Seven Days Haft Rooz
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Seven Days

Inhalt / Kritik

Nur sieben Tage werden der iranischen Menschenrechtsaktivistin und Frauenrechtlerin Maryam (Vishka Asayesh) nach einem Herzinfarkt während der Haft gegeben, damit sie ihre Familie sehen kann. Ihr Bruder jedoch hat andere Pläne, als er sie am Gefängnis abholt, denn seine Mutter und er haben mit Bekannten und Freunden der Familie die Flucht Maryams nach Deutschland organisiert, wo ihr Mann und ihre beiden Kinder schon seit vielen Jahren wohnen. Maryam fühlt sich überrumpelt und hadert mit sich selbst, ob sie ihre Vorhaben im Iran und ihre Ambitionen hinter sich lassen kann. Schließlich macht sie sich auf den Weg, der über viele Stationen geht, in denen sie oft nicht weiß, wem sie glauben kann und wer ihr Begleiter für die nächsten Kilometer sind. Ihre Familie wartet bereits an der türkischen Grenze sehnsüchtig auf sie, doch bis dahin ist es noch ein langer und gefährlicher Weg. Als sie aufgrund eines plötzlichen Wetterumbruchs nahe der Grenze festsitzt, drängt sie ihren Helfer, trotz des Sturmes und der Temperaturen den Weg fortzusetzen, wobei sie ihm zugleich ein Geheimnis über ihre Flucht gesteht.

Versuche, jemanden zum Schweigen zu bringen

Es ist nicht überraschend, dass der iranische Staat mit kritischen Stimmen oder divergierenden Narrativen nicht gut umgehen kann, denn wer nicht mit Haft, Hausarrest oder Schlimmerem bestraft werden will, verlässt das Land umgehend. Regisseur Ali Samadi Ahadi (Teheran Tabu, The Green Wave) und Drehbuchautor Mohammed Rasulof (Doch das Böse gibt es nicht) kennen diese Situation nur zu genau, vor allem Rasulof, der den Iran verlassen musste, als seine Kritik am Regime ihm eine Gefängnisstrafe einbrachte. In Seven Days erzählen sie von einer Frau, die vor einer unmöglichen Entscheidung steht und viele Strapazen auf sich nimmt, wobei sie nicht nur den Kampf eines Individuums zeigen, sondern auch die persönlichen und körperlichen Opfer, die dieser nach sich zieht. Auf dem Toronto Film Festival 2024 feiert das Drama seine Weltpremiere.

Bei dem Begriff Aktivist denken wir wahrscheinlich an Bilder von Menschen, die protestierend durch die Straßen ziehen und für ihr Rechte oder die Anderer einstehen. Die Idee, für etwas einzustehen, ist eine Idee, die sehr edel ist und sogar in den Theorien eines Immanuel Kant als hohe Stufe des moralischen Handelns erscheint. Es ist aber zugleich nur ein Aspekt eines Menschen, auch wenn dieser in vielen Romanen oder Filmen sehr viel Raum einnimmt und die Person hinter dem Aktivisten oder der Aktivistin vergisst. Im Falle von Seven Days haben wir den raren Fall eines Porträts, das sich bemüht, alle Aspekte einer solchen Figur zu zeigen, ebenso jene, in denen die Titelheldin alles andere als heldenhaft erscheint und wir mit ihr hadern.

Die mühsame Flucht, die fast die Hälfte des Films einnimmt, steht sinnbildlich für eine Reihe von Entbehrungen, Hürden und Kämpfen, die Maryam über die Jahre mitgemacht hat und die sie emotional und körperlich gefordert haben. Ahadis Film wechselt von Szenen in engen, heißen kleinen Hütten mit in der Einöde, die Maryam als temporäres Versteck dienen, zu einer prächtigen Bergkulisse, deren Schönheit sich jedoch als trügerisch erweist. Die Prämisse von Seven Days ist simpel, ebenso wie sie stilistischen Mittel der Inszenierung, denn im Zentrum steht der Wille eines Menschen, der einen Kampf austrägt, der noch viel mühsamer ist als alles andere um ihn herum.

Ein Dilemma

Natürlich liegt der Fokus des Dramas auf seiner Heldin und damit der schauspielerischen Leistung Vishka Asayeshs. Schon kurz nach ihrer zeitweisen Entlassung aus der Haft fragt sie nach einem Telefon, um für eine Mitgefangene und deren Verfahren etwas bei den Behörden zu regeln. Beim Arzt scheint ihre eigene Gesundheit nur eine Randnotiz zu sein, als sie die junge Doktorin nach einer Medikation für eine weitere Mitgefangene fragt. Maryam ist eine Frau, die nicht still sitzen und die man nicht zum Schweigen verdammen kann, erst die Entscheidung zwischen den eigenen Prinzipien und der Familie resultiert in einem Moment des Innehaltens. Asayeshs Darstellung ist sensibel und klug, denn sie begreift Maryam als Menschen und nicht als eine Art Ideal, wenn sie zaudert, schimpft oder immer weiter streitet. Auch scheinbar widersinnige Taten gehören dazu, bis man mit einem Mal versteht, wie sich entschieden hat. Danach beginnt so etwas wie ein neuer Film, ein neuer Kampf, der aber dieses Mal nicht mehr vor so eindrucksvoller Kulisse stattfindet, sondern sehr viel kleiner gehalten ist.

Credits

OT: „Haft Rooz“
Land: Deutschland
Jahr: 2024
Regie: Ali Samadi Ahadi
Drehbuch: Mohammad Rasulof
Musik: Ali N. Askin
Kamera: Mathias Neumann
Besetzung: Vishka Asayesh, Majid Bakhtiari, Caroline Schreiber, Roxana Samadi

Trailer

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Seven Days
fazit
„Seven Days“ ist ein einfühlsames, intelligentes Drama über die Entbehrungen eines Menschen, der gegen das Unrecht protestiert und nicht mehr schweigen kann. Ali Samadi Ahadi gelingt ein langsam erzähltes Drama, das mit nur wenigen Mitteln die unmögliche Entscheidung der Heldin zeigt und was diese ihr abverlangt.
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