Zwar verdient Billy 5000 als Lieferjunge eines Fast-Food-Anbieters Geld. Es ist aber nicht so viel, wie er gern hätte. Aber vielleicht gibt es ja eine Alternative zu der bisherigen Methode. Zumindest hat er ein System gefunden, wie er einen Fehler für sich nutzen und so an deutlich größere Summen kommen kann. Während er noch an seinem Plan feilt, mit seiner Clique herumhängt und bei seinen Liefertouren den unterschiedlichsten Menschen begegnet, trifft er auch auf ein seltsames Wesen, das wie ein blauer Donut aussieht. Dabei ahnt er nicht, dass es sich um ein Alien handelt und nicht allein zur Erde gereist ist …
Einfach und doch lebendig
In seiner bisherigen Laufbahn hat Julian Glander an den verschiedensten Projekten gearbeitet. Da war beispielsweise das Videospiel Art Sqool, bei dem die Spieler und Spielerinnen einen Kunststudenten übernehmen, der die verschiedensten Aufgaben zu erfüllen hat. Das Game fiel seinerzeit durch sein ungewöhnliches Design und die surrealen Tendenzen auf – aber auch durch die Willkürlichkeit, wenn die eingereichten Kunstwerke nach dem Zufallsprinzip benotet werden. Nachdem der US-Amerikaner mehrere Kurzfilme gedreht hat, erblickte dieses Jahr sein Langfilmdebüt Boys Go to Jupiter auf dem Tribeca Film Festival das Licht der Welt. Und auch wenn dieses mit dem besagten Videospiel nicht viel zu tun hat, handelt es sich doch unverkennbar um denselben Schöpfer.
Das betrifft einerseits die Optik. Diese ist recht schlicht gehalten: Die Details sind spärlich, es gibt recht wenige Objekte, auch die Figuren sind ziemlich simpel, erinnern zuweilen an Playmobil-Spielzeuge. Es gibt auch keine Kamerafahrten, die Settings sind starr, so als würde man in ein Puppenhaus schauen. Anders als aber Reise der Schatten, das bei seiner Reduktion so primitiv wurde, dass es zu einer völligen Entfremdung führte, ist Boys Go to Jupiter voll von Persönlichkeit. Die Charaktere haben immer wieder kleine Eigenheiten, mit der sie unverkennbar werden. Das Ergebnis ist mal witzig, mal niedlich – und manchmal einfach nur seltsam. Den Hang zum Surrealen, den Glander bei dem obigen Spiel demonstrierte, ist also auch hier vorhanden. Zu sehen gibt es also schon einiges.
Schräge Einfälle an jeder Ecke
Noch kreativer ist der Filmemacher aber beim Inhalt. Schon die vergleichsweise realen Szenen, wenn wir den Protagonisten bei seiner Arbeit beobachten, hat immer wieder skurrile Einfälle. Zu viel sollte man im Vorfeld nicht wissen, da ein Teil des Spaßes darin besteht, dass da ständig etwas Unerwartetes geschieht. Wenn Billy 5000 etwa einer Frau begegnet, die eine andere Verwendung für das gelieferte Essen hat, ist das Ergebnis durchaus möglich – nur reichlich seltsam. Aber das ist noch nichts im Vergleich zu dem, was Boys Go to Jupiter bei dem Science-Fiction-Part so auspackt. Auch hier sollte man nicht zu viel vorab wissen. Manches wäre aber auch sowieso schwierig in Worte zu fassen, wenn der Film sich in andere Sphären begeben, wo Sprache und Rationalität an ihre Grenzen stoßen.
Das wird manchen zu verrückt sein, zumal es auch keinen wirklichen roten Faden gibt, an dem man sich orientieren könnte. Die Willkürlichkeit, die bei dem Spiel Teil des Konzepts war, ist auch hier zu finden. Manche Stränge werden zwar schon fortgesetzt. Zwischendurch ist Boys Go to Jupiter aber auch eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen, ohne dass dies in eine Richtung führen würde. Verkehrt ist das nicht, spiegelt dies doch das Leben eines Jugendlichen, der gleichzeitig einen Sinn sucht und in den Tag hineinlebt. Zwischendurch geht es auch um Liebe, also alles, was man für einen Coming-of-Age-Film braucht. Inmitten des Irrsinns und der bunten Optik sind deshalb auch immer wieder Momente zu finden, die einem nahegehen dürfen und Menschlichkeit beweisen. All das macht diese Science-Fiction-Animationskomödie zu einem sympathischen Debüt, das neugierig macht, wie es im Anschluss mit dem Filmemacher wohl weitergehen wird.
OT: „Boys Go to Jupiter“
Land: USA
Jahr: 2024
Regie: Julian Glander
Drehbuch: Julian Glander
Tribeca Film Festival 2024
Animation Is Film 2024
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