Gemeinsam mit ihrer Mutter (Halle Berry) leben die beiden Zwillingsbrüder Nolan (Percy Daggs IV) und Samuel (Anthony B. Jenkins) zurückgezogen in einer Waldhütte. Überzeugt davon, dass draußen das Böse umherstreift und nur darauf wartet, von ihnen Besitz zu ergreifen, wie es schon bei dem Ehemann und den Eltern der Fall war, gibt es strenge Regeln, die sie einhalten müssen. So darf niemand hinaus, ohne mittels eines Seils mit dem Haus verbunden zu sein, welches die drei vor dem Bösen schützen soll. Über viele Jahre hinweg funktionierte das gut. Doch es wird immer schwieriger innerhalb des Radius genügend Nahrung zu finden. Außerdem hat Nolan begonnen, an den Geschichten der Mutter zu zweifeln, was zu regelmäßigen Konflikten innerhalb der Familie führt …
Real oder eingebildet?
Es gibt ja so Tage, da erscheint einem die Welt da draußen so finster und gefährlich, dass man das Gefühl hat, lieber nicht mehr hinausgehen zu wollen. Das Konzept, dass alles, was von draußen kommt, jeder Fremde, eine Bedrohung ist, ist sowieso eines, das viele verinnerlicht haben. Insofern ist es nur konsequent, wenn Filme diese Ängste aufgreifen und von Menschen erzählen, deren Zuhause vom Bösen umgeben ist. Home-Invasion-Thriller leben insbesondere davon, dass jemand selbst in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher ist und etwas versucht, von draußen hineinzukommen. Auf gewisse Weise gilt das auch für Never Let Go – Lass niemals los. Immer wieder warnt die Mutter davor, dass etwas von ihnen Besitz ergreifen könnte, das sie selbst böse werden lässt und damit die ganze Familie bedroht.
Einen Namen erhält die Protagonistin zu keiner Zeit. Allgemein hält sich der Film mit Kontexten und Erklärungen sehr zurück. Ein paar Informationen werden mit der Zeit zwar schon geteilt. Aber das bleibt alles sehr vage. Dabei handelt es sich nicht um ein bloßes Versehen. Vielmehr ist es Teil des Konzepts von Never Let Go – Lass niemals los, nie ganz eindeutig zu werden. Wenn die Mutter zu Beginn eine teuflische Vision hat, die aber von den Jungen nicht gesehen werden kann, kommen automatisch Zweifel auf. Ist das Böse real oder nur eingebildet? Der Film steht da durchaus in der Tradition von Horrorfilmen. Der Zweifel an der Wahrnehmung von Figuren gehört dort immer mit dazu, sowohl durch das Publikum wie auch die anderen Charaktere in der Geschichte. Wo das sonst aber nur ein Teilaspekt ist, da ist das hier ein zentraler Punkt. Bis zum Schluss sollen sich die Zuschauer und Zuschauerinnen fragen, was dran ist an dem Ganzen.
Mehr Drama als Horror
Manche werden sich da unweigerlich an The Village – Das Dorf zurückerinnert fühlen, wo sich ebenfalls Menschen zurückgezogen hatten, um sich vor der Welt da draußen zu verstecken. Und so wie dort ist Never Let Go – Lass niemals los letztendlich eine Art Mogelpackung. Verkauft werden beide Filme als Thriller, sind aber eher eine Mischung aus Drama, Mystery und Horror. Zwar kommt es immer wieder zu unheimlichen Momenten, die von dem Genreexperten Alexandre Aja (Crawl) auch stimmungsvoll in Szene gesetzt werden. Die Geschichte selbst handelt aber mehr von den Menschen, von den Beziehungen untereinander. Und sie handeln davon, wie Überzeugungen und Ängste weitergegeben werden, ohne hinterfragt zu werden. Da ist mehr als eine Stelle, bei der man den Eindruck haben darf, dass der Film eigentlich ein Kommentar über Religionen ist, wenn das Haus auf geradezu kultische Weise verehrt wird.
Das Problem ist jedoch, dass der Film dabei nie wirklich konsequent wird. Er will diese Unbestimmtheit, will vom Publikum, dass es rätselt und zweifelt, mit dem Ergebnis, dass es zu keiner wirklichen Aussage kommt. Never Let Go – Lass niemals los wirkt so, als habe man zwei verschiedene Filme zu einem einzigen zusammengeführt, ohne genau zu wissen, was man eigentlich will. Gerade im Mittelteil, wenn die Konflikte etabliert sind, macht sich das bemerkbar. Es tut sich dann nicht mehr sehr viel. Das wird den einen gefallen, die anderen frustrieren. Stimmungsvoll ist dieser Genremix auf jeden Fall, gefällt durch ein atmosphärisches Setting sowie ein fantastisches Ensemble. Halle Berry darf als verzweifelte Mutter wieder eine andere Seite an sich zeigen, die beiden Jungen sind eine echte Entdeckung. Zwischendurch geht der Film auch zu Herzen, wenn es um Familienbande geht, die noch stärker sind als die Seile, mit denen sie sich an das Haus ketten. Mit mehr Konsequenz hätte das aber noch um einiges stärker sein können.
OT: „Never Let Go“
Land: USA
Jahr: 2024
Regie: Alexandre Aja
Drehbuch: Kevin Coughlin, Ryan Grassby
Musik: Robin Coudert
Kamera: Maxime Alexandre
Besetzung: Halle Berry, Percy Daggs IV, Anthony B. Jenkins
In einer post-apokalyptischen Welt lebt Momma (Halle Berry) mit ihren 10-jährigen Zwillingssöhnen Samuel und Nolan in einer einsamen Hütte im Wald. Die Hütte und der enge Zusammenhalt der kleinen Familie sind der einzige Schutz vor den Bedrohungen des Waldes und dem Bösen in der Welt. Momma bläut ihren Kindern ein, dass sie das Haus nur verlassen dürfen, wenn sie mit langen Stricken damit verbunden bleiben: Wird diese Verbindung gekappt, lauert der Tod! Doch als einen der Jungen Zweifel an Mommas Warnungen beschleichen, wird das Band, das die Drei verbindet, jäh durchtrennt. Ein schrecklicher Kampf ums Überleben beginnt.
Zuletzt erzählte der französische Regisseur Alexandre Aja in Crawl (2019) von einem Kampf gegen Alligatoren und einen Hurricane, bevor er in dem Science-Fiction-Thriller Oxygen (2021) eine Frau in eine Kapsel und eine mysteriöse Situation steckte. Nun meldet er sich mit seinem neuen Werk Never Let Go – Lass niemals los zurück, bei dem eine ganze Familie ums Überleben kämpft. Am 26. September 2024 kommt der Thriller bei uns in die Kinos. Das nehmen wir zum Anlass für ein neues Gewinnspiel: Wir verlosen ein Fanpaket, das neben zwei Tickets einen Schlüsselanhänger und ein T-Shirt zum Film enthält.
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