Joseph (Alexis Manenti) ist einer der letzten Schafhirten, dessen Land an der korsischen Küste noch nicht aufgekauft wurde. Um ihn herum entstehen Hotelanlage und Freizeiteinrichtungen, doch er geht unbeirrt seiner Arbeit nach. Eines Tages jedoch erhält auch er Besuch von drei Herren, alles Mitglieder der korsischen Mafia, die im Auftrag einer Immobilienfirma Josephs Land kaufen wollen. Als er wiederholt ihr Angebot ausschlägt, kommt es zu einem Handgemenge mit einem von ihnen sowie einem kurzen Schusswechsel, den Joseph für sich entscheiden kann. Nun ist er auf der Flucht, gejagt sowohl von der Mafia als auch von der Polizei, während sein Fall mehr und mehr die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zieht.
Für seine Nichte Vannina (Mara Taquin) ist vom ersten Moment an klar, dass ihr Onkel in Notwehr handelte und nun versucht wird, ihn als Verbrecher dastehen zu lassen. In den sozialen Medien erhält Joseph den Spitznamen „der Mohikaner“ wegen seiner Rebellion gegen die Mafia sowie die Immobilienfirmen, welche die Einheimischen immer mehr von der Küste fortdrängen. Zugleich findet Joseph nicht nur neue Unterstützer, sondern ebenso Mitstreiter, die ebenfalls den Kampf aufnehmen wollen.
Der letzte Mohikaner
Nach La Nuit venue ist Le Mohican der zweite Spielfilm von Regisseur Frédéric Farrucci. In diesem setzt er sich mit einem Thema auseinander, das in vielen Kulturen für einen regelrechten Kampf um Aspekte wie Identität und Heimat sorgt. Immer mehr Gemeinden, besonders in beliebten Urlaubsgebieten, werden für den Fremdenverkehr erschlossen, was auf der einen Seite natürlich neue Jobs ermöglicht, aber zugleich viele negative Folgen nach sich zieht. Farrucci kombiniert dies zu einer Geschichte, die dazu noch auf die Art und Weise anspielt, wie Medien über diese Themen diskutieren und dass es erst eine Sensation oder ein Meme braucht, damit etwas die Aufmerksamkeit der Menschen erregt. Le Mohican ist derzeit im Rahmen der Filmfestspiele in Venedig zu sehen.
Der Titel geht natürlich zurück auf Der letzte Mohikaner von James Fenimore Cooper, vielen bekannt aufgrund der filmischen Adaption von Regisseur Michael Mann mit Daniel Day-Lewis in der Hauptrolle. Die Hauptfigur ist einer der letzten seines Stammes, dessen Geschichte symptomatisch ist für die brutale Vertreibung der Ureinwohner durch die europäischen Siedler, wobei seine Rebellion ihn zu einem Symbol für den Widerstand macht. Joseph ist, ähnlich wie Coopers Protagonist, einer, der nur sein Leben leben will, seine Schafe versorgen möchte und seiner Routine nachgehen will. Er ist einer, der nicht viel will vom Leben und der sein Idyll gefunden hat, auch wenn die Situation um ihn herum bereits andeutet, dass es mit seinem Frieden bald vorbei sein wird.
Aus der Not heraus gerät er ins Rampenlicht und wird zum „Mohikaner“, einem Symbol für den Widerstand und den Aufstand gegen einen schleichenden Prozess der Ausrottung, bei dem es eher um Geld und Prinzipien geht und bei dem Gewalt das letzte Mittel ist. Alexis Manenti, bekannt aus Die Wütenden – Les Misérables, spielt Joseph als einen, der noch an Werte glaubt, an Fairness und Gerechtigkeit, aber mehr und mehr radikalisiert wird. Von einem Schafhirten, der am liebsten für sich alleine war und der etwas scheu wirkte, wird auch er zu einem Wütenden, weil er versteht, dass nur er sich helfen kann.
Kultur und Heimat
Frédéric Farrucci kreiert eine Mischung aus Drama und Thriller, wobei er weniger auf reißerische Elemente setzt und sich auf die Veränderung von Menschen und Gesellschaft konzentriert. Die Gewalt wird ausgeblendet oder findet hinter verschlossenen Türen statt, doch die Konsequenzen und der Schock ist den Figuren genauso anzusehen wie die nachhaltige Veränderung, die sie bei ihnen auslöst. Brutal ist auch der Einschnitt in einen Lebensraum und in eine Heimat, die gar nicht mehr als solche zu betrachten ist inmitten der Hotelanlagen und der Ferienhäuser der Reichen und Schönen, welche die Einheimischen in die „Reservate“ treiben, wie es an einer Stelle heißt.
Indem Farrucci nicht nur die Flucht und die Veränderung Josephs zeigt, sondern auch die Geschichte von dessen Nichte Vannina, die letztlich die Legende des „Mohikaners“ beginnt, wird auch dieser Aspekt beleuchtet. Gerade bei diesem Aspekt des Filmes hätte man sich wohl mehr gewünscht, etwas mehr Einsicht in die Hintergründe, die Verstrickungen der Mafia und der Investoren. Die Wucht wird dem Film damit mitnichten genommen, aber die Dimension seiner Themen hätte er durchaus mehr betonen können.
OT: „Le Mohican“
Land: Frankreich
Jahr: 2024
Regie: Frédéric Farrucci
Drehbuch: Frédéric Farrucci
Musik: Rone
Kamera: Jeanne Lapoirie
Besetzung: Alexis Manenti, Mara Taquin, Michel Ferracci, Théo Frimigacci, Paul Garratte
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