Into The Fire: Die verlorene Tochter

Für Verbrechen ist bei Netflix doch immer Zeit. So erscheinen nach wie vor mehrfach pro Monat neue True Crime Dokus, die sich mal mehr mal weniger bekannter Schreckensgeschichten annehmen. Letzten Monat war da beispielsweise American Murder: Laci Peterson über eine Frau, die spurlos verschwunden war und im Mittelpunkt eine tragischen Geschichte stand. Danach erinnerte Untold: The Murder of Air McNair an den gleichnamigen Football-Spieler, auch er wurde Opfer eines Gewaltverbrechens. Und dann war da noch die Serie Worst Ex Ever, die sogar eine ganze Reihe von Horrorgeschichten auf Lager hatte, die sich um psychotische und perfide Expartner und Expartnerinnen drehten. Mit Into The Fire: Die verlorene Tochter gibt es nun wieder Nachschub, diesmal steht ein einziger Fall auf dem Programm.

Die Suche nach der leiblichen Tochter

Die Geschichte beginnt damit, dass Cathy Terkanian Nachricht von ihrer Tochter erhält, die sie 35 Jahre zuvor zur Adoption freigegeben hat. Das klingt eigentlich erst einmal positiv, nach einer schönen Familienzusammenführung. Der Anlass ist jedoch weniger schön: Aundria Bowman, so der Name der Tochter, ist spurlos verschwunden. Die Polizei vermutet, dass die 14-Jährige einfach abgehauen ist. Aber aus welchem Grund? Und wohin? Cathy will das nicht auf sich beruhen lassen und macht sich daher selbst auf die Spurensuche. Sie mag zwar nie Kontakt mit dem Mädchen gehabt haben, was sie aber nicht davon abhält, die Verschwundene als ihre Tochter anzusehen. Into The Fire: Die verlorene Tochter ist dann auch ein Drama, welches das Konzept Familie zum Thema hat, wenn die leibliche Mutter und die Adoptivmutter in einer Konkurrenz zueinander stehen.

Der Part wird an manchen Stellen auch ziemlich aufgebauscht, gerade zum Ende hin gibt es ganz viel Pathos und es soll das Publikum zu Tränen gerührt werden. Regisseur Ryan White, der zuvor unter anderem Pamela – Eine Liebesgeschichte und Fragen Sie Dr. Ruth gedreht hat, hat es da nicht so mit Zurückhaltung, schreckt auch vor plumper Manipulation nicht zurück. Das ist ärgerlich, weil die Geschichte auch so einiges zu bieten hatte. So darf man, sofern man nicht ohnehin mit dem Fall vertraut ist, kräftig mitspekulieren, was sich da zugetragen hat. Dass ein schlimmes Verbrechen begangen wurde, steht bei Into The Fire: Die verlorene Tochter zwar außer Frage. Sonst hätte Netflix den Zweiteiler nicht ins Programm aufgenommen. Aber es ist doch lange unklar, was genau vorgefallen ist.

Zwischen Schock und Standard

Die Auflösung hat es in sich, dürfte viele überraschen, wenn nicht gar schockieren. Umso mehr, da diese nur schrittweise geschieht. Schon die erste Enthüllung hat es in sich, später wird es zu weiteren kommen. Wer die Qualität einer True Crime Doku an dem Schockfaktor festmacht, kommt auf jeden Fall auf seine Kosten. Allerdings braucht es dafür schon etwas Geduld. Warum es zwei knapp spielfilmlange Folgen sein mussten, wird nicht ganz klar. Man hätte Into The Fire: Die verlorene Tochter sicherlich an der einen oder anderen Stelle kürzen können, um damit auf eine reguläre Laufzeit zu kommen. Die besagten Aspekte rund um die Familienkonstellation hätten beispielsweise knapper ausfallen dürfen, da es eh nicht zu einer nennenswerten Aussage kommt.

Ansonsten ist die Doku inszenatorisch unauffällig. Es gibt den üblichen Mix aus historischen Archivaufnahmen, Interviews und der einen oder anderen nachgestellten Szene, Letzteres wird aber nur in Maßen getan. Terkanian sticht bei diesen besagten Interviews ein wenig hervor, auf eine zuweilen unangenehme Weise. Dennoch können Fans von Produktionen aus diesem Segment einmal einen Blick riskieren. Into The Fire: Die verlorene Tochter dürfte das bieten, was die Zielgruppe erwartet. Der Zweiteiler sticht aber nicht genügend hervor, um in diesem hart umkämpften Segment größeren Eindruck zu hinterlassen.