik: Christopher Bremus
Kamera: Bernd Fischer
Besetzung: Tanja Wedhorn, Paula Hartmann, Jutta Wachowiak, Clelia Sarto, Rosa Enskat, Kai Scheve, Andreas Warmbrunn, Eugen Knecht, Jörg Pose
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