Mon inséparable My Everything
© Les Films du Losange

My Everything

Mon inséparable My Everything
„My Everything“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Mona (Laure Calamy) ist es gewohnt, ihre Bedürfnisse hinter die anderer zu stellen. Vor allem ihr Sohn Joel (Charles Peccia Galletto) ist aufgrund seiner geistigen Behinderung auf ihre Hilfe angewiesen. Viele Jahre hat sie dies getan, allein, ohne Partner. Doch nun ist er ein junger Erwachsener und möchte auf eigenen Beinen stehen. Tatsächlich hat er seit Neuestem sogar eine Freundin. Mehr noch: Oceane (Julie Froger), die er bei der Arbeit kennengelernt hat und die ebenfalls geistig eingeschränkt ist, ist schwanger. Während ihre Eltern das schlichtweg ablehnen, versucht Mona, sich mit dieser Situation zu arrangieren und das Beste daraus machen. Dabei findet sie jedoch immer schwieriger Zugang zu ihrem Sohn. Und dann ist da ja noch Frank (Geert Van Rampelberg), den sie in einer Bar kennengelernt hat und mit dem sie die Nacht verbracht hat. Kann das eine Zukunft haben?

Die Suche nach der richtigen Balance

Was ist schon normal? ist ohne Zweifel der französische Film des Jahres, zumindest aus Sicht des Publikums. Mehr als zehn Millionen haben die Komödie um zwei Gauner, die sich nach einem Raubüberfall bei einem Ferienausflug von Menschen mit geistiger Behinderung eingeschlichen haben und dort untertauchen wollen. Mit My Everything kommt nun ein weiterer französischer Film, der sich mit dem Zusammenleben mit Menschen mit geistiger Behinderung auseinandersetzt. Dass dieser ähnlich einschlägt wie der obige Titel ist aber so gut wie ausgeschlossen. Denn während der Blockbuster auf Humor und Versöhnlichkeit Wert legt, da wird es hier deutlich ambivalenter und schwieriger. Das ist nichts, bei dem man mal für anderthalb Stunden abschalten kann.

Lustige Szenen gibt es kaum. Die peinlichen Momente, die man hier erlebt, sind unangenehm, teils schmerzhaft, wenn Mona irgendwie versucht, das Richtige zu tun, aber nicht genau weiß, was das ist. Denn das gehört bei My Everything dabei: Hier gibt es keine einfachen Antworten. Natürlich ist das Drama auch ein Plädoyer für mehr Offenheit und Respekt. Das betrifft etwa Joels Vater, der nie etwas mit ihm zu tun haben wollte. Oceanes Eltern müssen lernen, ihrer Tochter eine eigene Entscheidung zuzugestehen, als sie schwanger wird. Und selbst Mona, die – der Titel verrät es bereits – alles für ihren Sohn tun würde, hat damit zu kämpfen, die richtige Balance aus Hilfe und Abstand zu finden. Da zu sein, ohne deswegen bestimmen zu wollen.

Das schwierige Loslassen

Überhaupt ist es die Mutter, die hier im Mittelpunkt steht. Regisseurin und Drehbuchautorin Anne-Sophie Bailly erzählt in ihrem Langfilmdebüt von dem schwierigen Loslassen der eigenen Kinder. Damit werden sich prinzipiell viele identifizieren können: Viele Frauen, deren Leben jahrelang durch ihre Rolle als Mutter definiert wurde, tun sich schwer damit, wenn sich die Beziehung verändert. Hier kommt noch hinzu, dass Joel mehr Hilfe braucht als die meisten Kinder, was die Situation verschärft. My Everything, das 2024 in der Orrizonti Sektion der Filmfestspiele von Venedig Premiere feierte, beschreibt eine Frau, die so sehr für jemand anderen gelebt hat, dass sie gar nicht mehr weiß, was es heißt, ein eigenes Leben zu führen – was sich besonders bei den holprigen Momenten mit Frank zeigt.

Laure Calamy ist für eine solche Figur natürlich eine sehr gute Wahl. In Julie – Eine Frau gibt nicht auf hatte sie schließlich vor einigen Jahren bereits als alleinerziehende Mutter überzeugt, die – ebenfalls von der Lebenssituation überfordert – von Ort zu Ort rennt. My Everything mag nicht ganz so rastlos sein, zeigt aber ebenfalls eine Frau, die verzweifelt nach einem Ausweg sucht. Das geht zu Herzen, ohne dass Bailly zu groben Manipulationen greifen müsste. Das Drama zeigt auf, wie schwierig das Leben manchmal sein kann und wie wenig Einfluss wir darauf haben. Gleichzeitig macht der Film auch Hoffnung, dass es trotz allem weitergeht und dass es einen weiteren Weg gibt, selbst wenn wir diesen in dem Moment vielleicht noch nicht sehen können.

Credits

OT: „Mon inséparable“
Land: Frankreich
Jahr: 2024
Regie: Anne-Sophie Bailly
Drehbuch: Anne-Sophie Bailly
Musik: Jean Thévenin
Kamera: Nader Chalhoub
Besetzung: Laure Calamy, Charles Peccia Galletto, Geert Van Rampelberg, Rébecca Finet, Aissatou Diallo Sagna, Pasquale D’inca, Jean De Pange

Bilder

Trailer

Filmfeste

Venedig 2024

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My Everything
fazit
„My Everything“ erzählt von einer Frau, dessen Sohn mit geistiger Behinderung anfangen will, ein eigenes Leben zu führen – was sie überfordert. Der Film zeigt ohne aufgesetztes Drama, wie schwierig die Situation sein kann und schafft auch für ein breites Publikum Anknüpfungspunkte.
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