Achtsam Morden – Staffel 1

Bei Rechtsanwalt Björn Diemel (Tom Schilling) läuft es schon eine Weile nicht mehr rund. Die Ehe mit Katharina (Emily Cox) steht auf der Kippe, auch weil seine Arbeit immer wieder dazwischenfunkt. Seine Tochter Emily (Pamuk Pilavci) sieht er auch nicht so oft, wie er sollte, immer ist er auf dem Sprung, immer muss er etwas erledigen, obwohl seine Arbeit zu wenig Wertschätzung erhält. Auf Anraten von Katharina macht er deshalb ein Achtsamkeitsseminar, wo er lernen soll, sich stärker zu konzentrieren und eine innere Ruhe zu finden. Die braucht es auch, als sein Mandant Dragan Sergowicz (Sascha Alexander Geršak), ein berüchtigter Gangsterboss, einen brutalen Mord begeht und dabei von zahlreichen Kindern gesehen und gefilmt wird. Also heißt es für diesen erst einmal untertauchen, mit Hilfe von Björn – dummerweise an dem Wochenende, an dem er endlich mal Zeit mit seiner Tochter verbringen wollte …

Humorvoller Abstecher in die Unterwelt

Diesen Monat standen bei Netflix Verbrechen wieder hoch im Kurs. Ständig kamen neue Filme oder Serien heraus, die von irgendwelchen kriminellen Machenschaften oder blutigen Taten berichteten. In Die letzte Nacht in Tremor versucht etwa ein von Visionen geplagter Komponist eine Tragödie zu verhindern. Time Cut erzählt von einer Jugendlichen, die in die Vergangenheit reist und einen Serienmörder aufhalten will. An ihrer Stelle wiederum berichtet von einer einfachen Gerichtsangestellten, die von einer mörderischen Schriftstellerin inspiriert wird. Abgerundet wird das Angebot durch die üblichen True-Crime-Dokus, darunter Sweet Bobby: Mein Catfishing-Albtraum und Hier spricht Zodiac. Wem das alles noch nicht reicht, bekommt zum Monatsende mit Achtsam Morden einen weiteren Ausflug in die Welt des Verbrechens.

Wobei zumindest hierzulande einige die Geschichte und die Figuren bereits kennen könnten. Schließlich liegt der deutschen Serie die bislang fünf Bände umfassende Romanreihe von Karsten Dusse zugrunde, die es regelmäßig auf die Bestsellerliste schaffte. Wer diese gelesen hat, weiß bereits, dass der Genrevertreter das alles nicht ganz so ernst meint. Da wird schon ausgiebig mit Humor gearbeitet. Dieser ist grundsätzlich etwas dunkler gefärbt, wenn beispielsweise die Entsorgung von Leichen oder ein qualvoller Tod per ironischem Voiceover kommentiert wird. Achtsam Morden baut aber auch regelmäßig satirische Elemente ein. Dabei ist praktisch niemand vor Spott sicher. Ob es nun irgendwelche Hippie-Kindergärtner sind oder zugeknüpfte Anwälte, die sich für Gleichberechtigung aussprechen, aber keine Frauen in Führungspositionen zulassen – verlogen sind sie alle.

Sanft und brutal

In der Unterwelt selbst sieht es natürlich nicht besser aus. So erzählt die Serie einerseits zwar, wie sich der Protagonist zunehmend die Hände schmutzig macht, während er sich seinen Weg nach oben erkämpft. Es gibt aber auch eine Art Fall, wenn klar wird, dass da irgendjemand ein doppeltes Spiel treibt. Davon sollte man jedoch nicht zu viel erwarten. Allein schon mangels Alternativen ahnt man schnell, worum es geht und wer die Schuldigen sind. Spannender ist bei Achtsam Morden die Frage nach der Zukunft, wenn dem Anwalt alles um die Ohren fliegt, er wieder und wieder in brenzlige Situationen gerät und die Neugierde groß ist, wie er sich aus der Bredouille ziehen wird.

Die Hauptfigur ist dabei mit Tom Schilling (Eine Million Minuten) ideal besetzt, der mit seinem sanften Auftreten einen guten Kontrast zu der Brutalität des Geschäfts liefert. Wobei er auch die Momente beherrscht, in denen Björn eine gewisse Süffisanz demonstriert. Auch der Rest des Ensembles macht Spaß, darunter Murathan Muslu und Marc Hosemann als Handlager des Bosses. Dass die meisten Figuren nur Stereotype sind, wenn nicht gar völlig nichtssagend, schmälert den Eindruck zwar ein wenig. Insgesamt ist dieser aber positiv. Die Kombination aus innerer Krisenbewältigung und äußerem Tohuwabohu ist immer wieder amüsant und macht Achtsam Morden tatsächlich zu einem der unterhaltsamsten Genrebeiträge der letzten Zeit.