Jailbreak: Liebe auf der Flucht

Wer regelmäßig Netflix schaut, könnte den Eindruck gewinnen, dass es in der Welt da draußen nur Kriminelle gibt. Zumindest ist es doch beachtlich, wie viele True Crime Dokus der Streamingdienst jeden Monat so herausbringt. Kürzlich war da beispielsweise Into The Fire: Die verlorene Tochter, bei dem eine Frau ihre Tochter sucht, die sie als Kind zur Adoption freigab und die später spurlos verschwand. Schockierend waren auch die Geschichten, die in Worst Ex Ever erzählt werden und von den Erfahrungen mit psychopathischen, kriminellen Verflossenen handeln. Mit Jailbreak: Liebe auf der Flucht kommt nun ein weiterer Film heraus, bei dem es um Kriminelle und ein Verbrechen geht. Aber nicht nur.

Wenn Liebe kriminell macht

So nimmt der Titel bereits vorweg, worum es hier geht. Da sind zwei Menschen aus einem Gefängnis ausgebrochen, um zusammen sein zu können. Das Besondere daran: Eine der beiden Personen arbeitete in dem besagten Gefängnis. Genauer erzählt der Dokumentarfilm von der Justizbeamtin Vicky White, die ein geregeltes, solides Leben führte, bei anderen beliebt war, freundlich und etwas unauffällig. Ihr Leben geriet aber aus den Fugen, als sie den zwanzig Jahre jüngeren Casey White kennenlernt, der wegen Mordes inhaftiert ist. Denn sie verliebt sich in ihn, will ihm zu einem Leben in Freiheit verhelfen. Was sie an ihm fand, das wird nicht klar, Jailbreak: Liebe auf der Flucht gibt darauf keine Antwort. Dabei versuchen sich Leute aus ihrem Umfeld, die hier zu Wort kommen, schon an einer Erklärung. Sie finden nur keine.

Der Film macht dabei aus der Not eine Tugend und setzt ganz auf den Faktor: „Ihr werdet nicht glauben, was da geschehen ist!“ Das ist einerseits nachvollziehbar, da die Geschichte schon irgendwie spektakulär ist. So spektakulär, dass sie für Hollywood ein gefundenes Fressen sein müsste, umso mehr, da es noch eine tragische Komponente gibt. Tatsächlich gibt es auch bereits zwei Spielfilm-Adaptionen, obwohl der Fall nicht einmal zweieinhalb Jahre her ist. Jailbreak: Liebe auf der Flucht hat jedoch etwas damit zu kämpfen, dass Vicky nicht zu Wort kommt und man über sie nur in der dritten Person erfährt. Die anderen sparen nicht mit Beschreibungen. Dennoch bleibt sie letztendlich doch irgendwie fremd, man hat nicht wirklich das Gefühl, sie kennengelernt zu haben. Wenn ihre Tat so untypisch für sie ist, so unerklärlich, stellt sich doch die Frage, ob die anderen sie wirklich gekannt haben.

Spektakulär und doch nichtssagend

Allgemein hat der Film etwas das Problem, dass er gar nicht so viel erzählen kann. Aufnahmen der Flucht gibt es keine, ebenso wenig von der Zeit, die die beiden vorher miteinander verbracht haben. Den Plan hatte Vicky sowieso aus naheliegenden Gründen mit niemandem geteilt. Ein bisschen kann das Ganze zwar schon rekonstruiert werden, auch durch mitgeschnittene Telefonate. Aber das reicht nicht wirklich aus. Obwohl Jailbreak: Liebe auf der Flucht gar nicht so wahnsinnig lang ist, gerade mal knapp anderthalb Stunden, dreht sich das Ganze irgendwann im Kreis. Die diversen Interviewten haben dem, was bereits bekannt ist, einfach nicht viel hinzuzufügen.

Wer sich an spektakulären Verbrechen erfreut, kann es natürlich trotzdem hiermit versuchen. Zumindest hierzulande dürften viele die Geschichte nicht kennen und deshalb mitfiebern, wie diese wohl ausgeht. Mehr als Mittelmaß ist Jailbreak: Liebe auf der Flucht aber kaum, man kann sich genauso gut im Internet über den Fall schlau machen, ohne viel zu verpassen. Das ginge zudem deutlich schneller.